Johannes Wilhelm, Multimedia-Redakteur des Erzbistums Berlin im Interview

„Insgesamt ausbaufähig“

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Muss die Kirche ihr Engagement in den Sozialen Medien verstärken? Ja, sagt der Multimedia-Redakteur des Erzbistums, Johannes Wilhelm, im Interview. Denn eine ganze Generation hat ihre Lebenswirklichkeit dorthin verlagert.


 

Multimediaredakteur Johannes Wilhelm: Bis ein Beitrag für die Sozialen Medien fertig ist, braucht es oft viel Arbeit. Foto: Cornelia Klaebe

Kirche und Soziale Medien – treffen da zwei Welten aufeinander?
Ja und nein. Die Kirche an sich ist total sozial: Bei uns geht‘s um eine persönliche Gottesbeziehung. Wir erleben unser Christsein hauptsächlich in der Gemeinschaft, entweder mit Gott oder mit Gleichgesinnten zusammen. Ich glaube, dass die Arbeit der Kirche in Social Media (deutsch: Sozialen Medien) jedoch ausbaufähig ist. Manche Initiativen, Bistümer, Landeskirchen sind weiter als andere, aber insgesamt sind wir noch nicht sehr erfolgreich.


Muss die Kirche überhaupt den Trend „Soziale Medien“ mitmachen?
Ich denke ja, obwohl es ambivalent ist. Ich glaube, wir müssen es als Fakt hinnehmen, dass sich die Lebenswirklichkeit einer bestimmten Generation ins Netz verlagert hat. Das muss ich nicht gut finden, ich werde es aber nicht ändern können. Eine Generation informiert sich, lebt und pflegt ihre sozialen Kontakte im Netz. Da muss ich mich als Kirche fragen: Will ich mit diesen Menschen in Kontakt treten? Wenn ja, dann muss ich da hin, auf die unterschiedlichen Plattformen. Dann muss ich aber auch nach den Spielregeln mitspielen, die da herrschen.
 

Was heißt das?
Das große Wort in den Sozialen Medien ist Reichweite, so etwas wie die Währung. Daran hapert es noch. Das liegt auch daran, dass wir unsere Inhalte nicht so aufbereiten, wie es die Infrastruktur verlangt. Wir müssen einen Kompromiss finden, was wir erfüllen können und wo wir sagen müssen: Das schaffen wir nicht und vielleicht wollen wir das auch nicht. Aber die Spielregeln ändern können wir nicht.


Können Sie denn die jungen Leute von dort in die Kirchen holen?
Da gibt es gleich mehrere Punkte: Zum einen ist Social Media nicht nur jung. Die jungen Leute sind etwa aus Facebook längst raus, da finden wir eine andere Zielgruppe. Andere soziale Netzwerke wie Instagram oder Youtube sind noch verhältnismäßig jung. Da, wo wirklich die jungen Leute sind, etwa Twitch oder tiktok, ist kaum einer von der Kirche. Zum anderen habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein Beitrag in den Sozialen Medien der letzte Anstoß sein kann. Wir hatten jetzt einen Informationstag für die pastoralen Berufe, und ich hatte darauf in einem Posting hingewiesen. Später erzählte mir eine Kollegin, dass jemand aufgrund dieses Postings dort teilnahm. Eine andere Frage: Was heißt denn eigentlich in die Kirche kommen? Geht es darum, Menschen in das Haus „Kirche“ zu holen, zu sagen: Ich will, dass du sonntags um 10 Uhr im Gottesdienst sitzt? Es gibt Ansätze, dass Leute gemeinsam im Internet beten. In Amerika sind sie sehr erfolgreich damit, online gemeinsam Rosenkranz zu beten.


Mit welchen Klischees über Ihre Arbeit möchten Sie aufräumen?
Mit dem Klischee, dass das keine richtige Arbeit ist. Das betrifft weniger meine Aufgaben in der Rundfunk- und Fernseharbeit. Aber „dieses Internet“ wird manchmal etwas belächelt. Ich stelle das hin und wieder fest, wenn in Kirchenkreisen über Menschen, die auf YouTube große Reichweite und dementsprechend Erfolg haben, despektierlich geredet wird nach dem Motto: „Die schminken sich ja nur und halten sich dann ihr Handy vor die Nase.“ Aber dieser Markt hat sich extrem professionalisiert. Die Videos der „Influencer“ (deutsch: „Beeinflusser“) sind oft perfekt ausgeleuchtet, der Ton ist gut, sie sind sehr gut geschnitten … Das ist viel Aufwand, was aber nicht heißt, dass auch der Inhalt gut ist.  


Lohnt es sich für die Gemeinden, in den Sozialen Medien präsent zu sein?
Pfarrgemeinden stehen ja vor der gleichen Situation wie wir: Alle müssen mit ihren Ressourcen haushalten. Wichtig ist, sich bewusst zu machen: Was mache ich da? Welchen Mehrwert bringt es mir? Und was brauche ich dafür? Die Vermeldungen am Ende der Messe erreichen zum Beispiel die, die da sind. Diejenigen, die schon übers Mittagessen nachdenken oder im Urlaub waren, haben es nicht mitbekommen. Aber ich könnte mit wenig Aufwand den, der die Vermeldungen verliest, regelmäßig filmen, das direkt am Handy schneiden und auf Facebook posten. Darüber erreiche ich dann schon ganz andere Menschen. Unter anderem darum wird es beim Werktag Öffentlichkeitsarbeit gehen (siehe Kasten).

Interview: Cornelia Klaebe

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