Requiem für Georg Ratzinger
Papstbruder in Regensburg beigesetzt
Der ehemalige Regensburger Domkapellmeister Georg Ratzinger ist beigesetzt worden. Bei der Trauerfeier würdigten Kirchenvertreter seine "Doppelberufung" als Priester und Musiker. Ratzingers Bruder, Papst Benedikt XVI., verfolgte die Zeremonie per Livestream.
"Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen Gnade über Gnade." Dieses Zitat aus dem Beginn des Johannes-Evangeliums hatte sich Georg Ratzinger 1951 als Primizspruch ausgesucht. In seiner Heimatkirche Sankt Oswald in Traunstein feierte er am 8. Juli die erste Heilige Messe als frisch geweihter Priester. 69 Jahre später fand genau an diesem Tag im Regensburger Dom das Requiem für den langjährigen Leiter der Regensburger Domspatzen statt. Neben einem Porträtfoto des am 1. Juli gestorbenen Papstbruders stand sein Primizkelch, auf ein Notenblatt hatte man seine Stimmgabel gelegt.
"Wir werden gut auf Ihren Bruder schauen", hatte der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer vor wenigen Tagen dem früheren Papst bei dessen Verabschiedung am Münchner Flughafen versprochen. Der gleichfalls gesundheitlich angeschlagene, drei Jahre jüngere Benedikt war überraschend am 18. Juni mit einer kleinen Delegation aus Rom ans Krankenbett von Georg geeilt - und fünf Tage geblieben. Neunmal fanden sie in dieser Zeit zueinander, "mit wenigen Worten, mit den vertrauten Gesten und vor allem im Gebet", wie Voderholzer den Besuch hinterher beschrieb. Es sollte das letzte Wiedersehen der Brüder sein - in diesem Leben.
Zum Trauergottesdienst war Benedikt nicht erneut angereist. Aber er verfolgte ihn per Livestream wie viele andere, die nicht unmittelbar dabei sein konnten. Das Bistum hatte sich Übertragungskapazitäten für eine sechsstellige Zuschauerzahl gesichert.
Gut 200 Personen durften den Corona-Regelungen entsprechend am Requiem teilnehmen, darunter kirchliche Prominenz wie die Kardinale Reinhard Marx (München) und Gerhard Ludwig Müller (Rom). Auch Gloria von Thurn und Taxis und der frühere Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Albert Schmid, sowie Vertreter der Domspatzen. Mit dem Ortsbischof am Altar standen der Apostolische Nuntius Nikola Eterovic und der Privatsekretär des früheren Kirchenoberhaupts, Erzbischof Georg Gänswein.
Ausgerechnet beim Abschied des langjährigen "Cheefs" der Domspatzen, wie der Domkapellmeister von seinen Sängern genannt wurde, durfte der aktuelle Chor aufgrund der Auflagen nicht in in Aktion treten. Es sang ein Ensemble aus 16 Ehemaligen.
Benedikt XVI. sagt "Vergelt's Gott"
Bischof Voderholzer unterstrich in seiner Predigt den hohen Stellenwert der Musik für den Gottesdienst. Diese sei nicht nur Umrahmung, sondern selbst ein "Medium der Evangelisierung". In seiner "Doppelberufung" als Priester und Musiker habe das der Verstorbene zeitlebens verkörpert. Dies sei auch sein Vermächtnis an die Kirche.
Domkapellmeister Christian Heiß hob hervor, wie sehr Ratzinger den unverwechselbaren, weichen und tiefgründigen Klang der Domspatzen bis heute präge. Sein Wunsch an den Verstorbenen: "Ruhen Sie sich nun aus und freuen Sie sich am verheißenen Paradies und der Musik des Himmels!"
So innig wie die Altgedienten sangen, verliehen sie der Feier einen besonderen Zauber. Dieser erlebte seinen Höhepunkt, als am Ende sechs kleine Domspatzen um den Sarg standen und mit ihren jungen Stimmen das aus Felix Mendelssohn Bartholdys "Elias" stammende Engelsterzett "Hebe Deine Augen auf zu den Bergen von welchen dir Hilfe kommt" intonierten. Georg Ratzinger, so wird berichtet, war selig, wenn er diese berühmte Psalmvertonung dirigierte.
Die wohl schwerste Aufgabe hatte Benedikt seinem Privatsekretär Gänswein mit auf den Weg gegeben. Er hatte einen sehr persönlich gehaltenen Abschiedsbrief des emeritierten Papstes zu verlesen. Immer wieder kämpfte er mit den Tränen, legte Pausen ein, bis er seine Fassung zurückgewann. Benedikts letzte Worte an seinen großen Bruder lauten: "Vergelt's Gott, lieber Georg, für alles, was Du getan, erlitten und mir geschenkt hast!"
Seine letzte Ruhe fand der Domkapellmeister auf dem Unteren Katholischen Friedhof der Stadt. Dort wurde bereits sein Vorgänger Theobald Schrems (1893-1963) beigesetzt.
(kna)