Im Namen der Freiheit

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Vor 300 Jahren wurde die Kirche St. Joseph fertiggestellt. Zum Auftakt der Jubiläumsveranstaltungen wurde ein Pontifikalamt gefeiert und eine Schau mit Werken von Hans Behrbohm und Ehrengast Udo Lindenberg eröffnet.


In bester Laune bei der Ausstellungseröffnung (v. li.) : Der Künstler Hans Behrbohm, „Kiezpastor“ Karl Schultz, Udo Lindenberg, Erzbischof Stefan Heße und Monsignore Peter Mies, Pfarrer der Pfarrei St. Ansgar, zu der St. Joseph gehört. | Fotos: Matthias Schatz

VON MATTHIAS SCHATZ

„Wo fahren Sie denn hin?“ Diese Frage stellte Erzbischof Stefan Heße nach eigener Auskunft dem Fahrer, als er kurz nach seinem Amtsantritt in Hamburg auf dem Weg war, erstmals die Kirche St. Joseph-Altona zu besuchen. „Da geht es aber heiß her“, habe er gedacht, wie Heße in seiner Predigt bekannte, die er beim Pontifikalamt anlässlich des 300-jährgen Bestehens der Kirche an der Großen Freiheit 43 bekannte.

In der Tat ist der Ort mitten im berüchtigten Rotlichtviertel neben der „sündigen Meile“ Reeperbahn außergewöhnlich. Aber auch inspirierend, genauso wie der Name der Straße, auf die auch das Motto der Festwoche zum Kirchjubiliäum Bezug nimmt: Es stammt aus dem Galaterbrief und lautet „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“.

Die Große Freiheit befindet sich nicht, wie man meinen könnte, in St. Pauli, sondern schon in Altona. Und das stand ab 1664 unter der Herrschaft des dänischen Königs Friedrich III., der dort als Herzog von Holstein regierte. Im Gegensatz zum protestantischen Hamburg gewährte er Handels- und Religionsfreiheit. Das ermöglichte auch den Bau der ersten katholischen Kirche Nordeuropas nach der Reformation an diesem Ort.

„Wir können viel von Friedrich III. lernen“, sagte Heße in seiner frei gehaltenen Predigt. „Denn die Kiche tut sich auch heute noch schwer damit, Freiheit zuzulassen.“ Am Beispiel des heiligen Joseph verdeutlichte der Erzbischof, dass Freiheit nicht etwas sei, was sich alle Türen offen halte. Man habe die Freiheit zu wählen und dann dabeizubleiben – so wie Joseph sich frei entschlossen habe, bei Maria zu bleiben, obwohl sie ein Kind erwartet habe, das nicht von ihm sei.

„Sensationell und verblüffend aktuell“

Wie Joseph dürfe sich Kirche auch nicht aus dem Staub machen. So sei es „wichtig und richtig, dass hier eine Kirche ist“. Er sei froh darüber, dass es auf dem Kiez auch das Haus Betlehem mit seinen Schwestern der Mutter Teresa gebe, die sich besonders Obdachlosen widmeten, und die Teestube Sarah, die sich um Prostituierte kümmere. Er dankte zudem der polnischen Gemeinde, die in St. Joseph beheimatet ist. „Die meisten Katholiken, die hier beten, haben einen Migrationshintergrund“, fuhr Heße fort. Das zeigte auch die ethnische Vielfalt der Gottesdienstbesucher.

Nach dem Pontifikalamt wurde auf der Empore die Ausstellung „große Freiheit“ mit Gemälden und Grafiken von Hans Behrbohm eröffnet. Als Ehrengast war der Rockmusiker, Maler und Schriftsteller Udo Lindenberg dabei. In einem Grußwort schreibt er, die Geschichte der Gemeinde sei „sensationell und verblüffend aktuell“. Er denke gerne an seine Ausstellung „Udos 10 Gebote“, die 2017 dort gezeigt wurde, zurück oder an „inspirierende Momente in Eurer Kirche oder unten in der Krypta“. Kultursenator Carsten Brosda lobt in seinem Grußwort zur Ausstellung: „Schön, dass in St. Joseph Kunst und Kirche einander ergänzen und zeigen, dass sie mehr gemeinsam haben als nur den Anlaut.“

Behrbohm greift in seinen Arbeiten unter dem Leitmotiv der Freiheit die Themen Flucht, Vertreibung, aber auch Prostitution und religiöse Toleranz auf. Im Zentrum steht dabei ein „Altar der Freiheit“, der aus zwölf Werken besteht. Die Motive reichen von Schiffen mit Emigranten und Bootsflüchtlingen bis hin zu Darstellungen von Deportationen und zur Bombardierung der Schwarzmeerstadt Mariupol durch die russische Armee.

Behrboom praktiziert als Arzt in Berlin und erhielt seine künstlerische Prägung an der Kunsthochschule Weißensee. Als Arzt begleitet er Udo Lindenberg bei dessen Tourneen. Die Schau ist noch bis zum 12. Mai zu sehen.