Was uns diese Woche bewegt
Nie wieder ist jetzt!

Brillen. Haare. Koffer mit Namen, die trügerisch ein Wiedersehen versprechen. Und Kinderschuhe in verblassten Farben und mit zerfallenden Schnürsenkeln. Welches Mädchen, welcher Junge mag sie getragen haben? Und konnte sie nie wieder tragen…. konnte nie mehr fröhlich lachend damit über die Straße rennen, in Pfützen springen, zur Schule gehen, Geburtstag feiern. Nie mehr.
Vor allem das sind die Bilder, äußere und innere, die mir von meinem Besuch in Auschwitz-Birkenau für immer bleiben werden. Weil sie mehr als alle Zahlen über das größte Vernichtungslager der Nazis davon erzählen, dass jedes dieser Relikte für einen Menschen steht. Mit einer unverwechselbaren Geschichte, mit einer wertvollen Persönlichkeit, mit Träumen und Hoffnungen – mit einem einzigartigen Leben, das an diesem Ort so unvorstellbar brutal beendet worden ist.
Mit meinem Bruder und meiner Schwägerin habe ich kürzlich die polnische Stadt Krakau besucht. Von dort sind wir auch nach Auschwitz gefahren. Teresa – eine der über 300 Gästeführerinnen und Gästeführer, die jedes Jahr über zwei Millionen Besucher über das Gelände begleiten – hat uns die Stacheldrahtzäume und Wachtürme, die Stehbunker und die Todeswand, die Gleise und die Baracken, die Reste der Gaskammern und Krematorien gezeigt. Ganz ruhig, ohne großes Pathos oder Emotionen, erklärte sie uns Ereignisse und Hintergründe. Und ihre unaufdringliche Sachlichkeit war gut. Denn dieser Ort mit seiner so perfid-bösartigen Mordmaschinerie machte viele von uns erstmal stumm. Man hört zu und schaut alles mit eigenen Augen an, liest es schwarz auf weiß, sieht Stein für Stein, geht Meter für Meter über das Gelände, das ein einziger großer Friedhof ist – aber werden wir das jemals wirklich begreifen können? Der Mensch ist eine Bestie, habe ich bei dem Rundgang oft gedacht.
Und doch ist es wichtig, solche Orte zu besuchen und sich dieser Auseinandersetzung zu stellen. Damit wir uns erinnern, damit wir nie vergessen, damit diese Mahnung bleibt und zum Kompass für unser Handeln wird. Denn gerade als Christinnen und Christen müssen wir unverrückbar Haltung zeigen und Stellung beziehen, wenn Menschen – egal, welcher Herkunft, Religion oder Orientierung – diffamiert, gedemütigt, ausgegrenzt und zurückgewiesen werden. Nie wieder ist jetzt!