Gebet in schwierigen Zeiten
Kraft für jeden Tag
Manchmal ist es nicht leicht, die Schwierigkeiten der Welt und die ganz persönlichen Krisen zu ertragen. Beten löst diese Probleme vielleicht nicht. Aber im Gespräch mit Gott können wir viele Dinge klären.
Von Ulrich Waschki
Man möchte nur noch die Decke über den Kopf ziehen. Oder sich auf eine einsame Insel zurückziehen. Diese Wochen sind schwer zu ertragen. Fanatische Islamisten ermorden mitten in Europa wahllos Menschen. Die Corona-Krise hat die Welt im Griff. Menschen leiden und sterben. Auf einmal müssen wir eine nie gekannte Unsicherheit aushalten.
Wann gibt es wieder Normalität? Welche Folgen hat die Pandemie für die Gesellschaft? Wie verhalte ich mich im persönlichen Umfeld richtig? Fragen, die belasten. Dann die Ereignisse rund um die Wahl in den USA, die ein erschreckendes Maß an Hass und Spaltung offenbaren.
Kaum einer von uns kann diese großen Entwicklungen bestimmen oder verändern. Und neben der großen Weltlage erlebt jeder Mensch auch immer mal wieder persönliche Krisen. Gründe zu verzagen gibt es also wirklich genug. Doch für gläubige Menschen bleibt eines: das Gebet. Eineinhalb Jahre lang haben wir uns diesem Thema in einer „Gebetsschule“ gewidmet. In dieser Ausgabe schließen wir unsere Serie mit einem Interview mit einem Ideengeber ab.
In 35 Beiträgen haben wir Tipps zum persönlichen Gebet gegeben, Beispiele beschrieben, von Erfahrungen berichtet. Das Gebet ist der persönliche Kontakt mit Gott, das Zwiegespräch mit dem Schöpfer. Nach dem Vorbild Jesu müsse es für Christen an erster Stelle stehen, hat vergangene Woche Papst Franziskus in seiner wöchentlichen Katechese erklärt.
Das Gebet löst vielleicht keine Probleme. Gott ist kein Wunscherfüllungsautomat. Wenn ich bete, dass Donald Trump endlich Ruhe gibt, dass Corona vorbei sein soll, kann ich ziemlich sicher sein, dass dieses Gebet nicht erhört wird. Menschliche Irrwege gehören zur Freiheit der Kinder Gottes. Und eine Pandemie wie Corona zu den Gesetzen von Gottes Schöpfung.
Aber: Im Gespräch mit Gott, im Blick auf den gekreuzigten Jesus kann ich viele Dinge klären, „Kraft und Zuversicht schöpfen“, wie der Papst sagt. Das Gebet ist auch keine Weltflucht wie die Bettdecke, die ich über den Kopf ziehe. Es vermag dem „Tag Richtung und Sinn zu geben. Es lässt uns erkennen, was Gott uns durch die Herausforderungen des Alltagslebens sagen möchte“, sagt Papst Franziskus.
Ich kann Gott bitten, mir die Augen zu öffnen für Schönes
Ich kann um Kraft beten, solche Situationen auszuhalten. Ich kann Gott meinen Ärger und meine Angst vor die Füße schleudern. Mit eigenen Worten oder mit den Klagen der Psalmen. Ich kann Gott bitten, mir die Augen zu öffnen für alles, was schön ist, und mit dem Blick auf den Gekreuzigten Hoffnung schöpfen, dass es einen größeren Horizont, dass es Erlösung gibt.
Der Gottessohn selbst hat tiefste irdische Täler durchschritten, um den Tod zu besiegen. Dieser Glaube trägt: Wir sind „von guten Mächten wunderbar geborgen“, wie Dietrich Bonhoeffer in der Todeszelle schreiben kann.
So wird mir ein anderer Blick eröffnet – Dinge, die ich nicht ändern kann, überlasse ich Gott. Dadurch wird klarer, was ich selbst tun kann (und tun soll). Und in mir reift die Gewissheit, dass die Menschheit schon andere Katastrophen überstanden hat.