Ampel spart bei der Entwicklungshilfe

Kürzungen schaden auch uns

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Wassermangel in Niger
Nachweis

Foto: imago/Le Pictorium/Nicolas Remene

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Zwischen März und Juni ist es in Niamey in Niger besonders heiß und Wasser ist knapp. Deshalb decken sich Bewohner aus entlegenen Gebieten an Brunnen mit Wasser ein.

Hilfsorganisationen wie Misereor beobachten, dass es im globalen Süden an Nahrung, Wasser, Gesundheitsversorgung und Bildung extrem mangelt. Trotzdem dampft die Ampel den Etat für Entwicklungszusammenarbeit ein.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Bundesregierung ihren Etat für internationale Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe sowie für Maßnahmen zur Krisenprävention und Demokratieförderung um rund zwei Milliarden Euro jährlich gekürzt. Knapp eine Milliarde Euro muss allein das Haus von Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (SPD) 2024 einsparen. Neue Projekte werden kaum noch bewilligt, laufende eingedampft. 2025 soll nach Worten Schulzes sogar „noch drastischer“ gespart werden. 

„Ein verheerendes Signal“

Hilfsorganisationen haben mit Bestürzung auf die Politik der Ampel reagiert. „Das Ganze ist in Zeiten zunehmender Krisen und Konflikte und der immer dramatischeren Folgen des Klimawandels ein verheerendes Signal. Deutschland darf sich nicht ins Schneckenhaus zurückziehen“, mahnt Jonas Wipfler. Der Leiter des Misereor-Büros in Berlin ist zuständig für Kontakte des Hilfswerks zur Regierung und zum Parlament. Anders als die Kürzungen glauben machten, sei der Bedarf an Hilfe zur Selbsthilfe zuletzt global gewachsen.

„Die Zahl der Hungernden steigt. Zwei Milliarden Menschen haben weiterhin keinen Zugang zu sauberem Wasser, und Corona hat gezeigt, wie wichtig der Aufbau von Gesundheitssystemen ist “, sagt Wipfler. „Deswegen verbieten sich Kürzungen.“ Das sieht zwar auch die zuständige Ministerin ähnlich. „Angesichts der Weltlage bräuchten wir eigentlich mehr und nicht weniger Mittel für die internationale Zusammenarbeit“, sagte eine Sprecherin. Doch Schulze konnte sich bei den Haushaltsverhandlungen nicht gegen das Spardiktat von Finanzminister Christian Lindner (FDP) durchsetzen. Besonders fatal: Obwohl derzeit rund 800 Millionen Menschen vom Hunger bedroht sind, hat die Bundesregierung die Mittel für das Welternährungsprogramm um 25 Prozent reduziert. 

Neben den Hilfswerken haben jüngst auch etliche ehemalige Politgrößen wie der frühere Bundespräsident Horst Köhler, Annegret Kramp-Karrenbauer, Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert und der einstige Entwicklungshilfeminister Gerd Müller sowie mehrere Sozialdemokraten die Ampel scharf kritisiert. „Armut, Hunger und der Klimawandel müssen aktiv bekämpft und mehr Mittel in Bildung und Gesundheit investiert werden, insbesondere in Ländern des Globalen Südens“, heißt es in dem Aufruf. Die Sicherheit in der Welt beruhe nicht allein auf Ausgaben für das Militär, sondern auch „auf Investitionen in die globale Entwicklung“ sowie Maßnahmen zum Aufbau funktionierender Verwaltungen und der wirtschaftlichen Infrastruktur in den ärmeren Ländern. 

Entwicklungshilfen stärken Demokratie

„Gerade eine Exportnation wie unsere braucht international verlässliche Partner“, weiß auch Wipfler. Zudem sei die Stärkung von Demokratien und Zivilgesellschaften in ärmeren Ländern „in Zeiten, in denen Despoten weltweit auf dem Vormarsch sind und Staaten wie Russland und China in Afrika immer mehr an Einfluss gewinnen, wichtiger denn je“. Nicht umsonst steht die diesjährige Fastenaktion von Misereor unter dem Motto „Interessiert mich die Bohne“. Die Entwicklung der Welt, sie geht uns alle an.

Andreas Kaiser