Mit Bildung gegen die Armut

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Seit 16 Jahren unterstützt die Katholische Schule Harburg das Instituto San Miguel im argentinischen Iguazú. Als Dank erfuhr eine Delegation aus Hamburg nicht nur lachende Gesichter, sondern auch Einsichten in bilinguales Lernen.


Katrin Hoppmann (l.) aktualisierte das Wandgemälde am Instituto San Miguel, assistiert von zwei Lehrerinnen der Grundschule. | Foto: Hoppmann/Nintemann

VON MATTHIAS SCHATZ

Katrin Hoppmann machte mit einem kurzen Pinselstrich aus der Null eine Sechs. Und schon stand an der bemalten Ziegelwand des Instituto San Miguel „16 anos de amistad“ – 16 Jahre Freundschaft. Das Wort „amistad“ wurde auf die Darstellung einer Brücke geschrieben, die über einen Fluss führt. Aber in Wirklichkeit überspannt sie 10 000 Kilometer – den Amazonas und den Atlantik, führt vom argentinischen Eldorado bis in den Hamburger Stadtteil Harburg.

Eigentlich wollte Katrin Hoppmann, kommissarische Leiterin der Katholischen Schule Harburg, schon im Sommer 2020 zu der Informationsreise in das Partnerbistum Puerto Iguazú im Nordosten Argentiniens aufbrechen. Doch die Coronapandemie machte ihr, ihrem Kollegen Jörg Nintemann und Stefan Langer, Pfarrer der Pfarrei St. Maximilian Kolbe, einen Strich durch die Rechnung. So wurde der Besuch nun während der Frühjahrsferien nachgeholt, fast parallel zum Besuch einer achtköpfigen Gruppe der Katholischen Jugend Mecklenburg in Iguazú.

16 Jahre besteht die Partnerschaft beider Bildungseinrichtungen mittlerweile. Begonnen hatte alles mit einem „Milchbecherprojekt“, das aus der Harburger Gemeinde St. Franz-Josef heraus entstand und heute vom Erzbistum fortgeführt wird. In den Elendsvierteln erhalten die Kinder jeden Tag an den Gemeindetreffpunkten einen Becher Milch und ein Stück Brot. Momentan unterstützt die Schule den Bau einer Schulküche in Eldorado und den Ankauf von Lehrbüchern. Überdies werden Spenden gesammelt, damit die Jugendlichen anschließend eine „Secundária“, also eine weiteúführende Schule besuchen können. In Argentinien kann man nur nach dem Besuch der Secundária eine Berufsausbildung oder ein Studium beginnen. Zwölf Jahre sind Schulpflicht, aber für Kinder in der Favela meist nicht möglich.

Synodaler Weg wird wohlwollend verfolgt

„Überall begegneten uns die Menschen mit einem großen Lächeln und großer Dankbarkeit für die Hilfe“, berichtet Katrin Hoppmann. „Die Lehrer sind mit viel Engagement und Nächstenliebe dabei“, fügt Jörg Nintemann hinzu. Er ist didaktischer Leiter an der Harburger Schule und zudem für die internationalen Vorbereitungsklassen zuständig, die Schüler ohne oder mit nur geringen Kenntnissen der deutschen Sprache besuchen. „Das Lehrpersonal ist auch sehr fürsorglich, bringt den Schülern beispielsweise Brötchen mit“, berichtet Nintemann. Und das, obwohl Lehrer in Argentinien schlecht bezahlt würden, ergänzt Hoppmann. „Die haben in der Regel zwei Anstellungen, damit sie über die Runden kommen können.“

Neben der Grundschule in Eldorado wurden auch fast alle weiteren katholischen Schulen in dem Partnerbistum besucht. „Die konzentrieren ihre Arbeit vor allem auf die Armengegenden in den Favelas. Die haben begriffen, dass der Weg aus dem Elend nur über Bildung erfolgen kann“, sagt Hoppmann. Der dortige Bischof Nicolás Baisi baue mitten in einem Armutsgebiet ein Bildungszentrum auf. „Er sagt: ‚Wir müssen zu den Armen gehen.‘ Da kamen mir fast die Tränen, weil wir hier in Hamburg gerade in sozial schwächeren Vierteln katholische Schulen schließen.“

Unter anderem besuchten Hoppmann, Nintemann und Pfarrer Langer auch eine bilinguale Schule, in der sowohl auf Spanisch als auch auf Guaraní, der Sprache der indigenen Bevölkerung, unterrichtet wird. „Das ist wirklich ein Miteinander der Kulturen“, ist Hoppmann beeindruckt. „Da ist kein moderner Kolonialismus mehr nach dem Motto: Jetzt zeigen wir euch einmal, wo es langgeht.“

ischof Baisi traf die Delegation aus Harburg in Santuário Santa Maria, einer katholischen Oase am Rio Iguazú. „Es war interessant zu erfahren, dass dort der Synodale Weg unserer Kirche in Deutschland sehr aufmerksam und wohlwollend verfolgt wird“, berichtet Pfarrer Stefan Langer. „Das hatte ich in der Konkretheit nicht erwartet.“ Dass Laien und Bischöfe gemeinsam einen Weg suchten, werde als hilfreich für die von Papst Franziskus initiierte Weltsynode gesehen. Es gehe auch in Argentinien vielen Katholiken darum, eine Kultur der Aufmerksamkeit und Achtsamkeit zu verstärken und darum, Menschen besser zu erreichen.