„Schöpfungszeit“ auf der Bundesgartenschau eröffnet

„Ökologische Reformation“

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Im Kirchenpavillon auf der Bundesgartenschau in Erfurt wurde die „Schöpfungszeit“ eröffnet. Landesbischof Friedrich Kramer und Bischof Ulrich Neymeyr hatten zum Mittagsgebet eingeladen. Projekte stellten sich vor.

Das Projekt „Zukunft säen“ der evangelischen Kirchgemeinde Ballhausen wurde mit dem ersten Preis des Wettbewerbs „Ins Herz gesät“ ausgezeichnet.    Fotos: Holger Jakobi

 

Ähnlich der Friedensdekade im November gibt es vom 1. September – dem Weltgebetstag für die Schöpfung – bis zum 4. Oktober – Gedenktag des heiligen Franz von Assisi – eine Schöpfungszeit, in der auf vielfältige Weise an das Thema Umwelt- und Klimaschutz und die Verantwortung der Menschen zum Thema erinnert wird. In diesem Jahr wurde die Aktion im Kirchenpavillon auf der Bundesgartenschau (BUGA) eröffnet. In der„Schöpfungszeit“ wird weltweit täglich mit Gedanken, Gebeten, Gesprächen und Handlungen zu Achtsamkeit gegenüber der natürlichen Umwelt der Menschen und zu einem sparsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen aufgerufen.

„Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten“
An dem Gottesdienst im Kirchenpavillon der BUGA mit den beiden Bischöfen Friedrich Kramer (Evangelische Kirche in Mitteldeutschland) und Ulrich Neymeyr (Bistum Erfurt) nahm auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow teil. Der Linken-Politiker verband das Anliegen zur Wahrung der Schöpfung mit dem Weltfriedenstag. Er forderte unter anderem ein Unterlassen von Konfliktlösungen mit militärischen Mitteln.
Bewahrung der Schöpfung bedeute bei Weitem nicht nur Klimaschutz oder Arterhaltung, betonte Landesbischof Friedrich Kramer. Um die Erde bewohnbar zu halten, werde eine neue Einsicht und Grundhaltung, eine neue „ökologische Reformation“ benötigt. „Machen wir uns bewusst, in welcher Fülle und welchem Überfluss wir schon heute leben. Sagen wir, wo immer es geht: Es ist genug“, so Kramer. Christen wüssten sich gegenüber Gott in der Verantwortung für die den Menschen anvertraute Erde, erklärte Bischof Ulrich Neymeyr.

 

Christoph Arenhövel vom Katholikenrat kritisierte, dass die Fragen der Schöpfung in vielen Gemeinden noch immer kein Thema sind.


Ein eigens geschaffener Wandkalender soll helfen, die Idee der „Schöpfungszeit“ zu verbreiten und zu stärken. Initiator des Kalenders ist ein ökumenisches Netzwerk von derzeit 31 kirchlichen Trägern wie Landeskirchen, Hilfswerken, Bistümern, Akademien und Stiftungen mit dem Namen „Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten“. „Wir verstehen uns als Suchbewegung und Zukunftswerkstatt für Kirche und Gesellschaft“, sagte Koordinatorin Constanze Latussek, die das Netzwerk vorstellte. Sie verwies darauf, dass der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer den Beteiligten geraten hatte, nicht in große „Träumereien“ zu verfallen, vielmehr solle eine „Priorität der kleinen Tropfen“ die Arbeit prägen. Constanze Latussek: „Als Erstes müssen wir immer auf uns selbst schauen, was wir konkret tun können.“ Latussek forderte, endlich auch die energetische Sanierung von Kirchen und kirchlichen Häusern anzugehen. Die Koordinatorin bedauerte zudem, dass die Papiere und Ideen von „Umkehr zum Leben“ die Christen derzeit nur schwer erreichen. Innerhalb der Kirchen seien die im Netzwerk Engagierten noch immer eher eine Subkultur.
Auch der Sprecher des Arbeitskreises Laudato Si des Katholikenrates, Dr. Christoph Arenhövel aus Oberweimar, drückte sein Bedauern aus, dass die Umweltenzyklika des Papstes mit gleichem Namen kaum in der Kirche und den Gemeinden vorkomme. „Für zu viele ist dies noch immer kein Thema“, kritisierte Christoph Arenhövel.
In der Andacht wurden die Preisträger des ökumenischen Wettbewerbs „Kirchen-Grün“ bekanntgegeben. Zu dem Wettbewerb hatten das Bistum Erfurt und die EKM im Rahmen der BUGA aufgerufen. „Unter den eingegangenen 23 Bewerbungen sind viele kreative Ideen und beeindruckende zukunftsweisende Projekte vertreten gewesen“, sagte die BUGA-Beauftragte der Kirchen, Marion Müller in ihrer Einleitung.

Beeren-Naschgarten und Hotels für Insekten
Der mit 1000 Euro dotierte erste Preis ging an das Projekt „Zukunft säen“ der Kirchengemeinde Ballhausen im Unstrut-Hainich-Kreis. Es überzeugte unter anderem mit Themenbeeten zu Heilpflanzen nach Hildegard von Bingen, essbaren Blüten, Insektenfreundlichkeit und Saatgutgewinnung, hieß es. Zudem gehörten ein Beeren-Nasch-Garten, ein Insektenhotel, die Haltung von vier Bienenvölkern und einem Schau-Bienenstock, ein Kinderspielplatz, Sitzflächen und Informationstafeln sowie Obstbäume und ein Wiesenlabyrinth zu den Aktivitäten, erklärte die Jury.

 

Eine Initiative der Kirchgemeinden am Gera-Radweg setzt sich für Insektenhotels ein.


Der zweite Preis und 750 Euro gingen an das Pfarramt Elxleben im Landkreis Sömmerda für seine Insektenkirchen am Gera-Radweg. Im ersten Lockdown der Pandemie kam die Idee, die Kirchen vor Ort einfach als Modelle mit allem, was ein Insektenhotel so braucht, nachzubauen und vor die Gotteshäuser zu stellen. Für die BUGA entstand eine kleine Peterskirche, die von Insekten aller Art künftig genutzt werden kann. Den dritten Preis und 500 Euro erhielten die Pflanzen- und Samentauschbörsen im Kirchenkreis Sangerhausen.
Weiter wurde ein Anerkennungspreis in Höhe von 150 Euro vergeben, der vom Evangelischen Kirchenkreis in Erfurt auf 250 Euro aufgestockt wurde. Geehrt wurde das Engagement der evangelischen Kirchgemeinde Pouch bei Bitterfeld bei der ökologischen Umgestaltung ihres Friedhofs. Die Initiative dazu ging von Pfarrerin Bettina Lampadius-Gaube aus. Zusammen mit dem Gemeindekirchenrat und unter Einbeziehung der Bevölkerung ging es los. Auch haben die Poucher den Anspruch, ein Modellfriedhof für andere Dorffriedhöfe zu sein. „Natürlich ist es eine große Herausforderung, solch einen sensiblen Ort anzugehen“, sagt die Pfarrerin. Doch es gibt gute Gründe. So steige die Zahl der Urnenbestattungen. In Pouchliegt sie bei 90 Prozent. Die meisten der Bestattungen finden auf der „Grünen Wiese“ statt. „Die meisten Angehörigen kommen trotzdem regelmäßig dorthin, um Blumen abzulegen, zu trauern“, sagt Bettina Lampadius-Gaube. „Deshalb wollen wir zeigen, dass es auch Grabstellen gibt, die keine ungewollten Pflichten mit sich bringen müssen.“ Ein Stein ohne Einfassung zum Beispiel. Oder Bäume auf dem Friedhof, unter denen Platz ist für Urnen – ähnlich einem Friedwald. Zudem soll der Friedhof in Pouch parkähnlich gestaltet werden und zur Erholung einladen.

(jak/mz)