Monstranz gewährt Einblicke
Bettina Meinert
Billstedt (nkz). Die 10. Klassen der katholischen St. Paulus Schule in Billstedt haben in den beiden Wochen vor Fronleichnam die Monstranzen der Pfarrei in eine außergewöhnliche Aktion eingebunden: Sie zeigten sie an verschiedenen öffentlichen Orten und banden sie damit in einen neuen Zusammenhang ein. Pfarrer Felix Evers versteht die Aktion auch als Anregung, „die Monstranz öfter zu zeigen“. Lehrerin Bettina Meinert fotografierte die liturgischen Schaugefäße an den jeweiligen Plätzen. Ihre Bilder wurden während des Fronleichnamsgottesdienstes für die Schüler im St. Marien-Dom gezeigt. Pfarrer Felix Evers fasste seine Eindrücke und Gedanken zu der Aktion in folgendem Text zusammen.
„Unsere Monstranz stand vor einem sanierungsbedürftigen Wohnhaus, in dem unzählige Nationen und Kulturen ihr Zuhause gefunden haben und das so viele Geschichten erzählen kann. Unsere Monstranz stand auf einer blühenden Wiese zwischen Blumen und Kräutern. Unsere Monstranz stand vor der Elbphilharmonie und an den Landungsbrücken, also direkt am Tor zur Welt. Zum Fronleichnamsfest haben unsere Abschlussklassen der Billstedter Paulusschule die leere Monstranz eingepackt, um Fotos zu schießen, und das Ergebnis war eindeutig: Mit der Monstranz sieht man besser! Durch die Monstranz, die sakramental Jesus als das Brot des Lebens beherbergt und aus der Kirche zu allen Geschöpfen trägt – dem Segen der Sternsinger vergleichbar, die von jeder Krippe den Neujahrssegen in alle Wohnungen tragen – sieht man den Mitmenschen besser: Gott hüllt und rahmt Dich in Liebe golden ein!
Durch die Monstranz sieht man die Mohnblumen, die Schwertlilien und die prächtigen Rosen besser: Gott schenkt uns die wunderschöne Natur im Rosenmonat Juni! Durch die Monstranz sieht man den Müll auf der Straße besser: Gott vertraut uns seine verwundete Schöpfung an, damit wir sie bewahren und auf heiligem Boden unsere Schuhe ausziehen! Durch die Monstranz sieht man den Kriegsgegner besser: Gott betont die Feindesliebe als einziges Unterscheidungsmerkmal für die Christenheit! Durch die Monstranz sieht man die Kinder besser, die bis zur Erschöpfung für unseren Wohlstand oft in Müllbergen arbeiten müssen: Gott ist ein Freund der Fairness, der gerechten Güterverteilung und der einen großen Weltenfamilie, in der es keine Ausländer gibt. Und um es mit Professor Michael Braungart zu sagen: Ameisen machen es uns Menschen doch vor – es müsste gar keinen Müll mehr geben, wenn wir nur endlich lernen würden, alles in einem Wiederverwertungskreislauf zu nutzen.
Freud und Leid klarer sehen
Mit der Monstranz sieht man besser. Was spricht dagegen, die Monstranzen aus allen Sakristeien zu holen, um diese – dem altehrwürdigen Brauch des Herbergs- und „Frauentragens“ gleich – reihum den Mitmenschen anzuvertrauen, die rund um einen Kirchturm wohnen? Dann bekämen die monatliche Aussetzung zum Herz-Jesu-Freitag samt eucharistischem Segen oder die jährliche Fronleichnamsprozession eine viel persönlichere Bedeutung. Mit dem Lebensbrot sähe man dann auch viel klarer Freud und Leid derer, die um uns herum wohnen; man schaute buchstäblich über den Kirchturm hinaus. Und auf wirklich niveauvoll-sakramentale Weise würden Kirche und Alltag miteinander verwoben – so wie in dem guten Brauch, Hostien am Kircheingang einzulegen (mitsamt den ganz persönlichen Tränen der Freude und des Leids), die dann in der Gabenprozession zum Altar gebracht und gewandelt werden. Gott wandelt in Brot und Wein die gesamte Schöpfung, und in seinem Geist, der Schwester Weisheit, wird alles neu.“