Mit Gottes Segen in die Schule
Jetzt heißt es wieder den Ranzen packen – nach sechs Wochen Entwöhnung von der Schule für viele Kinder eine gewaltige Umstellung. Aufregend ist es erst recht für die kleinen Schulanfänger. Vielerorts ist es Tradition, den Start unter den Segen Gottes zu stellen. Zwei Beispiele aus dem Bistum Mainz. Von Maria Weißenberger.
Vier Schulgottesdienste stehen in der Pfarrgruppe Seligenstadt-West auf dem Plan: je zwei für die Schüler der zweiten bis vierten Klassen und die ABC-Schützen. Ökumenische Gottesdienste – „das machen wir schon ewig“, sagt Gemeindereferentin Gabriele Laist-Kerber. Sie findet es wichtig, dass sich die Christen in einer Stadt so oft wie möglich zusammentun – so auch für diesen Anlass.
„Danke – es war so schön und hat gut getan“
Gemeinsam mit dem evangelischen Gemeindepädagogen Claus Ost gestaltet sie Jahr für Jahr die Gottesdienste für die Schüler der zweiten bis vierten Klassen, einen in St. Marien in Seligenstadt, den anderen in Froschhausen, St. Margareta. „Wir sind ein eingespieltes Team“, sagt sie, und es wird spürbar, dass sie Freude an dieser Aufgabe hat. Etwa 80 Kinder kommen meist in Froschhausen zusammen, in St. Marien sind es bis zu 250, darunter auch muslimische Schüler und Kinder ohne Religionszugehörigkeit. „Der Segen Gottes zum Start ins neue Schuljahr tut allen Beteiligten gut“, meint die Gemeindereferentin. „Wir merken es den Kindern an, und von Lehrern oder Eltern hören wir immer wieder: Danke, es war so schön und hat uns gut getan.“
Gabriele Laist-Kerber, die an beiden Schulen auch Religionsunterricht gibt, freut sich, dass die Schulen Wert auf den Schulanfangsgottesdienst legen, dass sie ausdrücklich dazu einladen und dass auch Lehrer mit in die Kirche kommen. „Die Tradition wird gut gepflegt – wir von der Kirche sind gefordert, sie gut zu füllen“, betont sie. So wählt sie mit Claus Ost immer ein Thema aus, das nah am Schulalltag ist, und oft gestalten sie miteinander einen Dialog, der die Kinder anspricht. Und nicht nur inhaltlich, auch „handgreiflich“ gibt es etwas zum Mitnehmen, das die Kinder im bevorstehenden Schuljahr begleitet.
Botschaft an die Kleinen: Gott stärkt euch
„Ein Thema, das die Kinder stärkt“, ist auch dem Leiter der Pfarrgruppe, Pfarrer Holger Allmenröder, wichtig zu finden. Er gestaltet zusammen mit seiner evangelischen Kollegin Leonie Krauß-Buck die Gottesdienste für die Schulanfänger. Diesmal soll die Geschichte von David und Goliath den Schulneulingen zeigen: Gott stärkt auch die Kleinen. Der Segen, hat Allmenröder den Eindruck, tut den Kindern gut. Und wenn die beiden Pfarrersleute am Ende des Gottesdienstes allen Teilnehmern die Hand geben, dann bekommen sie auch „sehr positives Feedback“ von den Eltern. „Ich habe den Eindruck, für viele von ihnen gehört der Gottesdienst dazu, und auch für die Eltern beginnt mit dem Schulstart eines Kindes ja etwas Neues.“
Zu den Schulanfangsgottesdiensten kommen auch viele Menschen, die sonst nicht in der Gemeinde auftauchen. „Ich finde das klasse“, sagt Allmenröder, der nicht darüber lamentiert, dass „wir immer weniger werden“. Er ist von seiner Kindheit an die Situation gewohnt, dass viele Menschen der Kirche fernstehen. Wenn sie zum Beginn einer neuen Lebensphase in den Gottesdienst kommen, sieht er das positiv. Auch dass die Schulen immer noch Wert darauf legen, freut ihn. „Und es kommen auch immer ein paar Lehrer mit.“ Auch die Schulgottesdienste im Lauf des Jahres, die ebenfalls ökumenisch gefeiert werden, finden immer noch guten Zuspruch, erzählt er.
Zwei katholische Schulanfangsgottesdienste gibt es in Obertshausen, jeweils für die Schüler beider Grundschulen: einen für die Klassen 2 bis 4, einen für die Schulanfänger. Die evangelische Gemeinde lädt ebenfalls zu einem Gottesdienst für Schulanfänger ein.
Pfarrer Norbert Hofmann, Leiter der Pfarreien Herz Jesu und St. Thomas Morus, lobt die Zusammenarbeit mit den Schulen, in denen er auch als Religionslehrer tätig ist: Sie laden im Elternbrief vor den Sommerferien dazu ein, Lehrkräfte kommen ebenfalls in die Kirche – dies auch in Schulgottesdiensten während des Jahres, beispielsweise am Aschermittwoch.
Auch mit Jugendlichen neues Schuljahr feiern
Hofmann findet es wichtig, dass die Kirche den Start in den neuen Lebensabschnitt begleitet – für die Größeren die Rückkehr in den Schulalltag, für die Neulinge den Start ins Schulleben. So feiert er auch mit den 90 jugendlichen Teilnehmern des Zeltlagers im August einen Gottesdienst zum Beginn des neuen Schuljahrs.
Menschen brauchen die persönliche Zuwendung, zeigt die Erfahrung des Pfarrers: Viele wünschen sich einen persönlichen Segen, vor einer Reise, vor einer Prüfung, einer Operation – oder am Start in eine neue Lebensphase, wie sie die Einschulung darstellt. Hofmann merkt dies, weil er am Ende eines jeden Sonntagsgottesdienstes die Teilnehmer einlädt, zu einem persönlichen Segen in die Sakristei zu kommen, wenn sie es möchten. Und regelmäßig kommen Menschen aller Altersgruppen.
Klar, dass zu den Schulanfangsgottesdiensten auch Menschen kommen, die nicht in der Kirche sind. „Ich sehe das positiv“, sagt Pfarrer Hofmann. „Der Kontakt ist so wichtig, und die persönlichen Begegnungen sind eine große Chance für die Zukunft.“ Die Zukunft auch einer Kirche, die für die Menschen da ist, die ihnen, wenn sie wollen, Heimat schenkt und sie begleitet. Ein kleines Zeichen dafür ist der Reflektor-Schutzengel für den Ranzen, den die Schulanfänger geschenkt bekommen.
Meinung: Wohltuend empfunden
Ja, es tut gut, wenn der Beginn eines neuen Lebensabschnitts nicht nur von einem selbst wahrgenommen wird, sondern auch von anderen mitgefeiert und begleitet wird. Eine Erfahrung, die wohl die meisten von Kindesbeinen an bei den Festen in der Familie machen. Schulanfangsgottesdienste – nicht nur für die Erstklässler, sondern auch an der Schwelle zu einem neuen Schuljahr – sind eine Chance, Schülern und Eltern deutlich zu machen, dass es über die Familie hinaus Menschen gibt, die den eigenen Weg begleiten.
Dass zahlreiche Menschen, auch solche, die nicht der Kirche angehören, die Einladung annehmen, den besonderen Anlass auch christlich-religiös zu begehen, mag auf den ersten Blick erstaunen in diesen Zeiten. Auf den zweiten Blick gibt es aber vielleicht eine von vielen möglichen Antworten auf die Frage, was Menschen von der Kirche brauchen.
Von Maria Weißenberger