Leiter der Jugendkirche KANA in Wiesbaden sucht neue Wege der Verkündigung

"Kirche sollte in Popmusik investieren"

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Die Band Syndikath bietet Popmusik mit christlicher Botschaft. Das Bild zeigt ihren Auftritt bei der diesjährigen Wiesbadener Nacht der Kirchen.
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Foto: Anne Coerlich-Baumann/Bistum Limburg

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Die Band Syndikath bietet Popmusik mit christlicher Botschaft. Das Bild zeigt ihren Auftritt bei der diesjährigen Wiesbadener Nacht der Kirchen.

Thomas Klima ist Pastoralreferent und Leiter der Jugendkirche KANA in Wiesbaden. Mit den Popliturgien in der Kirche Maria Hilf und der Band Syndikath will er musikalisch neue Wege der Verkündigung gehen.

Im großen Gruppenraum der Jugendkirche KANA in Wiesbaden hängen Pinnwände voller Notizen. Auf dem Tisch liegen Kekse und Chips, gegenüber gibt es eine gemütliche Sofaecke. Ein Raum von Menschen, die für Jugendliche arbeiten und innerlich jung geblieben sind. Hier tagt und plant das Team von KANA. Es entstehen Formate, mit denen junge Menschen in ihrer Sprache abgeholt werden und den Glauben unkonventionell erfahren können. „Ich habe hier in der Jugendkirche das Privileg, Kirche neu zu denken“, sagt Thomas Klima und man spürt sofort, dass das seine Mission ist. Schräg hinter dem Stuhl, auf dem Klima Platz nimmt, lächelt eine überdimensionale Pappfigur von Papst Franziskus herzlich auf den Tisch herab. Als ob er recht zufrieden wäre mit dem, was in der Jugendkirche gemacht wird.

Junge Leute für die Kirche begeistern, katholisches Leben mit ihnen gemeinsam weiterdenken und vor allem: Christliche Musik komponieren und musizieren. So ließe sich der Berufsalltag von Thomas Klima beschreiben. Er leitet KANA, tritt aber auch regelmäßig mit der ökumenischen Band Syndikath auf, etwa in der Wiesbadener Marktkirche oder beim Evangelischen Kirchentag 2025 in Hannover. Dort spielten sie auch sein Lied „Unter Uns“, das davon handelt, wie Jesus den Menschen durch seinen Kreuzestod nahe ist.  „Jetzt ist die Zeit“ ist ein weiterer Hit von Syndikath. Klima sieht diese Musik als eine Weiterentwicklung des Neuen Geistlichen Lieds (NGL). Und so steht Syndikath für Popmusik mit christlicher Botschaft. „Über Pop wird manchmal aufgrund der wenigen Harmonien geschmunzelt, dabei ist diese Musik durchaus kompliziert“, sagt Thomas Klima. Das NGL sei zwar „theologisch super“, aber auch weit weg von aktueller Popkultur. „Die Liturgie und die Gottesloblieder haben sprachliche Hürden in sich, vieles ist sehr vergeistigt. Wenn wir aber sagen ‚Suche Gott mit ganzem Herzen‘“, dann müssen wir auch die Emotionen ansprechen.“ Popmusik gehe genau darauf ein – und nehme auch die Ich-Perspektive ein.  NGL spreche immer ein Kollektiv an. „Auch mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Trends müssen wir den modernen Menschen in seinem Individualismus ernst nehmen.“

"Das Gotteslob muss sein Monopol verlieren"

Dass er sich einmal so für Kirchenmusik einsetzen würde, war lange nicht abzusehen. Klima wuchs in Wiesbaden Delkenheim auf, wo er zur Pfarrei St. Birgid gehörte. Als Jugendlicher nahm er an den Segelfreizeiten der Gemeinde teil und war „ab und zu“ im Gottesdienst. Mehr aus Neugierde wurde er irgendwann Firmkatechet. Im Rückblick war es vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis sich sein kirchliches Engagement mit seiner großen Leidenschaft, der Musik, kreuzte: 1997 wurde Klima Gründungsmitglied der NGL-Band „leBandig“ in der Pfarrei Christkönig in Wiesbaden Nordenstadt, übernahm später die Leitung. Anfang der 2000er schrieb er ein Orchesterarrangement zum Kindermusical, „Der Stern von Bethlehem“ von Klaus Heizmann und Dagmar Heizmann-Leucke für seine Pfarrei. Über Monate studierte er das Musical mit Solisten, Chor, Musikerinnen und Musikern ein und brachte es für alle Grundschulen der Umgebung zur Aufführung. Er strahlt immer noch, wenn er sich an diese Zeit erinnert. Für ein Publikum Musik zu machen, war dem damaligen Studenten nicht neu: Als Jugendlicher gehörte er unter anderem zu regionalen Metal- und Punkbands. Bis die Band „leBandig“ sich wegen Corona auflöste, spielte sie im gesamten Bistum und auch deutschlandweit auf Kirchentagen. Für Thomas Klima ging es weiter bei Syndikath: „Unser größter Erfolg war bisher die musikalische Gestaltung der Papstaudienz der Miniwallfahrt 2024 vor über 80 000 Menschen“, sagt er. 

Popmusik gehört für ihn ausdrücklich in die Kirche. Wer die Musik der Zeit in den Gottesdienst holt, der öffnet sich auch für die Menschen seiner Zeit, denkt er. Bis ins 20. Jahrhundert hinein habe Kirchenmusik immer neue Lieder hervorgebracht. Aber durch die Kanonbildung im Gotteslob entstünden Verengungen: „Im Gotteslob sind teils uralte Lieder, mit denen sich gerade Menschen, die nicht in der kirchlichen Blase groß geworden sind, textlich wie musikalisch nicht mehr identifizieren können. Ich bin nicht dafür, das Gotteslob abzuschaffen, aber es muss dieses Monopol verlieren. Wir brauchen plurale Formen von Liedgut, die die heutigen Menschen ansprechen und Teil ihrer alltäglichen Lebenswelt sind. Wir brauchen eine Musik, die auch so im Radio erklingen könnte und Pioniere, die in Popmusik investieren.“

Dasselbe gilt für ihn für Gottesdienste. Das wird deutlich, wenn er von den Popliturgien erzählt, die er mit seinem Team einmal im Monat in der Wiesbadener Kirche Liebfrauen anbietet. „Wir suchen dafür immer erst einen Song heraus, der uns anspricht. Vom Song her überlegen wir, welche Bibelstelle und welche persönlichen Alltagsgeschichten dazu passen“, sagt Thomas Klima. Als Pastoralreferent ist er nach Stationen im Westerwald und im Taunus 2018 zur Jugendkirche nach Wiesbaden gekommen. Zu seiner Arbeit dort gehören auch Jugendpolitik, queersensible Pastoral, Gruppenleiterschulungen und Firmkurse. Zuletzt veranstaltete das Team ein ökumenisches Jugendfestival mit rund 400 Teilnehmenden im Taunus. Den Glauben und die Musik miteinander zu verbinden, ist für ihn ein großes Geschenk: „Ich bete musikalisch am Klavier. Das ist für mich eine Art Transzendenzerfahrung.“

Elisabeth Friedgen

Weitere Informationen zur Band und der Jugendkirche in Wiesbaden: www.syndikath-band.de und jugendkirche-wiesbaden.bistumlimburg.de