Projekt des Vitus-Werks in Meppen

Kraftquellen aus Holz

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Wo finde ich Kraft? Diese Frage treibt viele Menschen um. Das Meppener Vitus-Werk versucht Antworten zu finden – mit 26 Holzelementen, die zu symbolischen „Kraftquellen“ werden können. Der Bischof wird sie segnen.


An einer der 26 „Kraftquellen“ stehen die Frauen aus dem Vitus-Arbeitskreis Seelsorge: Martina Melle (v.l.), Christine Schütte, Dagmar Peters-Lohmann, Rita Stubbe, Doris Robben und Bärbel Schwalen. Helmut Borken leitet die Werkstatt-Gruppe, in der die Holzstelen gefertigt worden sind. Foto: Daniel Robin/Vitus

Was diese „Kraftquellen“ sind? Der eine mag sie schlicht für einen Stehtisch halten, die nächste sich eher an ein Lesepult oder einen Ambo erinnert fühlen. Jeweils zwei Meter hoch sind die 26 Stelen, gezimmert in der Werkstatt von Vitus, einer Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigungen. Gruppenleiter Helmut Borken hat sie mit mehreren Beschäftigten aus Holzelementen angefertigt. An der Säule kann man Gebete, Gedichte, Bilder oder Fotos aufhängen. Oder auf die eingebaute Baumscheibe ein Buch hinlegen, in das Menschen aus Vitus und auch Gäste ihre Gedanken hineinschreiben können. Eben alles, was Halt und Orientierung geben kann – aus dem Glauben heraus. Denn vorn an jeder „Kraftquelle“ ist ein Kreuz eingeschnitzt.

Die Idee zu diesen Holzskulpturen kommt aus dem Arbeitskreis Seelsorge bei Vitus in Meppen. Dazu gehören neben den Pastoralreferentinnen Dagmar Peters-Lohmann und Christine Schütte mehrere Frauen aus den verschiedenen Arbeitsfeldern bei Vitus. Schon länger haben sie im Kontakt mit der Geschäftsführung und der Gesellschafterversammlung darüber nachgedacht, wie das christliche Profil von Vitus greifbarer werden kann – an einem sichtbaren Ort, mit einem sichtbaren Objekt in fast jedem Haus der Einrichtung. „Wir sind ein christliches Sozialunternehmen mit einer christlichen Botschaft und das soll man auch merken“, bekräftigt Marco Strodt-Dieckmann für die Leitungsebene.

Begleitet wurde diese Idee von einem grundlegenden Diskussionsprozess, der mehrere Gremien in Vitus intensiv beschäftigt. Ausgelöst durch die Missbrauchsfälle, Krisen und Kontroversen in der katholischen Kirche, zweifeln auch hier Mitglieder des Teams an der Institution Kirche und wünschen sich deutliche Veränderungen. „Das hat dazu geführt, dass einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Mitgliedschaft in der Kirche infrage stellen – bis hin zum Austritt“, sagt Strodt-Dieckmann.

„Die Mitarbeiter stehen zu unseren Werten“

Ihren Glauben an Gott oder die Werte, die Vitus vertritt, stellen sie nach seinen Worten aber nicht infrage. Trotzdem ist diese Situation für die Einrichtung nicht ganz einfach. Denn einerseits ist Vitus als christliches Sozialunternehmen in die kirchliche Grundordnung mit ihren Regeln eingebunden, andererseits „könnten wir uns Entlassungen wegen des akuten Fachkräftemangels nicht leisten“. Bisher ist nach seinen Worten vieles im Einzelfall entschieden worden: „Weil sich die Mitarbeiter auch weiter zu unseren Werten bekennen.“ 

Vor diesem Hintergrund bekommen die „Kraftquellen“ eine zusätzliche, wichtige Bedeutung. Sie sollen nach innen und außen deutlich machen, wofür Vitus steht: für die frohe Botschaft Jesu, für Menschenwürde und Zusammenhalt, für Vielfalt und Toleranz, Gerechtigkeit und Friede. Und sie sollen für das Team und die Beschäftigten zu Orten des Auftankens und Dankesagens, der Freude und Klage, der Inspiration und des Mutmachens werden – und für die Begegnung mit Gott. 


Alexander Riedel (l.) und Andreas Josefus haben an den „Kraftquellen“
mitgearbeitet. Foto: Daniel Robin/Vitus

Dort könnten zum Beispiel Hausgottesdienste, Verabschiedungen oder Segensfeiern stattfinden. Bärbel Schwalen aus dem Arbeitskreis Seelsorge kann sich auch ganz einfaches vorstellen: dass dort auf einem Zettel mal gemeckert werden darf oder im Gegenzug eine lustige Karikatur hängt. „Es soll leicht und lebendig sein.“ Marco Strodt-Dieckmann sieht schon die erste Tasse Kaffee dort stehen – verbunden mit einem kurzen „Hallo“ oder einem längeren Gespräch: „Begegnung eben.“

Aufgestellt werden die 26 „Kraftquellen“ in den Eingangsbereichen fast jeder Vitus-Einrichtung: von der Geschäftsstelle über die Kindertagesstätten bis zu den Werkstätten und Wohnbereichen. Auch wenn die Holzobjekte etwas massiv daherkommen: Sie sollen nur eine unverbindliche Einladung sein. Niemand muss, aber jede und jeder darf hier stehenbleiben, sich etwas anschauen oder mitnehmen. „Wir wollen nichts überstülpen“, sagt Strodt-Dieckmann. 

Andacht an der „Kraftquelle“

Dagmar Peters-Lohmann und Christine Schütte wollen die Vitus-Einrichtungen in der ersten Zeit mit Materialpaketen für die Stelen versorgen: Impulse, Bildkarten, auch Gebete – vielleicht für eine kleine Andacht an der „Kraftquelle“. „Das Ganze bleibt ein Prozess“, sagt Schütte und wünscht sich wie ihre Kollegin, dass ein Dialog, eine Diskussion entsteht. Auch darüber, wie „wir das Evangelium in die Welt bringen können“, sagt Peters-Lohmann. Die Inhalte für die „Kraftquellen“ sollen nach ihren Worten mit den Menschen in Vitus wachsen und gestaltet werden: als sichtbarer Ausdruck eines „lebendigen Spirit der Vitus-Gemeinschaft.“ 

Dass Franz-Josef Bode jetzt selbst nach Meppen kommt, um mit einer großen, nichtöffentlichen Feier die „Kraftquellen“ zu segnen, war ein Wunsch von Vitus. Und der Bischof hat schnell zugesagt für das Treffen mit Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Beschäftigten auf der Freilichtbühne. „Es ist ein Zeichen für ein Zeichen“, sagt Marco Strodt-Dieckmann.

Petra Diek-Münchow