Nach vierzig Tagen

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Wie lange stehen Krippe und Christbaum? Laut liturgischem Kalender ist die Weihnachtszeit seit drei Wochen vorbei. Der Hamburger Pfarrer Felix Evers aber hat seine Krippe noch nicht abgeräumt. Bei ihm steht sie bis Mariä Lichtmess

Kerzen an Maria Lichtmess
Ob Christbaumkerzen oder nicht: Lichtmess ist ein Fest im Kerzenschein. Foto: Albrecht Fietz/pixabay

Wie lange stehen Krippe und Weihnachtsbaum? Manch einer folgt eher der Knut-Schlussverkaufsaktion von Ikea und wirft seinen Baum mitten in der Weihnachtszeit aus dem Fenster. Andere folgen der liturgischen Norm und lassen die Krippe vom Heiligen Abend bis zum Sonntag nach Epiphanie stehen. Ich persönlich werbe dafür, bis zum Fest der Darstellung Jesu am 2. Februar, wie es früher guter Brauch war, die Weihnachtssymbole beizubehalten – auch um dem elenden Trend entgegenzuwirken, dass der Advent weihnachtlich daherkommt und dass von der Weihnachtszeit, kaum dass sie begonnen hat, niemand mehr Notiz nimmt.

Mir leuchtet nicht ein, weshalb die Weihnachtszeit kürzer sein sollte als ihre Vorbereitungszeit; wenn schon die Osterzeit 50 Tage lang gefeiert wird – nach 40 Tagen Fastenzeit – wie kann da nach der drei- bis vierwöchigen Adventszeit Weihnachten nur zwei oder drei Wochen lang begangen werden? Zumal die Bräuche und Lieder zu Sankt Stephanus, zum Jahreswechsel und zum Sternsingen mit je eigenen Liedern kaum Zeit für die eigentlichen Festtagslieder lassen? Nein, die Weihnachtszeit reicht bis zum 2. Februar. Dafür gibt es sogar gute Belege. Die Einleitung am Herrenfest „Darstellung des Herrn“ (im Volksmund der Kerzensegnung und –prozession wegen auch „Mariä Lichtmeß“ genannt) betont ausdrücklich, dass seit Weihnachten 40 Tage vergangen seien; 40 Tage nach der Geburt des Erstgeborenen brachte man das Kind in den Tempel und opferte aus Dankbarkeit vorgeschriebene Gaben. Der 2. Februar hinge liturgisch in der Luft, bände man ihn nicht in die Weihnachtszeit ein.

Das Fest bildet das Ende eines Festkreises, der mit der „Darstellung Mariens im Tempel“ am 21. November beginnt. Die gesamte Weihnachtszeit lenkt den Blick auf drei Momente des Heils: Schöpfung – Neuschöpfung – Vollendung! 

Die Erfahrung jedes einzelnen Tages

So wie an jedem einzelnen Tag, aber auch so wie in jeder Eucharistiefeier erfahren wir als Schöpfung, dass Jesus geboren und alles neu geschaffen wird; Berge jubeln (Psalm 98), Flüsse schlagen klatschend in die Hände, Tiere singen Loblieder, lange bevor der Mensch dessen gewahr wird, was Gott in unendlicher Liebe bewirkt. 

Das ist die Glaubenserfahrung jedes einzelnen Tages im Leben: Ich wache als Schöpfung auf, erfahre lebendig an der Hand des Auferstandenen die Neuschöpfung inmitten einer in Liebe gewandelten Welt. Ich kann am Tagesende – mit dem Gebet der Komplet, die als Vollendungsgebet zur „Erfüllung des Tages“ ja täglich das Gebet des Simeon enthält („Nunc dimittis“) – getrost ausrufen, was Johann Sebastian Bach unnachahmlich vertont hat: „Ich habe genug!“ 

„Nun lässt du deinen Knecht in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen“. 

Wie im Kommunionempfang darf Simeon – uns allen gleich – das Christkind empfangen. Der Richter am Ende meiner Lebenszeit, der König der Herrlichkeit“, ist der barmherzige Vater, der seinen verlorenen Sohn voller Sehnsucht erwartet und wie das Christkind und der Mann am Kreuz die Arme nach mir ausstreckt, um mich durch göttliche Umarmung zu erlösen. 

Dieser König entäußert sich all seiner Gewalt, wird niedrig und gering, um uns bettelarme Menschen himmelreich zu machen. Das ist der göttliche Tausch zu Weihnachten, den wir mit Simeon und Hanna hautnah erfahren dürfen – am 2. Februar, jeden Sonntag, tagtäglich in der Feier der Komplet, in jeder Messfeier. „Das ist genug!“ 

Text: Felix Evers