Mehr Kirchengeschichte
Sebastian Holzbrecher leitet jetzt vertretungsweise das Institut für Katholische Theologie an der Universität Hamburg. Derzeit digital von Erfurt aus . Dabei will er auch eigene Akzente setzen.
„Ich bin hier sehr herzlich aufgenommen worden“, freut sich Sebastian Holzbrecher. Der promovierte und habilitierte Privatdozent leitet seit Beginn des Sommersemesters das Institut für Katholische Theologie an der Universität Hamburg – vertretungsweise.
Auf diese Übergangssituation war der 38-Jährige vorbereitet, als er die neue Position antrat. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass Prof. Dr. Christine Büchner, die bis Ende März das Institut leitete, zum Sommersemester an die Universität Würzburg wechselt. Dort hat Büchner nun den Lehrstuhl für Dogmatik inne. Nicht vorbereitet war er allerdings auf den Ausbruch der Corona-Pandemie.
So erfolgte nicht nur die herzliche Aufnahme digital, vielmehr erfolgen nun auch alle Lehrveranstaltungen des Instituts, von denen Holzbrecher drei Seminare, eine Vorlesung und ein Abschlusskolloquium abhält, via Internet. „Das geht nur bei einem guten Miteinander“, sagt er. Holzbrecher sitzt dabei in seiner Erfurter Wohnung, in der auch seine Frau und seine vier Kinder leben – aufgrund der Pandemie konnte sich Holzbrecher noch keine Unterkunft in Hamburg suchen. Freilich doziert er dabei nicht 90 Minuten durchgehend. „Das geht so nicht am Bildschirm“, weiß Holzbrecher.
Promotion über den Katholizismus in der DDR
Um die Aufmerksamkeit bei den Studenten, die in der Regel Religionslehrer werden, aufrechtzuerhalten, spricht er selbst nur 30 Minuten. Eine weitere halbe Stunde sind Beiträgen der Studenten vorbehalten, die sämtlich mit entsprechender Hard- und Software ausgerüstet sind. Weitere 30 Minuten erfolgt der Unterricht in Form einer Videokonferenz.
Ein Teil der Lehre findet dabei asynchron statt. Die Beiträge Holzbrechers und anderer Studenten können die Kommilitonen sich dann anschauen, wenn sie Zeit haben, nur an der Videokonferenz müssen alle zum gleichen Termin teilnehmen.Wenn er auch derzeit das Institut vertretungsweise leitet, so hat Holzbrecher doch begonnen, einen eigenen Schwerpunkt zu setzten. Legte ihn Christine Büchner auf die Systematische Theologie, so will Holzbrecher der Kirchengeschichte mehr Raum geben als bisher.
Das mag sich mit aus seiner Biografie erklären. Geboren wurde Holzbrecher nämlich im thüringischen Suhl, also in der ehemaligen DDR. Über den Katholizismus in der DDR hat er zudem seine Dissertation geschrieben. Momentan bietet er zwei kirchengeschichtliche Seminare an. Ihn interessieren dabei – man möchte sagen folgerichtig – besonders Krisen in der Kiche. Auch die Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils, das von 1962 bis 1965 stattfand, steht bei ihm im Fokus.
Andererseits bedeutet dies natürlich keineswegs, dass sich Holzbrecher nicht auch auf Systematische Theologie versteht. Auf diesem Gebiet hält er ebenfalls zwei Lehrveranstaltungen ab, eine Vorlesung und ein Seminar. Insgesamt unterrichtet Holzbrecher rund 35 Studenten.
Digitale Lehre läuft „wie am Schnürchen“
„Das läuft wie am Schnürchen“, zieht er ein erstes Resümee. Die regulären Studenten – sogenannte Kontaktsstudenten, die meist keinen Abschluss anstreben, sind derzeit suspendiert – hätten sich den Herausforderungen „sehr positiv gestellt“, wüssten, dass dieser digitale Unterricht die Zukunft sei. „Ich bin froh, dass wir die Krise in diesem Sinne als Chance begreifen.“ Nach der Corona-Pandemie könne man am Institut wohl auf eine Zeit zurückblicken, die uns nach vorne gebracht hat, meint Holzbrecher weiter. Und fügt dann hinzu: „Auch wenn der Präsenzunterricht dann noch notwendig sein wird“.
Text: Matthias Schatz