Kirchliche Angebote für junge Erwachsene
Jung, ledig, sucht
Krabbelgruppe, Firmgruppe, Eltern-Kind-Gruppe, Seniorentreff – die katholische Kirche hat viele Angebote für unterschiedliche Lebenslagen. Eine Gruppe aber fällt heraus: Wer kümmert sich eigentlich um junge, kinderlose Erwachsene?
Heike Schröder ist eine Gemeindereferentin, wie es in Deutschland viele gibt. Und wie bei vielen anderen ist auch ihr Büro in Osnabrück ebenso vollgestellt, wie ihr Kalender voller Termine ist. Im Büro stapeln sich Ordner, Flyer und Kinderspielzeug, der Terminkalender ist gefüllt mit Treffen der Kinder- und Jugendgruppen. Sternsingertreffen, Firmgruppe und Seniorennachmittag sind nur einige Veranstaltungen, die sie koordiniert.
Weniger Platz in ihrem Terminkalender nehmen die jungen Erwachsenen, Menschen zwischen 18 und 35 Jahren, ein. Eine solche Gruppe gibt es laut Pfarrgemeinde zwar, Termine für deren Treffen dagegen nicht. Regelmäßig fänden die eh nicht statt, erklärt Heike Schröder. Das liegt nicht daran, dass sie in ihrem Büro und ihrem Kalender keinen Platz für junge Erwachsene freiräumen könnte, im Gegenteil, das hat sie schon versucht. Doch heute, zwölf Jahre später, gibt es kein richtiges Angebot für Menschen zwischen Volljährigkeit und Familiengründung. Dabei steht die Gruppe allen kinderlosen Erwachsenen offen, ob sie nun 25 oder 50 Jahre alt sind – entscheidend sind für Schröder die Lebensumstände, und die sind bei kinderlosen Menschen oft anders als bei Eltern.
Es ist schwierig, eine Gruppe zu etablieren, denn sie braucht immer einen Zweck. Sie soll spirituell sein, aber nicht nur spirituell. Sich regelmäßig treffen, aber nicht zu regelmäßig. Alle diese Wünsche gleichzeitig abzudecken, ist schwierig, resümiert Schröder. „Wir finden Erfüllung, wo wir etwas für andere tun können“, sagt sie. Darum gelingt die Gründung einer Gruppe, die beispielsweise gemeinsam eine Messe vorbereiten will – man trifft sich mit einem Ziel. Danach aber wird es schwierig. Selbst wenn alle Teilnehmer einander mögen, zerfallen die Gruppen nach Schröders Erfahrung früher oder später, weil sie kein Ziel mehr haben.
Gemeinschaftsgefühl ohne Zwang wird gesucht
Es gibt für junge Menschen zahlreiche Möglichkeiten, die eigene Freizeit zu gestalten, besonders in Großstädten: sei es im Sport- oder Musikverein, in Cafés oder Clubs. Da ist es noch schwerer, junge Menschen langfristig zu begeistern – für einmalige Events, Nightfever, Taizé-Gebete sicherlich, aber darüber hinaus schätzen viele ihre persönliche Freiheit. Auch rein spirituelle Gruppen sind oft nicht gefragt, rein weltliche aber auch nicht, die Mischung macht’s.
Sich in Gremien zu beteiligen, ist häufig ebenfalls keine Lösung, die sind oft schon besetzt; und über Dienste wie Lektor oder Kommunionhelfer entsteht nicht immer gleich ein Gemeinschaftsgefühl.
Neue Ansätze müssen her. Das weiß auch die katholische Kirche. Bereits 2009 hat die Arbeitsstelle für Jugendpastoral (afj) reagiert. Lange, so erläutert Eileen Krauße, Referentin für jugendpastorale Bildung, wurden junge Erwachsene nicht als eigenständige Gruppe wahrgenommen. Vielmehr ging man davon aus, dass die Menschen von der Jugendarbeit gleich weiter in die Familienplanung übergingen. Dies entspricht jedoch nicht mehr der Wirklichkeit, und so sind seitdem immer mehr Projekte gestartet, die junge Menschen um ihrer selbst willen in den Fokus nehmen, nicht nur als junge Eltern.
In elf Diözesen gibt es entsprechend mittlerweile Onlineportale, über die junge Erwachsene sich über Angebote informieren können. Regelmäßige Gruppentreffen sind jedoch nicht darunter, vielmehr gibt es viele Aktionen zu zahlreichen Themen, so dass für viele verschiedene Geschmäcker etwas dabei ist: Karnevalsfeiern, Besinnungswochenenden, Autorenlesungen, Stammtische und Gottesdienste.
Ziel ist es laut Krauße, die Angebote als Auszeiten zu gestalten, denn immerhin hätten junge Erwachsene häufig volle Terminkalender, da wolle man ihnen ein passendes Angebot liefern. Das kommt durchaus an: Manche Veranstaltungen sind stets ausgebucht.
Dennoch bleibt es ein neues Feld für die Kirche und ihre Referenten: Es wird noch viel ausprobiert und experimentiert. Und das ist nötig: Menschen, die aus der Kirche austreten, sind meist unter 35 Jahre alt – das ist also genau die Altersgruppe, für die die Kirche so lange keine Angebote bereithielt.
Von Nadine Vogelsberg