Eindrücke vom Weltjugendtag in Panama
Motivationsschub für den Glauben
Jugendliche aus dem Bistum sind zum Weltjugendtag nach Panama und zu den Tagen der Begegnung nach El Salvador gereist. Beeindruckt hat sie vor allem, wie zufrieden die Menschen dort sind – trotz großer Armut.
„Direkt hinter den Wellblechhütten fangen die Wolkenkratzer an“, sagt Timo Gervelmeyer. Der 30-Jährige ist gerade vom Weltjugendtag (WJT) aus Panama zurück und hat die Zustände in dem mittelamerikanischen Land noch vor Augen. Die Schere zwischen Arm und Reich ist dort nicht nur eine Metapher, sagt er. „Wir haben jeden Tag die Gegensätze gesehen, als wir unterwegs waren.“
33 Teilnehmer aus dem Bistum Osnabrück ist zum WJT nach Panama und zu den Tagen der Begegnung gereist. Die finden traditionell eine Woche vorher in einem Nachbarland des Gastgeberlandes statt – in diesem Jahr eigentlich in Costa Rica. Die Pilgergruppe aus dem Bistum hatte sich hingegen entschieden, nach El Salvador zu fahren, um sich dort auf die Spuren des vor kurzem heiliggesprochenen Oscar Romero zu begeben – ein Vorschlag des Generalvikars Theo Paul.
„Die Tage der Begegnung waren für uns noch viel eindrucksvoller als der Weltjugendtag selbst“, sagt die 28-jährige Caroline Bouché begeistert. Eine Woche haben die Jugendlichen in El Salvador verbracht und dort Projekte der Caritas und des Hilfswerks Adveniat besucht. Und jeden Tag waren sie aufs Neue von der Gastfreundschaft der Menschen beeindruckt. Der Besuch einer Gemeinde in Santa Anna bleibt den Jugendlichen besonders in Erinnerung: „Als wir angekommen sind, standen da 30 Leute und haben gejubelt und gesungen, weil Gäste aus Deutschland da sind“, sagt der 30-jährige Christian Dinh. Die Einheimischen hätten für die Pilger extra eine lange weiße Tafel gedeckt – mit Stuhlhussen und Geschirr wie bei einer Hochzeit. „Wir waren einfach nur baff.“
Dennoch: Die gute Stimmung sei immer auch von einem beklemmenden Gefühl begleitet gewesen. Denn El Salvador wird auch als gefährlichstes Land der Welt bezeichnet. Mit Stacheldrahtzaun abgegrenzte Ghettos gehören zum Stadtbild. „Das Erste, was die Gemeindemitglieder zu uns gesagt haben, war ‚Herzlich Willkommen, ihr seid hier sicher‘“, erinnert sich Christian Dinh. „Das war schon sehr bedrückend“, findet Caroline Bouché. „Wenn bei uns in Deutschland etwas passiert, geht man zur Polizei – in El Salvador ist die korrupt“, sagt Timo Gervelmeyer.
Noch etwas unterscheidet die Einheimischen von ihren deutschen Besuchern: ihr Lebensstandard. „Dinge, die für uns selbstverständlich sind, haben die Menschen dort nicht“, sagt Caroline Bouché. „Es gibt kein fließendes Wasser und die Leute leben in Wellblechhütten.“
Postangestellte wollten sich mit deutschen Pilgern fotografieren lassen
In Panama City, der Hauptstadt von Panama, sieht das etwas anders aus: Dort gibt es Wolkenkratzer, eine extra für den Weltjugendtag gebaute Metrolinie fährt vom Flughafen in die Innenstadt. „Man hat gemerkt, dass das ganze Land im Weltjugendtagsfieber ist“, sagt Timo Gervelmeyer. Die Angestellten in der Postfiliale, in der die Jugendlichen Briefmarken gekauft haben, wollten sogar unbedingt ein Foto mit den deutschen Pilgern machen. Auch unter den 500 000 Teilnehmern, die aus der ganzen Welt nach Panama gereist waren, sei die Stimmung ausgelassen gewesen. „Das war wie bei einem großen Festival.“
Einer der Höhepunkte jedes Weltjugendtages ist der Besuch des Papstes: „Ich freue mich immer, ihn zu sehen“, sagt Christian Dinh, der schon beim WJT in Köln und Sydney dabei gewesen ist. In Panama habe die Gruppe drei Stunden lang auf den Papst gewartet, und extra einen guten Platz ergattert, um nah an ihm dran zu sein. „Letztendlich ist er drei Sekunden an uns vorbeigefahren“, sagt Dinh und lacht. „Aber eigentlich kommt es auch mehr darauf an, zuzuhören, wenn er auf der Hauptbühne spricht“, findet Timo Gervelmeyer. Eine Aussage des Papstes haben sich die Jugendlichen aus Osnabrück besonders eingeprägt: Die Panamesen hatten zu seiner Begrüßung „Esta es el Juventud del Papa“ gesungen – „wir sind die Jugend des Papstes“. „Franziskus hat geantwortet, dass wir nicht seine Jugend, sondern die von Christus sind“, sagt Gervelmeyer. Ob der Weltjugendtag ihn in seinem eigenen Glauben bestärkt hat? „Man merkt, dass es eine riesen Gemeinschaft ist, da wird einem die Weltkirche noch mal richtig bewusst“, sagt er.
„Der Weltjugendtag ist wie ein Motivationsschub, zu seinem Glauben zu stehen“, findet auch Caroline Bouché. „Wenn man sagt, dass man katholisch ist, muss man sich ja oft dafür rechtfertigen.“
Es war vor allem der Glaube der Menschen in Panama und El Salvador, der die Jugendlichen beeindruckt hat. 85 Prozent der Einwohner sind dort katholisch. „Die Menschen haben nichts als ihren Glauben und trotzdem sehen sie alles positiv“, sagt Bouché. Ihr ist in El Salvador auch klargeworden, wie Menschen in anderen Teilen der Welt ausgebeutet werden – etwa auf Kaffeeplantagen. „Das regt noch einmal dazu an, sein eigenes Verhalten zu überdenken.“ Doch trotz der prekären Bedingungen seien die Menschen voller Lebensfreude, sagt Christian Dinh. „Ich habe dadurch gelernt, das Leben in Deutschland mehr zu schätzen und mich weniger über Luxusprobleme aufzuregen.“
Sandra Röseler
Einen Videobeitrag über den Weltjugendtag finden Sie unter www.facebook.com/derkirchenbote
Zitiert
Auf den Spuren von Oscar Romero
„Eine zentrale Motivation für mich, die Fahrt nach El Salvador und Panama zu begleiten, war das Lebens- und Glaubenszeugnis von Erzbischof Oscar Romero, Pater Rutilio Grande SJ, der ermordeten
Jesuiten und Hausangestellten der katholischen Universitäten, der vielen Priester, Ordensfrauen und Gemeindemitglieder, die Opfer der Verfolgung wurden. „Liebe dein Vaterland, töte einen Priester“ lautete ein Motto in El Salvador während meines Studiums. Der Altar, an dem Erzbischof Oscar Romero erschossen wurde, hat mich besonders angesprochen. Er zeichnet für mich die Gestalt eines aufrechten Christen aus. Ein ganz besonders intensives Erlebnis war für mich die Feier der Eucharistie am Grab von Pater Rutilio Grande und seiner Gefährten. Wir sind in das Dorf gefahren, in dem er ermordet und in der Kirche bestattet wurde. Diese Reise werde ich nicht vergessen.“
Generalvikar Theo Paul