Meinung
Katholiken zweiter Klasse
Wenn in diesen Tagen die Rede von ostdeutschen Befindlichkeiten ist, hört man öfter den Satz: Die Ostdeutschen fühlten sich als Bürger zweiter Klasse.
Fast 30 Jahre nach der Deutschen Einheit gibt es noch immer zu viele Ost-West-Unterschiede, bei denen der Osten schlechter abschneidet. Damit sind nicht zu allererst finanzielle Unterschiede gemeint. Noch immer sind viele Führungspositionen in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft mit Westdeutschen besetzt. Eine ostdeutsche Bundeskanzlerin gleicht das nicht aus.
Matthias Holluba |
Auch in der Kirche ist es nicht besser: Von den knapp 70 Mitgliedern der deutschen Bischofskonferenz haben lediglich drei eine ostdeutsche Biografie (Feige, Ipolt, Hauke). Bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sieht es übrigens noch schlechter aus:
Der neue Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, ist der einzige Ostdeutsche.
Mag ja sein, dass die ostdeutschen Kirchen keine Menschen mit Führungsqualitäten haben, aber Experten für christliches / kirchliches Leben gibt es jede Menge. Bei der pastorale! in Magdeburg konnte man sich kürzlich davon überzeugen. Deshalb ist es mehr als verwunderlich, wenn unter den knapp 70 Teilnehmern der Foren, die zum Synodalen Weg stattgefunden haben, Bischof Ipolt der einzige Ostdeutsche war. Einen Ost-Laien sucht man vergeblich. Zwar gab es einige Vertreter aus dem Erzbistum Berlin und von der Katholisch-Theologischen Fakultät Erfurt. Sie alle aber sind westlich sozialisiert und bringen – auch wenn sie in der hiesigen Kirche hervorragende Arbeit leisten – Ost-Erfahrung nur aus zweiter Hand mit.
Nun kann es sein, dass ostdeutsche Experten angefragt wurden und aus falscher Bescheidenheit oder aus echter Arbeitsüberlastung abgesagt haben. Dann hätten sie eine Chance vertan, wichtige Erfahrungen in die gesamtdeutsche Kirche einbringen zu können. Viel wahrscheinlicher aber ist, dass der Osten bei der Auswahl der Teilnehmer gar nicht im Blick war. Die Teilnehmerliste für die Beratungen des Synodalen Weges muss dringend überarbeitet werden, denn sonst könnte man sich auch als ostdeutscher Katholik zweitklassig fühlen.