Was können Parteien tun, um das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen?

Löst die Probleme der Menschen

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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Klausurtagung des Bundeskabinetts im März in Schloss Meseberg
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Foto: imago/Political-Moments

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Ernste Blicke: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Klausurtagung des Bundeskabinetts im März in Schloss Meseberg

Die in Teilen rechtsextreme AfD ist in Umfragen auf 18 Prozent geklettert – so hoch wie noch nie. Was können die anderen Parteien tun, um das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen und Antworten auf ihre Ängste zu finden?

In Panik, sagt Thomas Arnold, sollten SPD und Grüne, FDP und CDU jetzt nicht verfallen. Aber ernst nehmen sollten sie die 18 Prozent, auf die die AfD jüngst in einer Umfrage gekommen ist, unbedingt. Der Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen warnt schon lange davor, die in Teilen rechtsextreme Partei auf ein rein ostdeutsches Phänomen zu verkürzen: „Sie ist ein gesamtdeutsches Problem.“ 
 

Warum ist dieses Problem jetzt so groß – und wie ließe es sich wieder schrumpfen? „Die Politik muss herausfinden, welche Ängste die Menschen bewegen“, sagt Arnold. In den vergangenen Jahren türmen sich die Krisen: Corona und Migration, Erderhitzung, Russlands Krieg und die Inflation. Die immer neuen Probleme verändern die Welt, überfordern viele Menschen – und bringen auch Politiker an ihre Grenzen. Oft zwingen sie sie, auf komplexe Fragen schnelle Antworten zu finden. Arnold sagt, gerade deshalb müssten die Verantwortlichen besser erklären, warum sie so entschieden haben, was die Schwierigkeiten dabei sind und welchen Preis wir zahlen müssen.
 

Alles hat seinen Preis – ob die Unterstützung der Ukraine, die Energiewende oder die Aufnahme von Geflüchteten. Und auf jedes Thema, sagt Arnold, gebe es verschiedene Sichtweisen: „Der Bauer in Süddeutschland, der die trockene Erde sieht, wird die Klimakrise anders wahrnehmen als jene, die in der Lausitz Braunkohle-Tagebaureviere schließen sehen.“ Deshalb sei es wichtig, dass die Politiker ihre Entscheidungen in verschiedenen Landesteilen unterschiedlich erläutern, immer wieder neu: „Das Klimaproblem ist so groß, dass es nicht die eine große Lösung gibt. Sondern es wird ganz viele kleine Aushandlungsprozesse brauchen. Die Politik muss den Menschen erklären, warum es sich lohnt, die Nachteile und Mühen der Energiewende in Kauf zu nehmen und Veränderungen mitzutragen.“ 
 

In Drei-Parteien-Regierungen wird es schnell anstrengend

Beim jüngsten Gezerre um das Heizungsgesetz ist das nur sehr bedingt gelungen. Je länger die Ampelkoalition im Amt ist, desto deutlicher zeigt sich: Es wird schnell anstrengend, wenn drei Parteien zusammen regieren. Drei-Parteien-Regierungen wird es mutmaßlich auch künftig geben. Umso wichtiger findet Arnold es, dass Regierung und Opposition konstruktiv um Lösungen ringen und möglichst vielen Menschen das Gefühl geben, gehört zu werden. Damit rechtsextreme Parteien bei uns nicht so stark werden, wie sie anderswo schon sind. 
 

67 Prozent der AfD-Anhänger haben in der Umfrage mitgeteilt, sie gäben der Partei aus Enttäuschung über die anderen Parteien ihre Stimme. Arnold sagt: „Diese 67 Prozent sollten den anderen Parteien ein Ansporn sein, aktiver zu schauen: Was ist die Not der Menschen und wie kriegen wir sie gelöst?“

Andreas Lesch