Gebetsschule

Mit Gott am Küchentisch

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Mit Kindern beten, das finden die meisten Eltern gut. Doch im Alltag tun sich viele schwer damit. Der Theologe Dominik Blum erklärt, wie Gebete mit Kindern gelingen – und die ganze Familie bereichern können.

Foto: kna/Harald Oppitz
Durch regelmäßige Gebete können Eltern und Kinder lernen: Wir sind eine Gemeinschaft. Wir sind füreinander da. Foto: kna/Harald Oppitz


Wann Eltern anfangen sollen, mit ihren Kindern zu beten? „Am ers-ten Tag nach der Geburt“, sagt Dominik Blum. „Indem sie dem Kind was Liebes sagen und ihm ein Kreuz auf die Stirn zeichnen.“ Nur durch das Beten können Kinder eine Beziehung zu Gott bekommen, davon ist Blum überzeugt. Umso besser, wenn sie schon als Baby lernen, dass das Beten zum Leben dazugehört.

Nur ist das oft nicht so leicht, wie es klingt. Mal sind die Kinder unruhig. Dann wieder haben sie keine Lust. Später, als Jugendliche, finden sie das Beten vielleicht peinlich. Womöglich haben auch die Eltern selbst nie gelernt, Worte für das Gespräch mit Gott zu finden. Was tun? Blum hat sich in verschiedenen Rollen mit dieser Frage beschäftigt: Er ist Dozent für Theologie an der Katholischen Akademie Stapelfeld; er hat ein „Mut-mach-Buch für den Familienalltag mit Gott“ geschrieben; und er hat selbst mit seiner Frau vier Kinder.

Gott interessiert es, dass der Hund tot ist

Blum sagt, beginnen könne das Beten zum Beispiel damit, dass Eltern und Kinder dem lieben Gott abends im Bett erzählen, was war. Väter und Mütter sollten ihre Kinder ermutigen, wirklich alles auszusprechen, was sie bewegt: Trauer und Angst, Hoffnung und Freude. „Das müssen gar keine großen Sätze sein“, sagt Blum. Es geht erst mal um das familiäre Gespräch – und darum, dass Gott zur Familie dazugehört. „Heute war ein schöner Tag. Danke dafür!“ So könnte es losgehen, das Gebet.
Für kleine Kinder sei es eindrucksvoll, mit ihren Eltern zu beten, sagt Blum: „Sie merken, dass Mama und Papa, die für sie die größten Menschen auf der Welt sind, nicht alles regeln und nicht für alles geradestehen können. Sondern dass es da noch jemanden gibt, an den selbst sie sich wenden.“ Die Kinder spürten auch, dass vor Gott alle Menschen gleich sind – egal ob sie groß oder klein sind, ob sie Sorgen vor Gott bringen oder Glück.

Dabei, erläutert der Theologe, lernten sie zugleich, dass Gott ein gütiger Vater ist, der sie anschaut, kennt und schätzt. Ein Gott, den es interessiert, dass ihre Oma krank ist, ihr Hund tot oder ihre Mathearbeit misslungen. 
Es sei wichtig, auch Wut und Klagen, Hilflosigkeit und Zweifel ins Gebet aufzunehmen, betont Blum. Anfangs sei das für Kinder vielleicht ungewöhnlich: „Aber irgendwann werden sie verstehen: Ich darf beim Beten auch traurig sein. Ich darf auch mit Gott schimpfen.“

Blum sagt: „Gebete müssen für die Kinder immer eine Nummer zu groß sein.“ Es sei wichtig, dass Gebete nicht nur harmlos und kindisch sind: „Wenn etwas zu groß ist, dann kann man da reinwachsen. Aber wenn es zu klein ist, dann wird man es ablegen, wenn man rausgewachsen ist.“ 

Ablegen aber sollen Kinder das Gebet ja gerade nicht, so wünschen es sich viele Eltern. Sie sollen das Gebet als Begleiter fürs Leben entdecken. Aber klar, wenn sie jugendlich sind, entfernen sich fast alle mal davon. Suchen Distanz zu den Eltern. Mögen nicht mehr mitmachen. 

Blum sagt, in so einer Phase könne es helfen, mit ihnen für sie zu beten, für ihren Schulstress, für Ärger mit der besten Freundin, für ihr nächstes Fußballspiel. Damit sie merken, dass ihr ganz konkretes Leben im Gebet vorkommt. Dass es damit zu tun hat. 

Wenn er mit seiner Familie morgens am Tisch sitzt, fehlt fast immer ein Kind – weil es im Studium ist, auf Klassenfahrt, wo auch immer. Dann beten die, die da sind, für den, der fehlt. So merken sie: Wir sind eine Gebetsgemeinschaft. Wir sind alle füreinander da. Sonntags, wenn Blum zur Kirche geht, will manchmal keines seiner Kinder mit. Er findet es falsch, Jugendlichen dann vorzuwerfen, dass sie nicht beten. Also sagt er: „Okay, dann bete ich für euch mit.“

Helfen könne es auch, Jugendliche auf andere junge Leute aufmerksam zu machen, die ihre ganz eigene Sprache für das Gebet, für ihr Verhältnis zu Gott gefunden haben, sagt Blum. Als Beispiel nennt er die Autorin Sophia Fritz, die ein erfrischendes Buch geschrieben hat: „Gott hat mir nie das Du angeboten“.

Eines, sagt Blum, sei beim Gebet immer wichtig – egal ob die Kinder groß sind oder klein: Es braucht eine feste Form. Ruhe. Und Rituale: Vielleicht ist man einen kurzen Moment lang still. Oder zündet eine Kerze an. Dann betet man los. „Kinder lieben Rituale“, sagt Blum. 

Eltern sollten ihnen früh klarmachen, dass das  Gebet in der Familie dazugehört: „Sie sollen merken: Ob wir beten, hängt nicht davon ab, ob einer keine Lust hat oder zappelig ist. Wir machen es davon ja auch nicht abhängig, ob wir Zähne putzen.“
In seiner Familie habe er nie zur Wahl gestellt, ob gebetet wird oder nicht, sagt Dominik Blum – obwohl er ahnt, dass seine Kinder für sich allein vermutlich eher selten beten. Wenn sie gemeinsam am Tisch sitzen, betet er oft vor. Natürlich nimmt nicht jedes Kind jedes Mal gleichermaßen aufmerksam daran teil. Aber davon lässt er sich nicht stören. Er will die Kinder durch das Gebet ja nicht erziehen. Sondern er spricht in diesem Moment mit Gott. Und denkt: „Ich muss den Kindern und Gott die Freiheit lassen, was sie mit diesem Gebet anfangen.“

Andreas Lesch