Was uns diese Woche bewegt

Mehr Mitgefühl bitte

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Wenn heutzutage darüber gesprochen wird, wie Menschen anderen begegnen, fällt manchmal das Stichwort Empathie. Mangelnde Empathie - oder auch Herzlosigkeit - führt dazu, dass ich mich nicht in andere hineinversetze und so agiere, als sei ich mit meinen Bedürfnissen allein auf der Welt. Da werden die einfachen Regeln der Höflichkeit vergessen, zum Beispiel im Supermarkt, wo die Kunden an der Kasse der Verkäuferin keinen guten Tag mehr wünschen und sich nicht bedanken, wenn sie ihr Wechselgeld entgegennehmen. 

Auch im öffentlichen Nahverkehr ist Rücksichtnahme seltener geworden. Wer in einen vollen Zug einsteigt, muss als Bittsteller die anderen Leute nötigen, ihren Rucksack vom Nebensitz zu nehmen; nur selten bieten die Reisenden den freien Sitzplatz von selbst an. Als ich neulich der Fahrkartenkontrolleurin einen guten Morgen wünschte, war sie erfreut. Sie lächelte und sagte, das sei ihr lange nicht passiert, dass sie gegrüßt wird. Alle anderen halten ihr stumm das Handy hin, damit sie den QR-Code für den Fahrschein scannen kann. „Das macht mir nichts mehr aus“, sagte die Frau, „daran habe ich mich gewöhnt“, und schaute doch betrübt aus. Haben wir kein Mitgefühl mehr für andere?

Dass es auch anders geht, zeigt eine Geschichte, die sich am selben Tag ereignete. Auf einem U-Bahnhof in Hamburg ging eine junge Frau an einem Mann vorbei, der gerade an der Notrufsäule stand, um sich Hilfe zu rufen. Sie hörte, wie er sagte: „Ich habe Schmerzen in der linken Brust und es strahlt in den Arm aus. Ich schaffe es nicht mehr allein bis ins Krankenhaus, können Sie den Rettungswagen schicken?“ Nachdem er den Hilferuf abgesetzt hatte, half sie dem Mann, sich vorsichtig auf eine Bank zu setzen, und blieb bei ihm, bis die Rettungssanitäter kamen, auch wenn das bedeutete, dass sie in der Zwischenzeit ihre U-Bahn verpasste, mit der sie zu einer Geburtstagsfeier fahren wollte. Als der Mann vom Notarzt versorgt war, konnte sie beruhigt weiterfahren. 

 

Andrea Kolhoff