Pietà verlässt die evangelischen Lutherkirche in Hamburg-Wellingsbüttel
Neue Heimat in der Arktis
Von Südtirol über Hamburg nach Grönland: In der katholischen Kirche Christ König in Nuuk hat mit Hilfe des Bonifatiuswerkes eine Pietà aus der evangelischen Lutherkirche Wellingsbüttel eine neue Heimat gefunden.
Die künstlerische Darstellung Mariens mit dem Leichnam Jesu in ihrem Schoß ist in einer evangelischen Kirche eher selten zu finden. Von daher war die evangelischen Lutherkirche in Wellingsbüttel bisher eine Besonderheit: Der Kirchenraum wurde durch eine große Pietà geschmückt. Sie war die Leihgabe von Hella Ahrens, einem Gemeindemitglied der evangelischen Gemeinde Wellingsbüttel. Ihr Vater ließ das Vesperbild vor 40 Jahren im Grödnertal in Südtirol anfertigen. „Die Pietà stand früher im Wohnzimmer meines Elternhauses. Nachdem ich sie geerbt hatte, wollte ich sie gerne in unsere Kirche stellen, denn die Wellingsbüttler Kirche ist einfach mein Zuhause“, erzählt Hella Ahrens.
Kein Platz mehr nach der Umstrukturierung
Auf Dauer allerdings war der Marienfigur in der Lutherkirche keine Bleibe gegönnt: „Eine Pietà hat in einer protestantischen Kirche nicht wirklich einen Ort. Vor allem jetzt nicht mehr, nach unserer Umstrukturierung“, erklärt Pastorin Ursula Troestler die Entscheidung, das geliehene Kunstwerk weiterzugeben.
Doch wohin damit? Die ungewöhnliche Lösung: Die Pietà zieht nach Grönland – vermittelt über das katholische Bonifatiuswerk. Hilfreich dabei war Uwe Bernzen aus der katholischen Nachbargemeinde Heilig Kreuz in Volksdorf. Der ehemalige Jurist hörte von seinem früheren Kollegen Jürgen Broede, einem Gemeindemitglied der Lutherkirche, von der heimatlosen Pietà. Er hatte die Idee, das Bonifatiuswerk, das sich für katholische Christen in der Diaspora einsetzt, einzuschalten.
So erfuhr die evangelische Gemeinde Wellingsbüttel, dass die katholische Pfarrei Christ König auf Grönland eine Vesperfigur sucht. Die Pfarrei gehört zum Bistum Kopenhagen und umfasst nur 300 Katholiken, die über die ganze Insel verstreut wohnen. Die Transportkosten nach Nuuk, der Hauptstadt Grönlands und Standort der katholischen Kirche, übernimmt das Bonifatiuswerk. Mit dieser besonderen Lösung hätte wohl niemand gerechnet – und dennoch sind alle Beteiligten zufrieden.
Inzwischen hat sich die Pietà auf die Reise gemacht. Zuvor wurde sie in der Lutherkirche feierlich mit einer ökumenischen Marienandacht verabschiedet. Wie zur Einstimmung herrschte an diesem Tag mit Schnee und Eis nahezu arktisches Wetter. „Vielleicht schaffe ich es, in meinem Leben noch einmal die Pietà in Grönland zu besuchen“, hofft Hella Ahrens und schoß zur Erinnerung ein letztes Foto.
Text u. Foto: Leonie von Gönner