Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen
Kirchen suchen gemeinsamen Weg
In Karlsruhe treffen sich Christen aus aller Welt zur Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen. Sie diskutieren über die Ökumene, die Klimakrise und den Krieg in der Ukraine. Wird ein Dialog zwischen ukrainischen und russisch-orthodoxen Christen gelingen?
Es wird eines der bedeutendsten religiösen Treffen des Jahres in Deutschland: Vom 31. August bis 8. September kommt der weltweite Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) erstmals in seiner 70-jährigen Geschichte in Deutschland zu seiner Vollversammlung zusammen. In Karlsruhe werden etwa 1000 Vertreterinnen und Vertreter von christlichen Kirchen und Gemeinschaften aus mehr als 100 Staaten erwartet. Hinzu kommen mehrere Tausend Berater und Gäste.
Es geht ihnen um Ökumene und Dialog zwischen den christlichen Gruppen. Zugleich wollen die Religionsgemeinschaften zentrale gesellschaftspolitische Konflikte diskutieren: Klimawandel, Krieg in der Ukraine, Nahostkonflikt, Chancen und Gefahren von Digitalisierung. Offen bleibt, welche Beschlüsse und Diskussionen konkret zu erwarten sind. Die beiden heikelsten Themen sind eine geplante Nahostkonflikt-Stellungnahme sowie der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Verwerfungen in der orthodoxen Kirche.
Forderungen, die russisch-orthodoxe Kirche vom ÖRK auszuschließen, kam der Weltkirchenrat nicht nach. „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der ÖRK gegründet, um Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen zusammenzubringen und Wege des Zusammenlebens zu finden“, sagt der geschäftsführende Generalsekretär des ÖRK, der rumänisch-orthodoxe Priester Ion Sauca. Daran wolle man weiter festhalten.
In Karlsruhe sind verschiedene Treffen geplant, um Vertreter beider Delegationen an einen Tisch zu bringen. „Der ÖRK will seine Mitglieder herausfordern, sich für Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen und Wege der Versöhnung und Heilung eröffnen“, sagt Sauca.
Neben der Kirchenpolitik will die Vollversammlung auch theologischen Austausch, internationale Gottesdienste und ein vielfältiges Kulturprogramm bieten. Die Vielfalt der christlichen Gemeinschaften weltweit soll spürbar werden. Über die Stadt verteilt wird es Bühnen und Diskussionsorte geben.
Papst Franziskus sendet eine Grußbotschaft
Im Karlsruher Schloss wird ein Zentrum für den Dialog der Religionen eingerichtet. Hier sollen Themen wie Antisemitismus und Antiislamismus zur Sprache kommen. Die Bandbreite der ÖRK-Mitgliedskirchen ist enorm – theologisch und gesellschaftspolitisch. Die römisch-katholische Kirche versteht sich als enger Partner des Weltkirchenrats, ist aber kein Vollmitglied. Kurienkardinal Kurt Koch wird die vatikanische Delegation anführen, Papst Franziskus will eine Grußbotschaft senden.
In Karlsruhe will die Versammlung Leitlinien für die kommenden Jahre abstecken. Da Beschlüsse im Konsensprinzip fallen, stellt sich die Frage, ob dies bei Themen wie Krieg, Nahost und Klimaschutz möglich ist. Sauca ist dennoch optimistisch: „Unsere Grundlage ist unser Glaube und unser Vertrauen auf Gott. Ich hoffe, dass wir in Karlsruhe Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit finden und unsere Kirchen gestärkt werden.“ Der Weltkirchenrat werde heute mehr denn je gebraucht. Sauca sagt: „Wir alle wissen, wie wichtig eine Institution ist, die in diesen Zeiten Christen aus aller Welt zusammenbringt. Gäbe es den Weltkirchenrat nicht schon, würden wir ihn jetzt erfinden.“
kna/vbp