Religionsunterricht – wie geht es jetzt weiter?
Am vergangenen Montag beschäftigte sich ein Symposium im Congresscentrum Hannover mit dem gemeinsamen christlichen Religionsunterricht. Der Kultusminister begrüßt den Schritt und bezeichnet ihn als „mutig“.
Die Pläne der beiden großen Kirchen, einen gemeinsamen christlichen Religionsunterricht (CRU) in Niedersachsen einzuführen, stoßen auf positives Echo. Der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) lobte am Montag den bundesweit einmaligen Vorschlag. „Ich finde diesen Weg ausgesprochen mutig und ausgesprochen richtig“, sagte er bei einer Tagung in Hannover. Vor der Umsetzung seien jedoch von Seiten des Landes noch einige fachliche und rechtliche Fragen zu prüfen. Dies solle auf konstruktive Weise geschehen, versprach Tonne.
Die katholischen Bistümer und evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen hatten im Mai vergangenen Jahres einen Vorschlag für einen „gemeinsam verantworteten christlichen Religionsunterricht“ vorgelegt. Er soll über die bisherige bloße Kooperation der beiden Kirchen bei ihren jeweils eigenen Religionsunterrichten hinausgehen. So ist etwa an die Entwicklung eines gemeinsamen Lehrplans gedacht.
Nach Abschluss eines knapp anderthalbjährigen Beratungsprozesses wollen die Kirchen eigenen Angaben zufolge noch in diesem Jahr in Verhandlungen mit der Landesregierung eintreten.
Auch kirchliche Fachleute und ein Verfassungsrechtler äußerten sich bei der Tagung vorwiegend positiv zu dem neuen Modell. „Nach meiner Einschätzung gewinnt der Religionsunterricht durch die ökumenische Öffnung an geistlicher Tiefe und existenzieller Dichte“, sagte etwa die katholische Theologin Dorothea Sattler. Zu prüfen sei, ob nicht auch andere Konfessionen wie Freikirchen und Orthodoxe in das Modell mit einbezogen werden könnten. Auch müsse eine ökumenische Bildung beteiligter Religionslehrer sichergestellt werden. (kna)
Die Mühen der Ebene
Die KiZ hat zum Stand des Prozesses des gemeinsamen Religionsunterrichts nachgefragt bei Jörg-Dieter Wächter, dem Leiter der Hauptabteilung Bildung im Bischöflichen Generalvikariat in Hildesheim.
Wie sieht der aktuelle Stand des Prozesses zum „gemeinsam verantworteten christlichen Religionsunterricht“ (CRU) aus?
Nach dem Symposion in Hannover sind keine weiteren Beratungsveranstaltungen geplant. Das Symposion hat die Erkenntnisse des Beratungsprozesses zusammengetragen, sodass die leitenden Geistlichen nun eine Entscheidung treffen können, wie mit dem Konzept des CRU weiter verfahren werden soll.
Vor ein paar Monaten gab es ein entsprechendes Rechtsgutachten. Folgt das Land Niedersachsen der dort geäußerten Rechtsauffassung?
Das kann ich nicht beantworten, weil wir noch keine Entscheidung der leitenden Geistlichen haben und infolgedessen auch noch nicht verbindlich an das Land herantreten konnten.
Von etlichen Religionslehrerinnen und -lehrern gab es starke Bedenken gegen den CRU. Konnten die inzwischen ausgeräumt werden?
Die weit überwiegende Mehrheit der Religionslehrkräfte hat das Konzept des CRU begrüßt. In den Beratungsveranstaltungen sind die kritischen Stimmen selbstverständlich zu Wort gekommen. Ich glaube, dass nicht alle Kritikerinnen und Kritiker überzeugt werden konnten.
Welche Bedeutung für den weiteren Prozess hatte dieses Symposium?
Ich gehe davon aus, dass es aufgrund des Symposiums noch in diesem Jahr eine Entscheidung geben wird, mit der wir dann an das Land herantreten, um die weiteren Schritte auf dem Weg zum CRU zu konkretisieren.
Welche Auswirkungen erwarten Sie sich im Nachgang zum Symposium gerade auch für die zukünftige Praxis – von Ausbildung über Missio Canonica (für die katholischen Lehrkräfte) und Vokation (für die evangelischen Lehrkräfte) bis hin zum eigentlichen Religionsunterricht?
Wir haben eine detaillierte „roadmap“ erarbeitet, anhand der – nach einer positiven Entscheidung der leitenden Geistlichen – die einzelnen Bereiche wie Ausbildung 1. und 2. Phase, Fortbildungspraxis, Missio Canonica/Vokation, Kerncurricula, Erlasslage, gemeinsame Kommission, und so weiter überarbeitet und an den CRU angepasst werden.
Welche Hürden sind noch konkret zu nehmen?
… die Mühen der Ebene: Entscheidung der leitenden Geistlichen, Gespräche mit dem Land, Umsetzung des Konzeptes.
Bedeutet die Einführung des CRU das Ende des katholischen Religionsunterrichts – besonders auch an den katholischen Schulen? Schließlich haben sich Eltern ja ganz bewusst bei der Schulwahl dafür entschieden, ihr Kind dorthin und nicht auf eine staatliche oder evangelische Schule zu schicken.
In Abstimmung mit dem Bischof und dem Priesterrat haben wir für das Bistum Hildesheim die Möglichkeit eingeräumt, dass die katholischen Schulen am konfessionellen Religionsunterricht festhalten können.
Wie sieht der weitere Zeitplan aus? Wann könnte der CRU frühestens in den Schulen eingeführt werden?
Nicht vor 2024. Die konkrete Einführung, die vermutlich sukzessive erfolgen wird, hängt von der erfolgreichen Abarbeitung der roadmap ab.
Interview: Edmund Deppe