Rechtliche Gründe
Keine Aufträge mehr für Honorarkräfte
Was andere Bistümer schon lange tun, wird jetzt auch in Osnabrück umgesetzt. Für die Lebensberatungsstellen bekommen Honorarkräfte keine Aufträge mehr. Damit soll Scheinselbstständigkeit vermieden werden.
Eigentlich hatte sich das System über viele Jahrzehnte bewährt. Schon in den Anfängen der Arbeit der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen (EFLE) der katholischen Kirche gab es nicht nur fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Immer mit im Boot waren auch Honorarkräfte – Männer und Frauen, die manchmal nur wenige Stunden leisteten. Mal eine Beratung hier, mal ein spezielles Therapieangebot dort. Eine Festanstellung war damit nicht verbunden. Damit muss jetzt Schluss sein. Denn viele Honorarkräfte waren eng in die Arbeit der Beratungsstellen eingebunden. Das will der Gesetzgeber aber nicht mehr.
Finanzielles Engagement bleibt gleich
Das Bistum hat deshalb angekündigt, in Zukunft ausschließlich auf fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den EFLE-Beratungsstellen zu setzen. Das Geld, das bisher für den Einsatz der Honorarkräfte ausgegeben wurde, soll in gleicher Höhe eingesetzt werden, um feste Stellen zu schaffen. Weil dann aber Sozialabgaben fällig werden, können nicht in gleicher Zahl Beschäftigte gebunden werden. Rund 100 Honorarkräfte werden jetzt keine Aufträge mehr bekommen. Ein Plan, der in sozialen Medien bereits für kritische Stimmen gesorgt hat. Die Kirche entlasse Mitarbeiter, hieß es. Das ist aber nicht der Fall.
„Der Einsatz der Honorarkräfte war für beide Seiten ein Gewinn“, sagt Christoph Hutter, der die Arbeit der Beratungsstellen verantwortet. Die EFLE habe dadurch eine hohe Flexibilität gehabt, „denn so habe man zeitlich und personell immer gut reagieren können“, sagt er – einfach weil die personelle Auswahl größer war. Und auch aus Sicht der Honorarkräfte habe es eine große Zufriedenheit gegeben, „weil sie in den Beratungsstellen eine Seite verwirklichen und leben konnten, die ihnen wichtig war“. Mancher konnte nach der Familienphase wieder einsteigen, mancher über den Renteneintritt hinaus aktiv bleiben, mancher zu ganz anders gelagerten Berufen einige Stunden in der EFLE mitarbeiten. Aus seiner Sicht überwiege eine tiefe Dankbarkeit für die Honorarkräfte. „Sie haben hier jahrelang eine tolle Arbeit geleistet. Das kann man nicht oft genug und nicht laut genug sagen.“
Aloys Raming-Freesen ist im Bistum Osnabrück für den Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zuständig, die nicht dem pastoralen Personal zugeordnet werden. Gleichwohl habe die Arbeit der Beratungsstellen eine „hohe pastorale Wertigkeit“, wie er es ausdrückt. Nicht umsonst seien sie dem Seelsorgeamt zugeordnet. Über viele Jahre sei die rechtliche Lage eindeutig gewesen. Und auch nach neuerer Rechtssprechung – Stichwort Scheinselbstständigkeit – sei die Rentenversicherung den Osnabrücker Weg mitgegangen.
„Die Lage ist immer diffuser geworden“
„Inzwischen ist die Lage aber immer diffuser geworden“, sagt Raming-Freesen. Deshalb werde es spätestens Ende 2021 keine Honorarkräfte mehr in den Beratungsstellen geben. Was nicht bedeuten müsse, dass das Bistum nun gar nicht mehr auf Projektarbeit außerhalb der eigenen Reihen setze: „Wenn wir zum Beispiel ein Gutachten in Auftrag geben, läuft das natürlich auch in Zukunft auf Honorarbasis.“ Aber eben nicht in enger Anbindung an das eigene Haus. Die Honorarkräfte in den Beratungsstellen seien aber eng in die tägliche Arbeit eingebunden gewesen. Aus heutiger rechtlicher Sicht zu eng.
Astrid Kreil-Sauer, Finanzdirektorin des Bistums, ist in die neuen Pläne ebenfalls involviert. Sie tritt einer Befürchtung entgegen, die Entwicklung könne etwas mit dem bereits verkündeten Plan zu tun haben, die Ausgaben des Bistums auf Dauer zu reduzieren. „Es geht hier nicht um ein Sparthema“, sagt sie im Gespräch und wiederholt sich gleich noch einmal. Nein, es gehe darum, wie Arbeitsverhältnisse heutzutage gut gestaltet werden könnten. Dafür müssten auch die rechtlich richtigen Bedingungen geschaffen werden. „Die betriebsorganisatorische Einbindung von Honorarkräften in die Arbeit ist eben nicht zulässig.“ Und weil das Bistum bei den Festanstellungen der Tarifpflicht unterliegt, werde mit dem Geld für 100 Honorarkräfte, das einmal 19,2 Vollzeitstellen entsprach, nun lediglich ein Umfang von etwa 5,7 Stellen finanziert.
Die Wartezeiten werden sich erhöhen
Eine schmerzliche Seite bleibt am Schluss, das will Beratungsstellenchef Christoph Hutter gar nicht verhehlen: „Es ist angesichts der Zahlen offensichtlich, dass wir unser Angebot zeitlich reduzieren und damit die Zahl der betreuten Familien zurückfahren müssen“, sagt er.
Das bedeutet: Wer von der Kirche (kostenlose) Hilfestellung für sein Leben erwartet, wird höhere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen.
Matthias Petersen