Nacht der Kirchen in Nordhorn
"Ökumene öffnet das Herz"
Foto: Petra Diek-Münchow
Sebastian Hamel steht in der Kreuzkirche und schaut sich mit einem Lächeln um. „Das ist die älteste der vier lutherischen Kirchen in Nordhorn und eine wirklich schöne“, sagt der 37-jährige Journalist. „Hier werde ich bei der Langen Nacht sicher hereingucken.“ Dann zeigt er noch das Mosaik vom himmlischen Jerusalem an der Chorwand und den Ambo darunter. Diesen Platz kennt der lutherische Christ besonders gut, regelmäßig steht er hier als Lektor vor der Gemeinde.
Wobei seine Aufgabe anders aussieht als beim Lektorendienst in der katholischen Kirche. Hamel bereitet die Wortgottesdienste mit Gebeten, Liedern und der Predigt vor und leitet sie auch eigenverantwortlich: in mehreren lutherischen Kirchen in Nordhorn und mit sichtbarer Freude. „Ich möchte den Leuten etwas Gutes mitgeben“, sagt er und lädt auch Freunde aus anderen Konfessionen dazu ein.
Denn das ökumenische Miteinander findet er zutiefst bereichernd. Sebastian Hamel hat sich immer interessiert für die Unterschiede in Ritus und Liturgie – begreift sie aber nicht als Schranke, sondern als das, was jede Konfession prägt. „Ohne, dass das eine besser oder schlechter ist als das andere. Jesus hätte nicht gewollt, dass sich die Menschen seinetwegen streiten.“ Respekt, Achtung, Toleranz – das sind seine Stichworte. „Wir verlieren doch nichts, wenn wir auf die andere Konfession zugehen, wir gewinnen doch nur dazu. Ökumene öffnet das Herz.“ Und wenn bei einem ökumenischen Pfingstgottesdienst alle Gäste zusammen „Großer Gott, wir loben dich“ anstimmen, kriegt er „Gänsehaut“.
Glaube fühlt sich an wie behütet sein.
Dass Christ sein viel mit Herz und Offenheit zu tun hat, erlebt er in seiner Familie. Hamel ist geboren und aufgewachsen in Nordhorn, evangelisch getauft in der hessischen Heimat der Eltern. Kirche war und ist zu Hause Teil des Alltags. Er erzählt von der Oma, die jahrzehntelang als Lektorin in verschiedenen Dörfern unterwegs war. Von der Mutter, die seine Schwester und ihn in Kindertagen mit einem Gebet und Bibelgeschichten zu Bett gebracht hat. Und von dem Vater, der bis heute im Posaunenchor und einer Umweltgruppe der Gemeinde aktiv ist. Glaube fühlt sich für ihn wie „behütet sein“ an. „Ich weiß, da passt jemand auf mich auf, der mich hält und trägt.“ Und die Kirchen in Nordhorn, womit er alle meint, sind für ihn Orte, „wo man bedingungslos willkommen ist“.
Daraus spricht auch seine berufliche Erfahrung. Nach dem Lehramtsstudium in Mathematik, Deutsch und evangelischer Religion in Kassel und einer Anstellung an der Universität wechselt er in den Journalismus. Er macht eine Ausbildung bei der Tageszeitung in Nordhorn, arbeitet danach als freier Journalist. Genau das macht ihn mit vielen Konfessionen in der Grafschaft Bentheim und darüber hinaus vertraut. Er schreibt seit mehreren Jahren unter anderem für den Kirchenboten, für die Caritas und seit kurzem auch für die reformierte Landeskirche. „Anfangs musste ich ein paar neue Vokabeln lernen“, sagt er. Aber zu erfahren, was der Pfarrgemeinderat in katholischen Kirchengemeinden für Aufgaben hat und was die Eucharistie bedeutet, das fasziniert ihn. Zudem schätzt er so manches katholische Kirchenlied.
Das eine oder andere wird er bei der Langen Nacht der Kirchen in Nordhorn sicher hören. Das Event ist für ihn ein gutes Beispiel für die selbstverständlich gelebte Ökumene in der Grafschaft Bentheim. Er freut sich auf den Spaziergang von Kirche zu Kirche. Bei den Baptisten wird er vielleicht biblische Geschichten auf Plattdeutsch hören, die St.- Augustinus-Kirche als geistlichen Raum erleben oder bei den Altreformierten ein Musical sehen. „Mal sehen, wo ich überall reinschaue.“
Die Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen in Nordhorn lädt am Freitag, 30. August, ab 18 Uhr zu einer Langen Nacht in die sechs Kirchen der Innenstadt ein (Infos: www.ack-nordhorn.de). Am Samstag, 24. August, gibt es ebenfalls eine Lange Nacht der Kirchen in Lingen, am Freitag, 13. September, auch in Papenburg.