Für welche Partei sollen sich Christen bei der Bundestagswahl im September entscheiden? Eine Studie kann helfen.

Parteiprogramme unter der Lupe

Image

Für welche Partei sollen sich Christen bei der Bundestagswahl im September entscheiden? Eine Studie, die die Katholische Erwachsenenbildung Sachsen in Auftrag gegeben hat, kann bei der Entscheidung helfen.

Präsentieren die Studie: Frank Seibel, Vorsitzender der KEBS (vorn links), Stefan Gassmann, Mitarbeiter der KSZ (vorne rechts), Thomas Arnold, Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen (hinten links), und Sebastian Kieslich, Leiter der KEBS und Rektor des Bildungsguts Schmochtitz Sankt Benno (hinten rechts). - Foto: privat


Von Tomas Gärtner
Christen und allen, denen sozial- ethische Standards in der Politik wichtig sind, können sich rechtzeitig vor der Bundestagswahl am 26. September über die Positionen der wichtigsten Parteien informieren. Die Katholische Sozialwissenschaftliche Zentralstelle (KSZ) in Mönchengladbach hat jetzt deren Wahlprogramme analysiert und die Ergebnisse in einer 31 Seiten umfassenden Studie zusammengefasst.
Von den 53 Parteien, die sich zur Wahl stellen, werden sieben die meisten Chancen eingeräumt, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen. Es sind jene, die seit der letzten Wahl von 2017 im Bundestag vertreten sind: CDU und CSU, SPD, AfD, FDP, Die Linke sowie Bündnis 90/Grüne. Verbindliche Informationen über deren Ziele geben nur die Wahlprogramme. Denn auf deren Grundlage werden nach dem Urnengang Koalitionen und Regierungsprogramme geschmiedet.


Wirtschafts- und Sozialpolitik im Blick
Unter die Lupe genommen haben die Wissenschaftler der KSZ die Wahlprogramme nach den Kriterien der katholischen Soziallehre. Konzentriert haben sie sich auf Aussagen zu Wirtschafts- und Sozialpolitik, Corona, Innerer Sicherheit, Entwicklungszusammenarbeit, Migration, Klima, Familien- und Genderpolitik, Lebensrecht, Bildung und Religion.
„Hinter dem christlichen Menschenbild stehen die Sozialprinzipien der Personalität, des Gemeinwohls, der Solidarität, Subsidiarität und Nachhaltigkeit“, erläutert Sebastian Kieslich, Leiter der Katholischen Erwachsenenbildung Sachsen (KEBS), die der KSZ den Auftrag zu dieser Studie erteilt hatte. Menschen wegen ihrer Herkunft, Religion oder Weltanschauung auszugrenzen, sei mit dem christlichen Glauben unvereinbar. Daher sollten Christen Kandidaten und Parteien wählen, die sich für eine offene und plurale Gesellschaft einsetzen. Die Arbeitshilfe zur Wahlentscheidung ist jedoch nicht nur für Christen gedacht. KSZ-Mitarbeiter Stefan Gaßmann: „Jeder, der die Grundhaltung teilt, der Staat ist nicht um seiner selbst willen da, sondern zum Schutz der Würde eines jeden Menschen, findet hier Grundorientierung.“
In Hinsicht auf die Würde des Einzelnen, das christliche Menschenbild, konstatiert KSZ-Direktor Peter Schallenberg bei der Mehrzahl der Parteien Übereinstimmung. Einige Ausnahmen gebe es bei der Linkspartei, mehr aber noch bei der AfD. „Dort finden wir eine sehr starke Betonung der Nation und der Identität. Das ist der katholischen Soziallehre fremd.“
Zur Sozialen Marktwirtschaft und ihrer ökologischen Weiterentwicklung bekennen sich alle Parteien, außer der Linken, so die Studie. Unterschiede gebe es beim Thema Steuern. Steuererhöhungen seien akzeptabel, sollten aber Wirtschaft und Arbeitsmarkt nicht hemmen.
Als einen aus Sicht der christlichen Soziallehre wesentlichen „Lackmustest“ nennt Schallenberg den Schutz menschlichen Lebens, sowohl des ungeborenen wie auch des unheilbar tod- kranken. Nehme man Ehe und Familie hinzu, scheine auf den ersten Blick die AfD klassischen katholischen Auffassungen zu entsprechen. „Ich fürchte aber, dass das ein im Schaufenster der Werbung um Wählerstimmen geschickt ausgelegter Köder ist, der nicht das hält, was er zu versprechen scheint.“
Die deutlichste Nähe zur katholischen Soziallehre bei diesem Thema erkennt Schallenberg bei CDU/CSU. Die FDP fordert die Abschaffung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbruch (§ 219a Strafgesetzbuch). Grüne, SPD und Linkspartei wollen Schwangerschaftsabbruch (§ 218) überhaupt nicht im Strafrecht regeln. Schallenberg betont: „Die völlige Freigabe der Abtreibung wäre für die katholische Soziallehre nicht hinnehmbar.“

Die Studie im Internet: www.ksz.de
Die Katholische Akademie stellt die Studie in der Reihe vor „Vom Vertrauen auf ‚die schlechteste Staatsform‘ (Winston Churchill) - Christliches Demokratieverständnis in Zeiten der Pandemie“ am 13. September im Bildungsgut Schmochtitz Sankt Benno; am 14. September im Kathedralforum Dresden, Haus der Kathedrale; am 15. September in Chemnitz, Gemeindezetrum St. Nepomuk; am 16. September in Freiberg, TU Bergakademie, Institut für Mineralogie, Großer Hörsaal (WER-1045) vor (Beginn jeweils 19.30 Uhr).