Kirche in sozialen Netzwerken

Munterer Chat am Gartenzaun

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Kontakt halten trotz der Pandemie-Beschränkungen – das ist auch für einen Pfarrer derzeit nicht leicht. Maik Stenzel aus Bad Laer nutzt dafür die sozialen Netzwerke und erreicht damit viele Menschen – auch über die normale Gottesdienstgemeinde hinaus.


Ein lockeres Gespräch mit der Gemeinde – das ist für Pfarrer Maik Stenzel derzeit nur über die sozialen Netzwerke möglich. Screenshot/Fotomontage: Dom Medien GmbH

Bei seinem ersten Chat gibt es noch gar keinen Gartenzaun. Pfarrer Maik Stenzel sitzt in seinem Wohnzimmer in Bad Laer, das Tablet vor sich aufgebaut, und unterhält sich über Facebook mit verschiedenen Menschen aus seiner Gemeinde –„eben wie bei einem lockeren Gespräch unter Nachbarn am Gartenzaun“, erzählt der Seelsorger von der Idee und dem Wunsch, trotz Kontaktbeschränkungen über die sozialen Netzwerke  mit den Gemeindemitglieder bestmöglich in Kontakt zu bleiben. Über die Homepage können sich Interessierte ganz einfach an diesem Chat beteiligen.

Die Idee schlägt in der Pfarrei sofort ein. Gleich am ersten Plausch an „Maik’s Gartenzaun“, wie es nun offiziell heißt, nehmen durchgehend etwa 60 Menschen teil. Sie freuen sich, ihren Pfarrer auf diese Weise einmal wieder live sehen  und sprechen zu können. Und sie denken mit: Eine Familie stellt ein Stück Gartenzaun zur Verfügung, das mit Blümchen und einem Rosenkranz geschmückt im Garten des Pfarrers aufgestellt wird. So ist Maik Stenzel jetzt immer donnerstagsabends wirklich am Gartenzaun zu sehen und zu sprechen. Einfache Baustrahler sorgen für die Beleuchtung. 

Auch über Philosophisches und Privates wird gesprochen

Über eine Kommentarfunktion können die Teilnehmer Themenwünsche, Statements, Fragen oder Stellungnahmen in den Facebook-Chat einstellen, Stenzel antwortet und moderiert das Gespräch. So wird seitdem in der Pfarrei und darüber hinaus eifrig online über die Öffnung der Gottesdienste, das Maskentragen, den Wiederbeginn der Bundesliga, das Streamen von Messen oder die wirtschaftliche Situation der Betriebe im Ort gesprochen. Aber auch Philosophisches („Ist Angst die Abwesenheit von Liebe?“) oder Privates („Hat ein Pfarrer eigentlich auch mal Feierabend? Und was macht er in seiner Freizeit?“) findet seinen Platz. Es ist ein munteres Gespräch – so wie es digital eben möglich ist. Die Dauer ist auf eine Dreiviertelstunde begrenzt, am Ende steht ein dickes Dankeschön in Form von vielen Smileys und gehobenen Daumen. In Worten formulieren es einige Teilnehmer so: „Ich fand es heute wieder schön am Gartenzaun.“ Und: „Ganz herzlichen Dank. Seien Sie behütet!“

Die Resonanz auf diese neue Form des Dialogs ist enorm. „Viele Leute, die ich spreche oder mit denen ich telefoniere, sprechen mich darauf an. Das tut den Menschen einfach gut. Wir sind gewohnte Bilder und Stimmen für sie“, erzählt Maik Stenzel. Auch im Nachhinein könne man sich die Chats noch auf der Homepage ansehen. Für den 43-Jährigen ist diese Form der Kommunikation und des Sprechens vor der Kamera nicht fremd, auf youtube dreht er schon länger Videoclips und ist auch offiziell für die Öffentlichkeitsarbeit des Bistums auf diesem Kanal unterwegs.

„Mit diesen Videos geben wir aber immer nur Input nach außen. Es gibt nie die Möglichkeit, Fragen zu stellen, direkt zu intervenieren. Es ist wenig Dialog.“ Das soll im Facebook-Chat nun anders sein. „Wir haben hier eine virtuelle Gemeinschaft. Das Gespräch ist live, auch Interaktionen zwischen den Teilnehmern sind möglich. Und derzeit ist es die einzige Möglichkeit, die wir haben“, betont er mit Blick auf die Kontaktbeschränkungen. Seinen Kollegen macht er Mut, es auch einmal auszuprobieren: „Wir vertun uns eine Chance, wenn wir das ablehnen“, ist er überzeugt. Auch ein Bibelgespräch habe in seiner Pfarrei bereits über eine Video-Konferenz stattgefunden und habe wunderbar funktioniert. Jeden Sonntag streamt der Pfarrer außerdem einen Gottesdienst aus der Kirche.

Auch viele junge Menschen geben Rückmeldungen

Technik braucht man für solche Projekte nur wenig, erklärt er. Ein Tablet, eventuell ein Handy, und eine feste Internetverbindung. Maik Stenzel hat außerdem Hilfe von zwei Personen: Gemeindeassistentin Alina Strüßel sorgt im Hintergrund am Rechner dafür, dass sich keine fremden Personen in den Chat oder den Gottesdienst-Stream einklinken, die dort nichts zu suchen haben, und Gemeindemitglied Björn Kaisen hilft bei der Technik und ist auch am Gartenzaun vor Ort mit dabei, falls Menschen vorbeikommen, stören oder Fragen stellen. 

Vor einer Kamera zu sprechen, das habe auch er lernen müssen, gibt Maik Stenzel zu. Während der Ausbildung zum Priester konnte er sich das zunächst nicht vorstellen, musste sich zu den vorgeschriebenen Bildaufnahmen regelrecht überwinden. Dabei habe er aber schnell gemerkt, wie spannend es sei, die eigenen Bewegungen und die eigene Mimik zu sehen und daran zu arbeiten. „Irgendwann war die Hemmschwelle dann weg“, erzählt er heute gelassen: Als Pfarrer setze man sich immer einer gewissen Öffentlichkeit aus. „Und ob ich am Altar stehe oder im Internet gesehen werde“, sei ein so großer Unterschied nicht.

„Über die sozialen Netzwerke erreichen wir aber eine grandiose Zahl an Menschen. Auch viele junge Leute geben uns Rückmeldungen“, ist er begeistert. Mit dem Streamen des Palmsonntagsgottesdienstes habe er beispielweise hochgerechnet etwa 200 bis 250 Menschen erreicht, am Gartenzaun versammeln sich regelmäßig gut 60 Personen. Und die antworteten ihm im Internet auch prompt und bedanken sich: „Wir sind froh, dass du virtuell zu uns gekommen bist.“ Stenzel betont: „Solche Rückmeldungen tun auch mir gut.“ 

Astrid Fleute