Anstoß 46/20

Moment Hoffnung

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Gegen den November-Blues lege ich ein Depot von schönen Bildern und hoffnungsvollen Gedanken an. „Junge Menschen“, so schrieb die Nachrichtenagentur „AsiaNews“ über Mossul im Nordirak, sind „die Hoffnung dieser Stadt“.


Nach Plünderungen und Verwüstungen in der Zeit des Terrors durch den „Islamischen Staat“ räumen muslimische Freiwillige die christlichen Kirchen in Mossul auf, damit sie wieder zugänglich sind. Sie wollen den Boden zur Rückkehr bereiten für alle, die wegen ethnischer und konfessioneller Gewalt fliehen mussten. Im Versuch, die Brutalität der Dschihadisten wortwörtlich „hinwegzufegen“, wollen die jungen Freiwilligen ihre Aktion als Zeichen der Wiedergeburt verstehen. Sie unterstützen damit die am Ort verbliebene christliche Gemeinde und bitten die Vertriebenen: „Kommt zurück. Ohne euch fehlt etwas!“
Junge Muslime, die sich für die Rückkehr der einstigen Nachbarn einsetzen, mit denen sie in Frieden lebten. Die Nachricht verschwindet im Tumult anderer Meldungen. Wieviel Angst und Opfer hat die seit Jahren andauernde systematische Zerstörung christlicher Kirchen und Orte im Irak und Syrien verbreitet. Christenverfolgung passiert unter anderem auch im Iran und Äthiopien. „Es fehlt eine anwaltliche Stimme“, klagt ein Mitbruder meiner Gemeinschaft, der aus Äthiopien stammt „So viel Zerstörung urchristlicher, biblischer Orte. Das bekommen wir hier nicht mit.“ Das Beispiel aus Mossul schenkt einen Moment der Hoffnung.

Um Hoffnung gegen Gewalt zu setzen, hatte der Bürgermeister von Neukölln zum Gedenken   an die jüngsten Opfer islamistischer Gewalt eingeladen. Wenn es irgendwo auf der Welt einen Konflikt gibt, in dem es auch um den Islam geht, spüren wir das in aufgeladener Stimmung auf den Straßen Neuköllns. Hier leben viele Muslime. Zur Gedenkveranstaltung waren muslimische, evangelische und katholische Verantwortungsträger sowie politisch Verantwortliche eingeladen. Gemeinsam legten wir je eine weiße Rose auf dem Neuköllner Wappen nieder. Davor standen brennende Kerzen. Der Bürgermeister stellte fest: Wir lassen uns nicht aufhetzen. Neukölln steht für Vielfalt. Bei uns werden keine Bibeln verbrannt, kein Talmud und keine Thora. Wir stehen für friedliches Zusammenleben und gemeinsam gegen Gewalt.
 
Lissy Eichert, Berlin