Erzbischof Koch trifft erwachsene Taufbewerber online
Mit langem Anlauf zur Taufe
Die Stola für die Segnungen liegt schon bereit: Erzbischof Heiner Koch bei der Segensfeier für Taufbewerber und Konvertiten. Foto: Johannes Rogge |
Statt Stehkaffee und Kennenlern-Runde gab es zum Auftakt der Segensfeier am 20. Februar eine Online-Blitzumfrage. Dabei kam heraus: Unter den Frauen und Männern, die sich im Erzbistum gerade auf ihre Taufe oder auf die Aufnahme in die katholische Kirche vorbereiten, war niemand aus Brandenburg und niemand aus Mecklenburg-Vorpommern. 40 Prozent der bald-katholischen Berliner mit Wurzeln in Russland, den USA, Nigeria, den Philippinen, Irak, der Dominikanische Republik und natürlich in Deutschland sind bereits länger als zehn Jahre mit ihrer Entscheidung unterwegs, kein einziger kürzer als ein Jahr.
„Ich überlege und diskutiere schon seit zwanzig Jahren, es wird momentan ja auch nicht gerade einfacher, sich zur katholischen Kirche zu bekennen“, erzählte Tanja Börzel, die sich in einem Kurs der Katholischen Glaubens-Information Berlin-Charlottenburg auf die Taufe vorbereitet. Da ihre Eltern „ein schwieriges Verhältnis zur Kirche“ hatten, wurde Tanja Börzel als Kind nicht getauft. In ihrer Jugend hätten Freunde und Vorbilder ihr Interesse am christlichen Glauben geweckt.
Ausschlaggebend für die Entscheidung sei für sie nun letztlich das „Allumfassende der katholisch gelebten Spiritualität“. Auf ihren zahlreichen beruflichen Reisen habe sie erlebt, dass die überall in der Welt gleiche katholische Liturgie Vertrautheit und das Gefühl in ihr wachsen lässt, zu einer Glaubensgemeinschaft zu gehören.
Entscheidend seien auch Erfahrungen, die sie in der katholischen Familie ihres Mannes gemacht hat. Beispielsweise habe sie dort erlebt, dass es durchaus möglich sei, den katholischen Glaubensgrundsätzen treu und trotzdem den Menschen nah zu leben. „Ich habe dort Freiräume für die Gestaltung meines eigenen Glaubens gesehen“, beschrieb sie ihren Eindruck. Beeindruckt habe sie, wie Seelsorger ihre Schwiegermutter im Sterben begleitet haben. „Das war tröstlich und berührend“, sagte Tanja Börzel während der Feier in einem Kurz-Interview mit der Gemeindereferentin Klaudia Höfig.
Das Gemeinschaftsgefühl sei im katholischen Religionsunterricht stärker gewesen als im evangelischen Unterricht und in Ethik, erinnerte sich Henriette Spiering. Wie Katholiken in Mexiko ihren Glauben in den Alltag integrierten, habe sie neugierig gemacht. Lange sei es dann aber bei der Neugier geblieben: „Wenn man ohne Glaube aufgewachsen ist, ist es schwierig herauszufinden, wo man bei der Suche nach einem Zugang anfangen kann.“ Ihr eigner innerer Zugang zum Glauben seien Rituale, die sie beschreibt als „Ruhepunkte, in denen Dankbarkeit und Lebensbejahung wachsen können, auch in schwierigen Momenten.“
Ein mutiger Schritt hat Veränderung bewirkt
Marc Ruttkus hatte, inspiriert vom Glauben seiner katholischen Freundin, längere Zeit als Gast an Gottesdiensten teilgenommen. Als entscheidenden Schritt der eigenen Annäherung an den Glauben beschrieb er im Interview mit Klaudia Höfig seine Entscheidung, fortan – trotz aller Zweifel – ans Bekennender und Betender in der Kirche zu sitzen. „Der Mut zur Entscheidung hat etwas verändert. Auch wenn ich weiterhin zweifele, ist da etwas gewachsen, hinter das ich nicht mehr zurück kann.“ Im Laufe der Zeit habe er erkannt, dass der Glaube über das hinausreicht, was mit dem Verstand zu erfassen ist.
Saskia Brauer, die vor sechzehn Jahren selbst an einem Taufkurs teilgenommen hat und nun Firmbewerber begleitet, riet den angehenden Katholiken, sich auch nach ihrer Taufe oder Konversion religiös weiter zu bilden. Für sie selbst sei der Taufkurs „ein guter Start“ gewesen. Sie habe danach an einem Glaubensgesprächskreis teilgenommen, an Exerzitien und Familienkursen. Im aktuellen Firmkurs sehe sie sich durch die Fragen der Teilnehmer immer wieder selbst angeregt, über ihren eigenen Glauben nachzudenken.
Auch er fühle sich von den Taufbewerbern und Konvertiten für seinen eigenen Weg mit Gott ermutigt, sagte der Berliner Erzbischof, der sich mit Kleingruppen in einem separaten Online-Segensraum traf. Dort fragte er jede und jeden einzeln nach der Motivation, katholisch zu werden und spendete seinen Segen. Mit den Tauf- und Firmbewerbern waren im Segensraum Paten, Angehörige und Verantwortliche der Vorbereitungskurse aus verschiedenen Pfarreien, der Katholischen Glaubensinformation und der Katholischen Mission englischer und spanischer Sprache.
Das Vorbereitungsteam mit Unterstützung der Berliner Seelsorgerin Elaine Rudolphi nutzte für die Online-Feier eine Vielfalt technischer Möglichkeiten. Unter anderem gab es eingespielte Musik-Beiträge, die zuvor eigens in der St.-Canisius-Kirche aufgenommen worden waren. Die biblische Lesung wurde von der Pastoralreferentin Esther Göbel als gezeichneter Video-Clip gestaltet. Die Fürbitten konnten die Teilnehmer über die Chat-Funktion in den Gottesdienst einbringen.
Eine Präsenz-Veranstaltung wird es später geben. Für den 18. September lädt Erzbischof Koch die Neu-Katholiken zu einem Begegnungstag mit heiliger Messe und Kaffeetrinken in die St. Elisabeth-Gemeinde Berlin-Schöneberg ein.
Von Dorothee Wanzek