Internationale Soldaten-Wallfahrt nach Lourdes
Ort der Gegensätze und Gemeinschaft
Zwischen Trubel und Stille: 12.000 Soldaten sind in diesem Jahr zur internationalen Wallfahrt nach Lourdes gepilgert.
Wer durch das französische Lourdes streift, kann sich über diesen Ort nur wundern. Der Versuch, das kleine Städtchen mit nur wenigen Worten zu beschreiben, scheitert kläglich. Zu eigen, zu gegensätzlich, zu verwirrend ist die Ansammlung von Pilgern, unzähligen Hotels und Souvenirläden, lauten Cafes und dem Heiligen Bezirk, der trotz seiner beträchtlichen Größe von andächtiger Stille erfüllt ist.
Kaum zu glauben angesichts Tausender Soldaten, die sich seit Freitag in Lourdes aufhalten. Sie alle sind zur 61. Internationalen Soldatenwallfahrt angereist - aus über 40 Nationen. 12.000 Militärangehörige waren in diesem Jahr dabei.
Das Stadtbild ist geprägt von den verschiedensten Militäruniformen, aber auch den Spielmannszügen und Musikkorps, die sich zu jeder Tageszeit im Gleichschritt durch die engen Straßen schlängeln. Ihre zackigen Melodien und Gesänge sind schon von weitem zu hören. Sie streben zum religiösen Zentrum von Lourdes - dem Heiligen Bezirk.
Hier liegt die bekannte Grotte von Massabielle, die Rosenkranzbasilika mit ihrem überdimensionierten goldenen Kreuz und auch die heilige Quelle von Lourdes, die Bernadette Soubirous (1844-1879) Mitte des 19. Jahrhunderts auf Geheiß der Gottesmutter Maria mit bloßen Händen gegraben haben soll.
Für die Soldatinnen Melanie Eilts und Jamie-Lee Voß vom "Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst Ostfriesland" ist der abendliche Besuch der Grotte zu ihrem ganz persönlichen Wallfahrts-Ritual geworden. "Lourdes ist eine ganz eigene Welt", sagt Eilts. "Auf der einen Seite eine Reizüberflutung mit all den Souvenirläden und Cafes in den Straßen und auf der anderen Seite die Ruhe des Heiligen Bezirks."
Große Verbundenheit
Die Verbundenheit unter den Soldaten sei groß, erzählt Voß, trotz Sprachbarrieren. Männer und Frauen in Uniform etwa im Gebet vor den weißen Kerzen für gefallene Kameraden im Heiligen Bezirk zu sehen, sei "einfach ergreifend. Man fühlt mit", stimmt Eilts zu.
Von der besonderen Atmosphäre der Stadt berichten auch andere Teilnehmer der Wallfahrt: "So viele Soldaten aus anderen Nationen zu treffen, ist wirklich beeindruckend", erzählt Captain Frank, der seinen Nachnamen lieber für sich behält. Er ist Teil der US-Streitkräfte und zum ersten Mal in Lourdes. "Es gibt viele kulturelle Unterschiede zwischen den Soldaten hier", stellt er fest, "aber gleichzeitig auch so viele Gemeinsamkeiten".
Die Trauer um gefallene Kameraden scheint eine dieser Gemeinsamkeiten zu sein, auch über nationale Grenzen hinweg. Frank berichtet von einer Prozession der US-Soldaten zu Ehren französischer Kameraden, die vor kurzem im Einsatz getötet wurden. Die Angehörigen des französischen Militärs in Lourdes seien von der Anteilnahme und der Geste der Amerikaner sehr berührt gewesen, sagt er.
Den Geist von Lourdes zeigt sich auch nachts auf den Straßen, in den kleinen Cafes und Restaurants, wenn Soldaten aus allen Teilen der Welt miteinander feiern und eine altbekannte Tradition der Internationalen Soldatenwallfahrt pflegen: den Tausch von Abzeichen und anderen Teilen der Uniform. Bundeswehrsoldatin Eilts hat schon mal vorgesorgt und gleich ein paar Abzeichen mehr mitgebracht. Solange die Uniformen erkennbar bleiben, haben auch die eigenen Vorgesetzten nichts gegen diesen Brauch einzuwenden.
Die Einwohner von Lourdes haben sich längst an den Trubel in ihrer Stadt gewöhnt. Abseits des Heiligen Bezirks leben sie wie in jeder anderen französischen Kleinstadt, erzählt Corinne Albert, die in einem der zahllosen Souvenirläden arbeitet. Neben traditionellen Kerzen, Kreuzen und den allgegenwärtigen Plastikbehältern zum Abfüllen des Lourdes-Wassers gibt es auch blinkende Marienstatuen und fluoreszierende Rosenkränze zu kaufen.
"Wenn die Soldaten kommen, verändert sich die Stadt", sagt Albert: "Natürlich unterscheiden sie sich von anderen Pilgern. Alleine wegen ihrer Uniformen. Sie singen und marschieren durch die Straßen, aber wie alle anderen kommen auch die Soldaten nach Lourdes, um zu Maria zu beten und ihren Glauben zu leben."
kna