Aktionen zur Fußball-WM in Katar

Requiem und rote Karte

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Mit einem Requiem für die Menschen, die beim Bau der WM-Stadien in Katar gestorben sind, hat in Hannover eine Veranstaltungsreihe begonnen. Und Frauen zeigen bei einer Kampagne des Hilfswerks missio dem Land der Fußball-WM die rote Karte.


Protestieren gemeinsam: Thomas Harling, Marcus Olm und Dirk Schröder vor der St.-Clemens-Kirche in Hannover. Foto: pkh

Steine liegen auf dem Weg zum Altar in der Basilika St. Clemens in Hannover. Die Orgel spielt Furioses: „Dies irae“ erklingt, der „Tag des Zorns“, der Hymnus über das Jüngste Gericht. Es ist ein „Eröffnungsspiel“ der besonderen Art für eine Fußballweltmeisterschaft – eine Totenmesse: „Wir beten heute für Menschen, die wir nicht kennen“, sagt Propst Christian Wirz. Denn das Requiem wird gefeiert für die Arbeiterinnen und Arbeiter, die auf den Baustellen für die Stadien der WM in Katar ums Leben gekommen sind. Schätzungen liegen zwischen 6500 und 15.000 Toten.

Das Requiem ist der Auftakt einer Veranstaltungsreihe, mit der das Fußballmuseum Springe, die Per-Mertesacker-Stiftung und die katholische Kirche in der Region Alternativen zum FIFA-Spektakel bieten. Leitgedanke: „Nicht Katar – eine bessere WM ist möglich.“ Die Reihe setzt einen Schwerpunkt auf die Finalrunden.

„Wir wissen, dass Fußball für viele Menschen eine große Bedeutung hat“, sagt Thomas Harling, Kulturbeauftragter der katholischen Kirche in Hannover. „Gleichzeitig hat der Fußball eine nicht zu unterschätzende gesellschaftliche Verantwortung.“ Die anhaltende Kritik an der Vergabe der WM an Katar, an den Arbeitsbedingungen beim Bau der Stadien, an den ökologischen Folgewirkungen und nicht zuletzt an der Menschenrechtssituation im Emirat wird in der Veranstaltungsreihe aufgegriffen: „Mit Begeisterung für das Spiel, nachdenklich und mitunter humorvoll“, betont Harling. Denn es gehe darum, einen genauen Blick darauf zu werfen, wie Fußball, Macht und Gesellschaft zusammenhängen. 


Steine vor dem Altar symbolisieren die gestorbenen Arbeiter.
Foto: Rüdiger Wala

„Fußball ist unsere Leidenschaft, bei uns vergeht kein Tag ohne Fußball“, ergänzt Dirk Schröder, Vorsitzender des Fußballmuseums Springe: „Für uns gibt es daher nichts Schöneres und Aufregenderes als ein Fußballgroßevent wie die WM.“ Doch gerade deshalb könne diese WM nicht unterstützt werden, die in einem Land ohne Fußballtradition und ohne Fußballkultur stattfindet. „Klarer als jemals zuvor ist es bei dieser WM geworden, dass es der FIFA nur noch um Geld, Politik und Sichtbarkeit geht.“ 

Alternativen zum Turnier

Die Organisatoren haben verschiedene Veranstaltungen geplant, die sich zeitlich am Fortgang des WM-Turniers orientieren. Zum Achtelfinale am Samstag, 3. Dezember, kann selbst Fußball gespielt werden – zumindest mit dem Finger. Bei einem Tipp-Kick-Turnier gibt es literarische Einwürfe zum „Schönen Spiel“. Zum Finale wird Professor Stefan Krankenhagen von der Universität Hildesheim aus seinem Buch „Die Poesie des Fußballs“ lesen. Musikalisch wird die Veranstaltung von Leo Harling und Karl Kell mit den Songs der deutschen Fußballnationalmannschaft begleitet. 

„Abseitsfalle“ ist die Alternative zum Viertelfinale am Donnerstag, 8. Dezember, überschrieben. Dabei werden unter anderem Carsten Linke (ehemals Profi und jetzt Aufsichtsrat bei Hannover 96), Tabea Giesecke (Gesellschaft für bedrohte Völker) und Cornelia Johnsdorf (Kirchlicher Entwicklungsdienst) über die WM in Katar, die Menschenrechte und den Fußball des Geldes diskutieren. 

Zum Halbfinale am Donnerstag, 15. Dezember, hat „Der Platzwart“ das Wort. Bruno Brauer und Uwe Janssen werden in Wort und Gesang die Fußballspiele in der Wüste ankreiden. 

„Besser als Messi“: Die Alternative zum Finale verbindet am Samstag, 17. Dezember, den Fußball mit der Königin der Instrumente, der Orgel. Dabei wird das DFB-Pokalfinale von 1992 zwischen Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach (das Hannover als Außenseiter gewann) als Stummfilm gezeigt und von Stephan Graf von Bothmer live an der Orgel begleitet. 

Rüdiger Wala 

www.fussball-macht-gesellschaft.de


Missio-Referentin zeigt Katar die rote Karte


missio-Diözesanreferentin Karin Schuld unterstützt.
die Petition. Foto: missio

Nach Recherchen des Hilfswerks missio leiden in Katar besonders Frauen unter Ausbeutung und sexuellem Missbrauch. Das in Aachen stationierte Hilfswerk hat eine Petition gestartet, damit sich viele Menschen dafür aussprechen, den Frauen, unter ihnen viele Migrantinnen, in Katar zu helfen. Die durch die Fußballweltmeisterschaft erzeugte Öffentlichkeit soll dabei helfen, gegen Ausbeutung und sexuellen Missbrauch vorzugehen und den Golfstaat dafür zu verurteilen. Sinnbildlich haben Frauen aus Deutschland dem WM-Land die rote Karte gezeigt. Dazu gehört auch Karin Schuld, missio-Diözesanreferentin im Bistum Osnabrück. 

Sie unterstützt die Kampagne, „weil es nicht sein darf, dass Frauen, die in Katar vergewaltigt werden, dann wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs angeklagt und verurteilt werden“, sagt sie. missio fordert ein Ende dieser frauenfeindlichen Rechtsprechung und appelliert an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, sich beim Emir von Katar dafür einzusetzen, dass diese juristische Praxis beendet wird.

Unterstützung findet die Petiton auch auf den Philippinen; aus dem Inselstaat kommen viele der Migrantinnen, die nach Katar kommen, weil sie auf Arbeit und ein besseres Leben hoffen. (kb)