Serie „Katholisch in Brandenburg“

Junges Leben am Ende der Welt

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Die Serie „Katholisch in Brandenburg“ führt heute in den äußersten Zipfel der Prignitz. Im Landjugendhaus Meyenburg schuf sich die Katholische Landjugendbewegung Berlin ihr eigenes Domizil und ein offenes Gästehaus.


Junge Leute bevölkern das einstige Pfarrhaus (2. von links: Jonathan Matzke vom KLJB-Diözesanvorstand). | Fotos: Marina Dodt


Die schwarze Erde ruht. In den letzten Stoppeln hat sich welkes Laub verfangen. Ein Sprung Rehe äst weithin sichtbar und schutzlos auf dem brachen Acker. Weite Felder wechseln mit kleinen Wäldchen. Hier berühren sich nicht nur das Ruppiner Land, die Prignitz und Mecklenburg, hier scheinen sich Fuchs und Hase gute Nacht zu sagen. „Wo wollen Sie denn hin“, reißt mich der Busfahrer aus den Gedanken, um wenig später als freundliche Geste seinen einzigen Fahrgast direkt vor dem Landjugendhaus abzusetzen, am Ende der Stadt und am Ende der Straße.

Draußen Stille, drinnen fröhlicher Lärm
„Mehr Rand geht nicht“, begrüßt mich Jonathan Matzke vom Vorstand des Diözesanverbandes der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) im Landjugendhaus „St. Bonifatius“, das nur einen Steinwurf entfernt von der mecklenburgischen Grenze liegt. Er betreut hier gerade einen Kurs mit 18 Jugendlichen, die in ihren Ferien eine Gruppenleiterschulung absolvieren.
Die Eingangstür fällt hinter uns ins Schloss, die Stille von draußen schlägt um in fröhlichen Lärm. Das gemeinsam zubereitete Frühstück ist beendet, Zeit für einen Rundgang durch das ehemalige Pfarr- und Gemeindehaus, das in den 1950er Jahren durch Mitglieder der Gemeinde „St. Maria Hilf“ in Eigeninitiative erbaut wurde. Nach dem Auszug des letzten Geistlichen im Jahr 2005 stand es leer und vor dem Verkauf. Doch die KLJB Berlin rettete das gesamte Anwesen mit Wohn- und Gemeindehaus, Kapelle und einem großen Garten mit direktem Zugang zum idyllischen Schlosspark vor Veräußerung und Verfall. Sie übernahm das Objekt 2010 in Erb­pacht für die nächsten 60 Jahre, sanierte es zu einer Gruppenunterkunft. Die KLJB ist ist mit 70 000 Mitgliedern einer der größten Jugendverbände Deutschlands. Der Berliner Diözesanverband hat etwa 75 Mitglieder. Die Aufbauhelfer kamen aus ganz Deutschland, erzählt Jonathan Matzke, schliefen nachts in Zelten, um tagsüber den Innenausbau voranzubringen, schufen aus dem Haus ein Zuhause. So entstanden gemütliche Zimmer mit etwa 30 Betten, drei Seminarräume und eine Selbstversorgerküche. Durch dieses Engagement wurde das einstige Pfarrhaus mit neuem Leben gefüllt, dient nun als Begegnungsstätte und Lernraum für Jugendliche. Für die Trägerschaft wurde der „Landjugendhaus St. Bonifatius e.V.“ gegründet, mit dem jungen Berliner Ingenieur Niklas Netzel als Vorsitzendem. Im Zentrum des Jugendhauses steht die Idee, jungen Menschen einen Ort zu geben, an dem Nachhaltigkeit und Ökologie (be-)greifbar sowie christliche Gemeinschaft in der Diaspora erlebbar werden,  beschreibt er das Konzept des Hauses, das neben KLJB-Veranstaltungen auch für Familien- und Freizeittreffen kirchlicher Gruppen oder sozialer Einrichtungen offensteht. So berichtet Hausmeister Jörg Lorenz von vielen Stammgästen aus dem Erzbistum und dem Bundesgebiet, hebt die idealen Bedingungen und beliebten Ausflugsziele wie das Mey­enburger Schloss mit Mode­museum, den Badestrand und Kletterpark in Plau am See, die Bischofsburg Wittstock oder die Draisinenbahn in Karow hervor.
Noch immer lebt das kleine Haus vom Idealismus, der Initiative und ehrenamtlichen Arbeit der KLJB-Mitglieder, sei es bei den Gartenwochenenden, der regelmäßigen Reinigung der Kapelle oder Pflege- und Instandhaltungsmaßnahmen. „Wir sind mit diesem Haus aufgewachsen und wir leben für dieses Haus“, so empfindet es Jonathan Matzke, und er meint damit sicher nicht nur Gebäude und Garten. Der  Student an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft ist auf vielfältige Weise mit Mey­enburg und der KLJB verwachsen, so durch seine Mitgliedschaft im Diözesanvorstand, durch seine Mitwirkung als Schlagzeuger bei den Brandenburger MusikWochenenden oder eben durch die Verantwortung für den gerade laufenden Kurs. Seit 2016 wird diese Gruppenleiterausbildung als Kompaktschulung angeboten, verdeutlicht er den „Stundenplan“, einschließlich Erste-Hilfe-Lehrgang, Haftpflicht- und Versicherungsfragen.

Idylle nebenan: der Schlosspark mit Blick auf die Stadtkirche.

„Coole Gemeinschaft“ findet sich schnell
In der Pause kann ich dann Tänzerin Amelie (15) aus Hermsdorf kennenlernen. Sie begeistert sich nicht nur für das Tanzen, sondern ist auch als Ministrantin in ihrer Gemeinde „Maria Gnaden“ aktiv. Wie die ebenfalls 15-jährige Anna aus Blankenfelde schwärmt sie von der „coolen Gemeinschaft“, die sich hier schon am ersten Abend gefunden hat. Teilnehmerin Tessa (17), auch aus Blankenfelde, erzählt, wie viel sie hier für ihre ehrenamtliche Arbeit in der Malteser Jugend und als RKW-Helferin schon lernen und mitnehmen konnte, von der spannenden Stadtrallye, der Vorbereitung auf den bunten Abschlussabend. Frohes Jugendleben am äußersten brandenburgischen Rand und ganz junge Leute in der Verantwortung – wie wohltuend. Das kleine Haus am „Ende der Welt“ lebt, es ist Anfang und Zukunft.

Infos: www.landjugendhaus-mey­enburg.de

Von Marina Dodt

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