Seelsorge für Berufskraftfahrer

Mit Gott auf der Straße

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Berufskraftfahrer sind oft einsam und gestresst. Mit dem Buch „On Tour“ wollen Fernfahrerseelsorger ihnen Tipps für den Berufsalltag geben und auch etwas Seelenfutter liefern: Bibeltexte, Impulse und Gebete.

Foto: Bistum Mainz
Sie sprechen mit Kraftfahrern auf Rastplätzen oder in Logistikunternehmen. Nach ihren Gesprächen verteilen die Fernfahrerseelsorger häufig kleine Holzkreuze für die Fahrerkabine. | Foto: Bistum Mainz


Das Arbeitsleben von Berufskraftfahrern ist hart: Tage, Wochen, Monate sind sie getrennt von Familie und Freunden. Dazu kommen Zeitdruck und ein geringes Gehalt. „Früher waren das mal die Könige der Landstraßen, heuten haben sie ein weitestgehend schlechtes Image“, sagt Hans-Georg Orthlauf-Blooß. Der Pastoralreferent arbeitet als Betriebsseelsorger im Bistum Mainz und kümmert sich dort um die Fernfahrerseelsorge. Er weiß, wie wichtig die Fahrer für den Alltag vieler Menschen sind: „Wenn bei uns die Lkw mal ein paar Tage nicht fahren würden, dann würde manche Firma stillstehen und mancher Supermarkt wäre leer“, sagt er. 

Den Fernfahrern Wertschätzung und Dank zu zeigen, sieht Orthlauf-Blooß als seine Aufgabe. „Es geht uns nicht darum zu missionieren. Die Fahrer brauchen jemanden, der ihre Sorgen hört und ihre Nöte teilt und der einfach zuhört“, sagt er. Er und seine Kollegen kümmern sich um die Fahrer in Logistikunternehmen oder auf Autobahnraststätten. In grünen Poloshirts oder Jacken, auf denen „Kirche für Fernfahrer“ steht, sprechen sie mit ihnen. 

Rund ein Drittel der Fahrer lehnen das Gesprächsangebot ab, schätzt Orthlauf-Blooß. Manche hätten schlechte Erfahrungen mit Zeugen Jehovas gemacht, die auf den Rastplätzen missionieren wollen. „Oft wird man da auch in einen Topf geworfen“, sagt der Seelsorger. Wenn die Fahrer das Gesprächsangebot aber annehmen, verschenken er und seine Kollegen gesegnete Holzkreuze für die Fahrerkabinen und das Buch „On Tour“ mit Gebeten, Bibeltexten und Tipps für Beratungen. Rund 350 Stück hat alleine Orthlauf-Blooß verteilt.

Eigene Gedanken zum Lukasevangelium
 

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Möchte Fernfahrern Wertschätzung zeigen:
Hans-Georg Orthlauf-Blooß
Foto: Bistum Mainz

„Wer ist dieser Jesus für dich?“  oder „Worauf baust du dein Lebenshaus? Was ist dein Fundament?“ – Solche Fragen stehen im „On Tour“-Buch neben dem Text des Lukasevange-liums. Die Fernfahrerseelsorger ha-ben ihre eigenen Gedanken zum Text notiert, an Stellen, an denen sie beim Lesen hängengeblieben sind. Die Texte sollen die Probleme und Nöte aus der Arbeitswelt der Fernfahrer aufgreifen.

„Wir beabsichtigen damit, dass die Fahrer in den Gebeten ihre Sprachlosigkeit gegenüber Gott überwinden“, sagt Orthlauf-Blooß. Er hat die Arbeiten am Buch koordiniert und selbst Beiträge geschrieben. 
Viele Fernfahrer würden das Beten vielleicht noch aus ihrer Kindheit kennen, hätten es aber mittlerweile verlernt, sagt er. Das Buch könnten sie auf ihren Reisen im Handschuhfach mitnehmen und in den Pausen lesen und beten, wenn sie sich einsam fühlen. Während der Fahrt können sie außerdem eine CD hören, die dem Buch beigelegt ist. Auf ihr sind verschiedene Texte des Buches eingesprochen und mit Musik hinterlegt.

Ein Kapitel des „On Tour“-Buchs gibt Lkw-Fahrern Ratschläge für ihren Berufsalltag. Dort finden sie beispielsweise die Kontaktdaten von Telefon- oder Internetseelsorge, von Gewerkschaften, rechtlichen Beratungen oder den Beratungsstellen der Caritas, aber auch Tipps, wie sich Sekundenschlaf am Steuer vermeiden lässt oder wie eine gesunde Ernährung für Fernfahrer aussehen kann – häufig mit Internetlinks. Am Schluss des Buches haben Orthlauf-Blooß und seine Kollegen die deutschen Autobahnkirchen mit ihren Adressen aufgelistet. Diese seien vielen Lkw-Fahrern wichtig, sagt er. 

Probleme und Sorgen sind meist das Thema, wenn Orthlauf-Blooß mit den Fahrern spricht. Glaube und Religion spielen häufig erst einmal keine große Rolle. Wenn sie aber Vertrauen gefasst hätten, redeten viele wie ein Wasserfall und erzählten auch von ihren Familien in der Heimat und zeigten Bilder ihrer Kinder, sagt der Seelsorger. An der Situation der Fahrer insgesamt könne er nichts ändern. Aber er könne ihnen die Einsamkeit nehmen. „Es geht wirklich um Seelsorge als Lebenshilfe“, sagt Orthlauf-Blooß.

Auch ausländische Fahrer bekommen das Buch

Als schwierig empfindet er die Verständigung mit ausländischen Fahrern. Diese kämen häufig aus Osteuropa und sprächen kaum Deutsch oder Englisch, seien aber durchaus religiös. „Ich sehe das dann immer, wenn Kreuze im Führerhaus hängen“, erklärt Orthlauf-Blooß. Diese religiöse Einstellung sei dann manchmal eine Gesprächsgrundlage, um sich doch irgendwie zu unterhalten. Auch ausländischen Fahrern geben die Seelsorger das „On Tour“-Buch, wenn sie es haben wollen. Allerdings nur in der deutschen Fassung. Eine Übersetzung gibt es bisher nicht. 

Zu Beginn des Projekts trug das „On Tour“-Buch noch den Titel „Fahrerbibel“. So wird das Buch auch heute noch von vielen genannt, zum Beispiel von Kardinal Reinhard Marx, der das Grußwort geschrieben hat. Für Hans-Georg Orthlauf-Blooß ist der Titel „Fahrerbibel“ ein Kompliment: „Das ist unsere Leistung als Seelsorger, die Bibel in die heutige Welt zu übersetzen. Und das war unser Versuch, den Menschen eine frohe Botschaft in die Hand zu geben.“ 

Einige Inhalte aus „On Tour“ sind auch im Internet verfügbar: www.ontour-online.de

Christoph Brüwer