Pastoraltag des Bistums Magdeburg

Ist das Kirche oder kann das weg?

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„Wozu Kirche?“ – Diese Frage stand als Thema über dem Pastoraltag des Bistums Magdeburg. Mit Außenblicken und einer Innenansicht versuchten sich die Teilnehmer einer Antwort zu nähern.

Der Erfurter Fundamentaltheologe Michael Gabel, die Leiterin des Fachbereichs Pastoral im Magdeburger Ordinariat Friederike Maier und Guido Erbrich als Moderator diskutierten die Frage „Wozu Kirche?“.    Foto: Susanne Sperling

 

In der Kunstszene gibt es das geflügelte Wort: Ist das Kunst oder kann das weg? Diese Frage hat manche Reinigungskraft beim Anblick von zeitgenössischen Kunstwerken beschäftigt. Ist das Kirche oder kann das weg? So könnten sich Zeitgenossen fragen, angesichts des Bildes, das die Kirche gegenwärtig abgibt. Der Missbrauchsskandal hat die Kirche erschüttert. Corona hat die Frage nach der Relevanz von Kirche zusätzlich verschärft. Seelsorgemitarbeiter des Bistums Magdeburg haben sich beim Pastoraltag mit diesem Thema beschäftigt: „Wozu Kirche? Von außen annähern, von innen vergewissern“ stand als Überschrift über dem Tag.

Kirche sollte nicht um sich selbst kreisen
Die Kirche befinde sich gegenwärtig zweifellos in einer Krise, sagte Bischof Gerhard Feige in der Predigt zur Eröffnung des Pastoraltages. Die Erschütterungen stellen manches in Frage und zwingen, tiefer nachzudenken über die Frage: Wozu ist die Kirche da? Die Kirche in Deutschland habe sich mit dem Synodalen Weg auf die Suche nach Antworten begeben. Im Laufe ihrer Geschichte sei die Kirche unter verschiedenen Blickwinkeln gesehen worden: als mystische Gemeinschaft, als Institution, als Sakrament, als Botin oder Verkünderin und als Dienerin. Jede dieser Sichtweisen verändert die Antwort auf die Frage nach dem Wozu. Die Kirche dürfe nicht der Versuchung erliegen, um sich selbst zu kreisen, betonte der Bischof und zitierte seinen früheren Erfurter Amtsbruder, Bischof Joachim Wanke: „Je weniger die Kirche nach sich selbst fragt, desto mehr ist sie gefragt. Je ohnmächtiger die Kirche ist, desto mächtiger ist ihre Überzeugungskraft vor der Welt. Je ärmer sie mit Christus ist, desto glanzvoller leuchtet ihr eigentlicher Reichtum auf.“ Diese Haltung gelte es für die Beschäftigung mit der Frage „Wozu Kirche?“ mit in den Tag zu nehmen.
Für die Suche nach Antworten hatten die Organisatoren des Pastoraltages zwei Blickrichtungen vorgegeben: von außen und von innen. Für den Außenblick waren sieben Menschen gebeten, ihre Antwort auf die Frage „Wozu Kirche?“ zu formulieren. Sie wurden per Video in die Konferenz eingespielt. Der Journalist, die Rentnerin, der Landrat, die Autorin, der Naturwissenschaftler, die Medizinerin und der Künstler waren sich einig, dass das Bild der Kirche momentan nicht ihrem Ideal entspricht. Auch wenn sie je verschiedene Akzente setzten, lautete die Antwort aller sieben Befragten am Ende: Ja, es braucht die Kirche. Wichtig seien Caritas und Bildung, der Beitrag zum gesellschaftlichen Umgang mit Rassismus und Antisemitismus, das Potenzial, das der Glaube für Hoffnung, Mut und Vertrauen enthält, oder die allgemeinen Werte, die die Kirche vertritt. Einig waren sich die Befagten allerdings auch, dass die katholische Kirche einer grundlegenden Erneuerung bedarf, um den Mitgliederschwund zu stoppen. Die genannten Stichworte gleichen dabei den zurzeit beim Synodalen Weg diskutierten Themen: Missbrauch, Zölibat, Frauen ... Einige Teilnehmer des Pastoraltages kritisierten allerdings die Auswahl der Befragten. Es gebe auch Zeitgenossen, die die Kirche in einem deutlich kritischeren Licht sehen und sie beispielsweise mit Blick auf den Missbrauchsskandal als Verbrecherorganisation bezeichnen.
Die Antwort auf „Wozu Kirche?“ aus den Innenperspektive lieferte der Erfurter Fundamentaltheologe Michael Gabel. Er betonte, dass die Kirche die „bleibende Vergegenwärtigung des Offenbarungsgeschehens Gottes“ ist. In seiner Menschwerdung in Jesus Christus habe Gott seine Zuwendung zu den Menschen geoffenbart. Es gebe zwar vielfältige Formen der Gotteserfahrung. Die Menschwerdung in Jesus Christus aber übersteige sie alle wie ein Quantensprung. Glaube sei deshalb kein intellektueller Akt, sondern er umfasse die gesamte Existenz.
Die Kirche müsse den Menschen den Glauben vorschlagen, wie es die französischen Bischöfe  einmal formuliert haben. Alle kirchlichen Bezüge müssten deshalb darauf zielen, die Herzen der Menschen zu gewinnen. So ließe sich auch das Erscheinungsbild der Kirche ändern. Der Mensch komme nicht durch Trickse oder gar Gewalt zum Glauben, sondern - so Gabel - durch „eine Rede, die sein Herz gewinnt“.

Kirche, die sich nicht selbst genügt
Die Leiterin der Pastoralabteilung im Ordinariat, Friederike Maier, ging auf den Gedanken der Rede, die das Herz anderer Menschen gewinnt, ein. Dass zeige gerade die Wichtigkeit der karitativen Dienste, die nahe bei den Menschen sind.
Bischof Feige erinnerte am Ende des Pastoraltages an das beim Pastoralen Zukunftsgespräch beschlossene Leitbild des Bistums, in dem es heißt: „Wir wollen eine Kirche sein, die sich nicht selbst genügt, sondern die allen Menschen Anteil an der Hoffnung gibt, die uns in Jesus Christus geschenkt ist. Seine Botschaft verheißt den Menschen ,das Leben in Fülle‘, auch dann, wenn die eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Deshalb nehmen wir die Herausforderung an, in unserer Diasporasituation eine missionarische  Kirche  zu  sein.  Einladend,  offen  und  dialogbereit  gehen  wir  in  die  Zukunft.“

Von Matthias Holluba