Ökumenischer Kreuzweg am Karfreitag durch Lübeck

„Jeder Christ steht für Jesus“

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Hunderte Menschen gingen an Karfreitag den Lübecker Kreuzweg. Bischöfin Kirsten Fehrs und Erzbischof Stefan Heße erinnerten an das Eintreten der Lübecker Märtyrer für Jesus Christus und die Menschenwürde.

Gläubige tragen das Kreuz bei der Prozession durch das Lübecker Burgtor
Die Prozession führt durch das Burgtor. In der Festungsanlage saßen die Märtyrer zeitweise ein.  Foto: Marco Heinen

„Ihr werdet meine Zeugen sein! – Wofür stehst du?“, unter diesem Leitwort sind am Karfreitag katholische und evangelische Christen den Lübecker Kreuzweg gegangen, den mutmaßlich ältesten Kreuzweg Deutschlands. Nach Schätzungen der Polizei waren es rund 700 Menschen, die sich bei blauem Himmel von St. Jakobi aus auf den Weg zum Jerusalemsberg vor den Toren der Stadt machten.

Wahrheit als Widerstand gegen das NS-Regime

Zum Auftakt erinnerte die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs an den Leidensweg Christi und an die Schmerzen, die er litt. „Dieser Christus gibt Kraft, es aufzunehmen mit den Despoten unserer Zeit“, sagte sie und schlug den Bogen zu den Lübecker Märtyrern, die vor 75 Jahren von den Nationalsozialisten ermordet worden waren. Als Zeugen Christi hätten Pastor Karl Friedrich Stellbrink und die Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange gegen Krieg und NS-Diktatur das Wort ergriffen und Klartext geredet: „Ihr Widerstand war die Wahrheit, in der Seelsorge, auf den Kanzeln, in der Jugendarbeit. Denn Lüge und Tod, das war Realität in Nazideutschland“, sagte die Bischöfin. Es sei bedrückend zu sehen, wie antisemitische Angriffe und Hass gegen Minderheiten zunähmen. Fehrs sprach von einem „diffusen Vormarsch der Gewalt in Taten wie in Worten“. Dennoch müsse man stets den Dialog suchen.

Pröpstin Petra Kallies forderte zum Widerspruch gegen Alltagsrassismus und menschenverachtende Sprüche auf. „Widerspruch ist auch eine Glaubensüberzeugung“, sagte sie unter Bezug auf das Leitmotiv des Kreuzwegs. Propst Christoph Giering erinnerte am Burgtor, wo neben den Lübecker Märtyrern auch den mitverhafteten Laien der Prozess gemacht worden war, an den späteren Lübecker Senator Adolf Ehrtmann. „Adolf Ehrtmann stand fest gegründet: als Politiker, als Familienvater, als Rendant der katholischen Pfarrei, als Häftling und als Senator – immer und in allen Situationen seines Lebens stand er im Einsatz für die Menschen, besonders für die Armen. Sein Fundament war der Glaube an Jesus Christus“, so Giering.

Heße: Märtyrer hatten klare Sicht auf die Würde

Erzbischof Stefan Heße sprach am historischen Relief auf dem Jerusalemsberg, das Jesus am Kreuz zeigt. Auch er erinnerte an die Lübecker Märtyrer: „In einer Zeit des Elends, in einer Zeit, wo Menschen erniedrigt wurden, wo sie ausgestoßen wurden, wo ihre Würde klein gemacht und mit Füßen getreten wurde, da haben die Lübecker Kapläne und Pastor Stellbrink die klare Sicht ge­habt­: diese Menschen haben Würde. Diese Menschen sind Kinder Gottes“, so der Erzbischof. 

Mit Blick auf das Leitwort und die Frage, wofür jeder Einzelne stehe, sagte Heße: „Ich habe es für mich umformuliert: Für wen stehst Du? Denn wir Christen stehen nicht einfach für Positionen, für Haltungen – sicher auch – aber wir Christen stehen zuallererst für jemanden. Jeder Christ steht für Jesus Christus“, so Heße. 

Weitere Redner waren der frühere Ministerpräsident Björn Engholm, Belén Diaz-Amodia, die Landtagsvizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber und Jakobi-Pastor Lutz Jedeck.

Text u. Foto: Marco Heinen