Atombombenabwurf vor 75 Jahren
Mahnung ist auch heute nötig
Vor 75 Jahren fielen die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Die katholische Friedensbewegung pax christi erinnert daran und beteiligt sich im Norden an einer bundesweiten Plakataktion.
Für diese Antwort muss Franz-Josef Lotte nicht lange nachdenken. Warum wir auch 75 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki die Erinnerung daran wachhalten sollten? „Die Atombombe ist eine sehr gefährliche Waffe“, sagt der Referent der katholischen Friedensbewegung pax christi. Allein durch den Abwurf der Bomben starben an den beiden Tagen rund 100 000 Menschen, noch einmal die gleiche Zahl in den folgenden Monaten. Opfer, die an den Spätfolgen starben, noch gar nicht mitgezählt. „Es ist unstrittig, dass der Einsatz von Atomwaffen ethisch nicht zu vertreten ist“, sagt Lotte.
Am 6. August 1945, also vor 75 Jahren, wollten die US-Amerikaner den Krieg mit Japan auf dramatische Weise beenden. Sie warfen eine Bombe auf Hiroshima, die bisher noch nirgendwo zum militärischen Einsatz gekommen war. Am 9. August folgte Nagasaki. Die Folgen waren verheerend.
„Warum setzen wir die Atombomben nicht ein?“
Friedensinitiativen verbinden die Erinnerung an die Ereignisse vor 75 Jahren mit der Ächtung heutiger Atomwaffen. Das US-Militär hat in Büchel in Rheinland-Pfalz Atomwaffen gelagert, über deren Gefährlichkeit Einigkeit besteht. Natürlich dienten sie bislang zur Abschreckung, aber die strategischen Verschiebungen in der Weltpolitik „könnten die Hemmschwelle sinken lassen, sie auch in Europa einzusetzen“, sagt Lotte. Nicht umsonst habe US-Präsident Donald Trump vor einiger Zeit gesagt: „Wenn wir die Atombomben haben, warum setzen wir sie nicht ein?“
Der Regionalverband von pax christi in Osnabrück und Hamburg schließt sich einer Kampagne an, die bundesweit in rund 150 Städten geplant ist. Dort werden Plakate hängen, die das zerstörte Hiroshima zeigen – versehen mit dem Aufruf: „Für das UN-Atomwaffenverbot.“ Im Norden wird unter anderem in Osnabrück, Emden, Bremen, Hannover und Hamburg plakatiert. Am 8. August will pax christi außerdem auf dem Wochenmarkt neben dem Dom informieren.
Der kirchliche Protest gegen Atomwaffen sei bisher stark von der evangelischen Seite her geprägt gewesen, sagt Franz-Josef Lotte. Seit der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf pax-christi-Präsident ist, sei auch eine starke Stimme aus dem katholischen Bereich zu hören. Protest gegen Atomwaffen sei gut und wichtig, habe der beim virtuellen kirchlichen Aktionstag im Juni gesagt. Und zugleich dafür geworben, konstruktive Wege zu gehen, die zu echtem Frieden führen.
1983 urteilten die deutschen Bischöfe angesichts des NATO- Doppelbeschlusses, für eine gewisse Zeit sei eine Abschreckung mit Atomwaffen notgedrungen möglich. 2019 sagte Papst Franziskus bei einem Besuch in Nagasaki, der Besitz von Atomwaffen und anderer Massenvernichtungswaffen sei nicht die geeignete Antwort auf den Wunsch der Menschen nach Frieden.
Aufruf an die Piloten, den Dienst zu verweigern
Sollte das US-Militär tatsächlich die in Büchel stationierten Atomwaffen einsetzen, würden sie im Ernstfall von deutschen Tornado-Kampfflugzeugen transportiert, so Lotte. Die Bonner pax-christi-Gruppe hat die Piloten unlängst dazu aufgefordert, in diesem Fall den Dienst zu verweigern. Franz-Josef Lotte erklärt noch ein Detail: Die Tornados seien bekanntermaßen in die Jahren gekommen und sollen durch Euro-Fighter ersetzt werden. „Aber die wären nicht in der Lage, die Waffen zu transportieren.“ So könnte sich zumindest dieses Thema erledigen.
Matthias Petersen