Öffnung unter strengen Regeln
An diesem Sonntag werden nach sieben Wochen Unterbrechung wieder Gottesdienste in den Kirchen gefeiert. Die Bundesländer erlauben eine erste Lockerung der Corona-Auflagen. Allerdings mit Einschränkungen.
Auf der Internetseite der Pfarrei Herz Jesu in Rostock bekommen die Gläubigen Zugang zu einer Doodle-Terminplanung. Was sonst benutzt wird, um mit vielen Beteiligten per Computer Termine auszumachen – Wer kann wann? –, dient jetzt zu einer Anmeldung zum Gottesdienstbesuch. Wer keinen Computer hat, kann beim Gemeindeteam oder im Gemeindebüro einen Platz reservieren lassen. „Ein Empfangsdienst (Ordner) wird die Anwesenheit überprüfen und mit den Anmeldelisten abgleichen sowie auf die Einhaltung der Schutzmaßnahmen achten“, kündigt die Pfarrei an. Die Gläubigen sollen einen Zettel mit Namen und Anschrift in einen Kasten werfen. So kann im Fall einer Ansteckung zurückverfolgt werden, mit wem der Erkrankte in der Kirche in Kontakt gekommen ist.
Näheren Kontakt wird es allerdings nicht geben. Die Hygiene- und Abstandsgebote sind nach wie vor streng. Pro zehn Quadratmeter ist eine Person in der Kirche zugelassen. In einem großen Raum wie der Rostocker Christuskirche wird eine ansehnliche Gemeinde zusammenkommen. In den kleinen Diasporakirchen führt die Beschränkung zu Problemen. Schleswig-Holstein hatte ursprünglich 15 Quadratmeter Raum Leerraum gefordert. Das stieß auf Kritik von Kirchen und Politik. „Die Umsetzung dieser Regel ist für unsere kleinen Diaspora-Gemeinden unmöglich“, sagte die Leiterin des Katholischen Büros Schleswig-Holstein, Beate Bäumer, der Katholischen Nachrichten-Agentur am Montag. Manche Kirchen in Nordfriesland kämen damit auf eine maximale Teilnehmerzahl von unter 15 Personen für ihre Gottesdienste, von denen noch die kirchlichen Mitarbeiter wie Priester, Küster und Organist abgezogen werden müssten. Das komme faktisch einem Verbot gleich.
Ähnlich äußerte sich auch die evangelische Kirche. Daraufhin hat das Landeskabinett am Dienstag die Auflage korrigiert. Auch in Schleswig-Holstein gilt jetzt: ein Gottesdienstbesucher auf zehn Quadratmeter Kirchenraum.
Auch Hamburg hat in dieser Woche die öffentlichen Gottesdienst e wieder erlaubt. Die „Veranstalter“ müssen sicherstellen, dass ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Besuchern sowie die geltenden Hygiene-
regeln eingehalten werden, wie Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Dienstag in der Hansestadt sagte.
Die neue Regelung sei im Einvernehmen mit den Religionsgemeinschaften getroffen worden, betonte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Auch in den anderen Ländern gab es Gespräche mit den Kirchen, den jüdischen Gemeinden und den muslimischen Verbänden. Katy Hoffmeister, Justizministerin von Mecklenburg-Vorpommern, lobt die Kirchen ausdrücklich: „Die Kirchen und Religionsgemeinschaften haben mit dem notwendigen Verzicht auf öffentliche Gottesdienste trotz hoher Feiertage in den vergangenen Wochen einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Corona-Ausbreitung einzudämmen“, sagt die für Kirchenfragen zuständige Ministerin in einer Pressemitteilung. „Ich danke den Kirchen und den Religionsgemeinschaften für ihre konstruktive Kooperation. Hier wird deutlich, dass wir alle an einem Strang ziehen, um die Ausübung der Religionsfreiheit mit dem Infektionsschutz in Einklang zu bringen.“
Die Auflagen bleiben aber immer noch drastisch. Dazu gehört die „dringende Empfehlung für alle Anwesenden“, Masken zu tragen, der Mindestabstand von 1,5 Metern oder die Pflicht, die Identität der Gottesdienst-Teilnehmer festzuhalten. Spezielle Regeln für die katholischen Gottesdienste soll es in einer Anweisung des Erzbistums geben, die zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe am Dienstag noch nicht vorlag.
Wo welcher Gottesdienst am Sonntag und auch werktags gefeiert werden kann, wird jede Pfarrei je nach ihren räumlichen und personellen Möglichkeiten entscheiden. Kein Geistlicher und kein Mitarbeiter oder Ehrenamtlicher in den liturgischen Diensten soll aber zur Gottesdienstfeier mit Gemeinde gezwungen werden, war im Vorfeld zu hören. Schließlich gehört ein großer Teil von ihnen zu Risikogruppen. Es sind Menschen im vorgerückten Alter.
Text: Andreas Hüser/kna