Mitgehen, Zuhören, Aushalten

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Christina Funke und Edith Weber
Nachweis

Foto: Sabine Matschoß

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Christina Funke und Edith Weber koordinieren die Hospizarbeit in einem großen Raum im Nordwesten Mecklenburgs.

Der Ökumenische Hospizdienst Schwerin-Nordwestmecklenburg besteht seit 20 Jahren. Christina Funke und Edith Weber koordinieren den Einsatz von 33 Ehrenamtlichen. Sie sagen, wie aus gutem Willen konkrete Hilfe wird.

Wie kam es zur Gründung?

Christina Funke: Dorothea Lietz gründete 1998 den Ökumenischen Hospizdienst in Wismar; auf ihre und die Initiative der Caritas hin wurde 2003 dann auch der Hospizdienst in Schwerin ins Leben gerufen. Hospizdienst braucht Kontakte. Wie konnten diese zu Beginn der Arbeit hergestellt werden?
Edith Weber: Durch persönliche Ansprache und schon bestehende Kontakte konnte über Jahre ein Netzwerk hergestellt werden, zu dem heute unter anderem Ärzte, Pflegeheime, die Palliativ­stationen und die SAP-Versorgung gehören. Wichtig ist immer die Präsenz in der Öffentlichkeit und die Verknüpfung von Informationen zwischen den verschiedenen an der Pflege beteiligten Personen. Eine wichtige Grundlage waren hier die Erfahrungen und Kontakte von Frau Lietz.

Welche Aufgaben hat das Hauptamt? Was geschieht beim Erstbesuch?

Edith Weber: Die Anfragen zur Begleitung kommen aus unterschiedlichen Richtungen,von Angehörigen, Freunden, dem Pflegepersonal, Seelsorgern und der Person selbst. Wir im Hauptamt stellen im Erstbesuch den persönlichen Kontakt her und schauen, welche Art von Begleitung hier gut wäre. Wir schauen auf das Umfeld des Kranken und seinen momentanen Gesundheitszustand. Wir erfragen aber auch Hobbys des Kranken und erfahren so, wie wir vielleicht in die letzte Lebensphase etwas Normalität bringen können.
Bei den inzwischen 33 Ehrenamtlichen schauen wir dann, wer am besten passen würde, und fragen bei ihm an. Ist er bereit, begleitet er dann den Schwerkranken und, wenn gewünscht, auch die Angehörigen.

Wer sind die Ehrenamtlichen und wie werden sie auf ihren Dienst vorbereitet?

Christina Funke: Die Bewerber sind Frauen und Männer unterschiedlichen Alters. Sie kommen aus verschiedenen Berufen oder sind im Ruhestand. Sie absolvieren eine Ausbildung nach dem „Celler Modell zur Qualifizierung
Ehrenamtlicher für die Hospiz­arbeit“, eine bundesweit anerkannte Ausbildung. Im Grundkurs, einem Praktikum und einer Vertiefungsphase werden sie auf verschiedene Situationen vorbereitet, auf das Mitgehen, Zuhören und Aushalten, Einlassen
auf das Ungewöhnliche.

» Oft sind wir einfach nur da, versuchen Halt zu geben «

CHRISTINA FUNKE

Was kann der Hospizdienst den Menschen geben?

Christina Funke: Unsere Aufgabe ist es, die Betreffenden auf der psychosozialen Ebene zu betreuen. Wir sind kein Pflegedienst, aber schenken Zeit, Zuwendung, wir hören zu, machen Spaziergänge und schauen, wie unsere Hilfe die Bedürfnisse und Wünsche des Kranken erfüllen kann. Oft sind wir einfach nur da und versuchen, Halt und Hilfe zu geben.

Sie beide sind im Hauptamt für die Koordinierung der Arbeit zuständig. Wer sind Sie und warum gerade Hospizarbeit?

Edith Weber: Ich komme aus Nord­rhein-Westfalen, habe in Siegen als Krankenschwester gearbeitet und mich sehr für die Palliativarbeit interessiert. Nach einer Weiterbildung und dem Umzug nach Mecklenburg war ich bei Helios Schwerin im palliativen Konsiliardienst beschäftigt. Als mein Vertrag endete und ich im „Hospiz am Aubach“ arbeitete, hat mich Frau Lietz für die Aufgabe hier geworben. Seit 2016 mache ich nun das, wo mir das Herz aufgeht, auch wenn ich manchmal die praktische Arbeit am Menschen vermisse.

Christina Funke: Nach meiner Ausbildung zur Krankenschwes­ter am Stift Bethlehem in Ludwigslust habe ich in Berlin gearbeitet, war dann bei der Diakonie in Rampe und später in der Orthopädischen Klinik bei Helios beschäftigt. Nebenbei habe ich die Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizhelfer absolviert und dann 2011 hier meine Tätigkeit begonnen. Während meiner Arbeit im Krankenhaus habe ich gesehen, dass die Zeit für Zuwendung durch das Personal immer weniger wird und wie wichtig es gerade bei Schwerkranken ist, sie nicht nur medizinisch zu versorgen. Heute weiß ich, diese Arbeit hier, die kann ich, die ist mir wichtig. 

Wie sieht ein Tag als Hauptamtliche im Hospizdienst aus?

Edith Weber: Jeder Tag ist irgendwie anders. Morgens schauen wir, was am Tag Wichtiges zu erledigen ist, die Post und die Mails werden durchgesehen, Telefonate geführt. Wir besprechen neue Anfragen für eine Begleitung, treffen uns auf regionaler und überregionaler Ebene mit anderen Hospizdiensten und Hospizvereinen, machen Büroarbeit, Abrechnungen, erstellen Statistiken und bereiten die Ausbildung für den nächsten Kurs vor. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist, unseren Hospizdienst in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Oft kommt aber etwas nicht Planbares, man muss spontan sein und auf Anfragen manchmal, so schnell es geht reagieren.

2023 blicken Sie nun auf 20 Jahre Hospizarbeit zurück.

Christina Funke: Am 7. September wollen wir der Freude über das Bestehen des ökumenischen Hospizdienstes mit einer Andacht und einer kleinen Feier Ausdruck verleihen. Es soll vor allem ein Dankeschön und eine Würdigung der Ehrenamtlichen sein, eine Zeit der Rückblende und der Aussicht auf die nächsten Jahre. Es gäbe diesen Dienst nicht, wenn das Ehrenamt ihn nicht mittragen würde. Wichtig ist für uns, dass es weiterhin Menschen geben wird, die sich auf dieses Wagnis einlassen, die Ausbildung absolvieren und bereit sind, Schwerkranke zu begleiten. Wichtig ist natürlich auch die finanzielle Unterstützung, besonders in Form von Spenden, damit diese so wertvolle Aufgabe in der oft letzten Lebensphase der Menschen gelingen kann. 
 

Interview: Sabine Matschoß

Wer mehr über den Ökumenischen Hospizdienst Schwerin-Nordwestmecklenburg wissen möchte oder sich beteiligen kann, ist in das Büro in der Klosterstraße 24 (Haus der Caritas) eingeladen oder kann sich im Internet ­­www.hospizdienst-sn-nwm.de informieren.
Das Interview ist im Pfarrbrief St. Anna erschienen.