Anstoss 33/19
Normale Ehe
Eigentlich war alles ganz normal. Alle waren festlich gekleidet, die Musik spielte und der Pfarrer predigte über das Leben und den gemeinsamen Weg, den zwei Menschen miteinander gehen wollen. Hochzeit eben.
Danach das obligatorische Foto, wo alle Gäste möglichst synchron im selben Moment ihr schönstes Gesicht machen sollen. Und dann ab zur Feier, es wird gelacht und getanzt.
Es war nur eine Kleinigkeit, die anders war als gemeinhin in Kirchen üblich. Der Pfarrer erklärte, warum er das, was er tut, tun darf, auch wenn es bis vor kurzer Zeit eigentlich undenkbar war. Und dass es gut ist, und keinen Grund gibt, etwas dagegen zu haben. An so einem Moment ist klar, so normal ist das eigentlich noch nicht. Denn es waren zwei Frauen, die sich mit strahlendem Gesicht ihr „Ja-Wort“ gaben, vor ihren Familien, Freunden und Freundinnen und vor Gott. Deswegen sind sie auch in die Kirche gegangen, damit diese Ehe Bestand hat und unter dem Segen Gottes steht. Nun kann man zu Recht einwenden, dass dies natürlich keine Ehe nach kirchenrechtlichem Verständnis ist. Das zu wissen und sich trotzdem unter den Segen Gottes zu stellen, ist starker Glaube an einen Gott, der größer ist als unsere Theologie. Das mag jetzt theologisches Glatteis sein, aber es ist auch das Vertrauen, dass Gott trotzdem mitspielt, wenn sich den Ehebund Partner(innen) gegenseitig schenken. Ein Gott, von dem mancher ganz genau wissen will, was er will und was nicht. Und diejenigen, die das so genau wissen, und ebenso diejenigen, die sich für keinen blöden Spruch zu schade sind, wenn zwei Menschen heiraten, die sich lieben, auch wenn sie Frau und Frau oder Mann und Mann sind, haben einfach nicht auf ihrem Schirm, dass Liebe eine großartige Sache ist. Und dass sie einen umhauen kann, und das zwei Menschen, die mit diesem göttlichen Dynamit, das Liebe heißt, durchs Leben gehen, einfach darauf vertrauen können, dass Gott Teil dieser Energie ist. Diese Liebe sprengt auch unsere Vorstellungskraft. In diesem Sinn war diese Feier nicht normal. Normal wird es dann, wenn keiner mehr irgendetwas kommentieren muss, wenn Menschen, die sich lieben, heiraten, ob sie homo oder hetero sind.
Guido Erbrich, Magdeburg