Klosterleben als Experiment

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Die ökumenische Laiengemeinschaft St. Benedikt übernimmt das Kloster auf Finkenwerder, das die Karmelitinnen im Juni verlassen haben. Vorerst werden
zwei Brüder und eine Schwester dort einziehen und auch Gäste betreuen.


Sub-Prior Gabriel Cysneiros, Prior Amedeus Hajek und Bruder Jörg Reich von der St. Benedikt-Gemeinschaft (v. li.). | Foto: Matthias Schatz

VON MATTHIAS SCHATZ

„Wir entwickeln das schrittweise“, sagt Amedeus Hajek. Mit „das“ meint der Prior der St. Benedikt- Gemeinschaft das Leben im ehemaligen Karmelitinnenkloster auf der Elbinsel Finkenwerder. Im Juni hatten die Schwestern die Anlage am Norderkirchenweg 71 verlassen, in die nun im Laufe des November zwei Brüder und eine Schwester der ökumenischen Laiengemeinschaft dauerhaft einziehen werden. „Weitere Brüder und Schwestern werden immer mal wieder für ein paar Tage oder Wochen hinzustoßen“, ergänzt Hajek. „Es ist ein Experiment“, fügt Gabriel Cysneiros hinzu, der die Gemeinschaft vor 16 Jahren gegründet hat und heute deren Sub-Prior ist.

In der Tat hat die St. Benedikt-Gemeinschaft bislang keine Erfahrung weder was das dauerhafte häusliche Zusammenleben ihrer Mitglieder anbelangt, noch was den Betrieb einer solchen Anlage betrifft. Dazu zählt neben der Kirche und dem Pfarrhaus auch ein Gästehaus. Die Gemeinschaft ist bislang ein „mobiles Kloster“ gewesen, wie sich Erzbischof Stefan Heße einmal ausdrückte. Freilich ein Kloster mit einem Mittelpunkt, nämlich dem Kleinen Michel in der Hamburger Neustadt, wo auch die Kommunität der Jesuiten lebt.

Die Gemeinde bleibt auch weiterhin eine Heimat der St. Benedikt- Gemeinschaft, sehr zur Freude von Pastor Philipp Görtz. Er sei dankbar dafür, freue sich aber auch, dass die Gemeinschaft mit dem Kloster auf Finkenwerder einen Ort mit Geschichte gefunden habe. Und: „Als Jesuiten sind wir immer für Experimente zu haben.“ Es sei schön, dass die Benediktiner, denen die Jesuiten mit sehr viel Wohlwollen begegneten, zum einen etwas bewahrten, zum anderen auch Neues wagten.

Auch der Küster zählt zur häuslichen Gemeinschaft

Freilich bringt die Laiengemeinschaft zumindest einige Expertise ein, um das Kloster auf der Elbinsel als „wichtigen geistlichen Ort“ zu erhalten, wie es sich der Erzbischof wünscht. Mit Bruder Jörg Reich gehört der bisherige Küster der Klosterkirche St. Petrus zu den drei dauerhaften Bewohnern. Er lebt bislang gegenüber, will diese Wohnung im ersten Jahr der Hausgemeinschaft noch halten. „Es muss einiges an der Kirche gemacht werden“, weiß Reich. Er sieht die Gemeinschaft, der er zeitlich seit fünf Jahren angehört, als „große Familie“. Vom Leben im Kloster verspricht sich der 59-Jährige auch, dass er „mehr innere Stärke“ erhält. Neben Reich werden noch Sub-Prior Gabriel Cysneiros und Schwester Anne-Frauke Bazoche nach Finkenwerder ziehen.

Prior Amedeus Hajek ist Geschäftsführer eines Catering-Unternehmens mit rund 350 Mitarbeitern. So kann er natürlich mit Rat und Tat den Betrieb des Gästehauses, der auf reges Interesse bei der Gemeinschaft trifft, unterstützen. Darüber hinaus weiß er, wie Menschen in einem Betrieb geführt werden sollten.

Hajek, ebenfalls 59 Jahre alt, stammt ursprünglich aus Salzburg. Er war nach Finkenwerder gekommen, um dort ein Aluminiumwerk im Auftrag eines österreichischen Anteilseigners zu führen. Das Vorhaben endete 2006. „Das war eine düstere Zeit“, sagt Hajek. Der Glaube habe ihm geholfen, sie durchzustehen. Damals lernte Hajek, der mit einer Hamburgerin verheiratet ist, auch das Karmelitinnenkloster kennen. 2009 trat er der St. Benedikt-Gemeinschaft bei, deren Prior er erst vor kurzem geworden ist.

Unterstützung auch aus Nütschau

Insgesamt hat die Gemeinschaft momentan 19 Mitglieder, das älteste ist 90 Jahre alt, das jüngste 27. „Die Basis für die häusliche Gemeinschaft bildet das benediktinische Stundengebet“, führt Hajek aus. Es gebe freilich berufliche Verpflichtungen der Bewohner, so dass sie nicht stets daran teilnehmen könnten.

Ziel der Gemeinschaft ist es, sonntägliche Gottesdienste zu ermöglichen, die Gastfreundschaft vor Ort zu pflegen wie es die Karmelitinnen zuvor getan haben, und einen Raum für Begegnung zwischen Gott und Menschen zu gestalten. Bei der schrittweisen Entwicklung des Konzepts wird die Gemeinschaft von Bruder Johannes Tebbe vom Benediktinerkloster in Nütschau begleitet.

„Ich kann mir gut vorstellen, dass sich bald auch Menschen von uns angesprochen fühlen, die uns jetzt noch gar nicht kennen“, hofft Hajek. Als Hobby-Imker schwebt ihm zudem vor, zwei oder drei Bienen-Völker im Klostergarten anzusiedeln. An Ideen und Schwung für das Experiment scheint es jedenfalls nicht zu mangeln.

Erzbischof Stefan Heße wird die Brüder und Schwestern am 31. Oktober in einem Gottesdienst in der der St. Petrus-Kirche begrüßen.