Senioren-Besuchsdienste

Richtig plaudern am Telefon

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Viele Senioren sind einsam, Besuchsdienste können oft nur am Telefon Kontakt halten. Aber wie führe ich ein gutes Telefonat? Was mache ich bei schwierigen Gesprächen? Eine Fortbildung der Caritaskonferenzen gibt Tipps.


Telefonieren ist wichtig. Aber man muss dabei auch Gesprächsregeln beachten. Foto: imago Stock@people

Eigentlich war es ein „Zufallstreffer“. Aber die Begegnung geht Michael Günter nicht aus dem Kopf. Nachdenklich berichtet der Osnabrücker von einem Telefonat mit einer Seniorin aus seiner Heimatpfarrei Heilig Kreuz: „Ich wollte mit ihr nur kurz etwas besprechen. Da erzählt sie mir, dass ich für sie der erste Kontakt in dieser Woche sei. Und es war Donnerstag.“ 

Seit vielen Jahren ist Michael Günter in der Vinzenzkonferenz aktiv, kümmert sich mit den Mitgliedern um viele alte und bedürftige Menschen in der Pfarrei. Normalerweise besuchen sie die Senioren, zum Beispiel zum Geburtstag, begleiten und unterstützen sie. Aufgrund der Pandemie geht das gerade nicht. Mit Telefonaten und kurzen Besuchen an der Haustür versuchen die Ehrenamtlichen seit einem Jahr, den Kontakt aufrechtzuerhalten. 

Wie wichtig dieser Einsatz und wie hoch die Dunkelziffer der einsamen Menschen ist, machte Michael Günter dieses Telefonat deutlich: Die Seniorin, von der er sprach, habe eine intakte Familie, sie habe Kinder und Enkel – und sei dennoch einsam. Er bedauert: „Die Menschen sind gestresst, der Alltag ist anstrengend, besonders in den Familien. Man darf sich nicht besuchen. Da werden Oma oder Opa schon mal vergessen.“ 

„Die Renaissance des Telefons“

Dabei können schon kurze Telefonate helfen, Nähe zu schaffen. Monika Sewöster-Lumme, beim Caritasverband zuständig für die Ehrenamtlichen in den Caritas-Konferenzen (CKD), spricht sogar von der „Renaissance des Telefons“, die sie gerade erlebe. Vor allem für Senioren, die sich oft mit dem Internet oder dem Smartphone nicht auskennen, ist ein Gespräch am Telefon derzeit eine wichtige Verbindung zur Außenwelt. Viele Besuchsdienste im Bistum hielten daher per Telefon Kontakt, andere warteten die Situation immer noch ab. 

Aber was mache ich, wenn mein Gegenüber am Telefon schweigt? Oder wenn nur geschimpft wird? Wie führe ich ein gutes Gespräch? In Onlinefortbildungen will der Vorstand der Caritaskonferenzen  Fragen klären und Tipps geben. Sie werden für alle Ehrenamtlichen der CKD im Bistum angeboten. Darüber hinaus hat der Verband eine Broschüre mit Hilfen und Tipps für „FERNGespräche“ am Telefon erstellt, die für zwei Euro bei der CKD erworben werden kann (siehe „Zur Sache“).

Telefonketten für Seniorengruppen 

Monika Sewöster-Lumme möchte mit diesem Angebot auch jenen Ehrenamtlichen entgegenkommen, die die Möglichkeit des telefonischen Kontakthaltens noch nicht entdeckt haben. Aber auch Menschen, die mehr erfahren und ihre Gesprächsführung weiterentwickeln möchten, sollen angesprochen werden. „Telefonieren ist wichtig und kann viel bewirken“, betont die Referentin. Aber man sollte dabei bestimmte Dinge beachten. „Daher haben wir einige Tipps zusammengestellt, die Unterstützung geben“. So sei ein „FERNGespräch“ kein privates Telefonat, sondern eine andere Form, das Ehrenamt auszuüben. 

Nähe und Distanz sollten daher beachtet werden. „Spüren Sie eine Überforderung oder fällt es Ihnen schwer, Ihr Gegenüber einzuschätzen, holen Sie sich Unterstützung“, lautet ein wichtiger Rat der CKD. Oft sei es sinnvoll, den Anruf mit einer Postkarte, einem Flyer oder einer Ankündigung des Angebotes im Gemeindeblatt anzukündigen und eine Sammlung von Themen, Geschichten, Liedern und Gebeten für Gesprächseinstiege und -übergänge parat zu haben. Damit nicht nur die Ehrenamtlichen telefonieren, regt Monika Sewöster-Lumme darüber hinaus  an, zum Beispiel in den Seniorengruppen Telefonketten zu bilden. „So können die Senioren  auch untereinander telefonieren und sich austauschen. Das hat noch mal einen ganz eigenen Wert.“ 

„Die Menschen sind einsam. Das muss raus“

Erfahrungen mit Besuchsdienst-Telefonaten gibt es in den Ortsgruppen der CKD jede Menge. So erzählt auch Herbert Hugl aus der Pfarrei St. Christophorus in Stolzenau, wie wichtig es ist, sich auf ein Besuchsdienst-Telefonat vorzubereiten. Er hält unter anderem Kontakt zu einem 87-jährigen Mann, den er normalerweise im Pflegeheim besucht. „Ich rufe ihn in regelmäßigen Abständen an und bringe ihm auch den Pfarrbrief vorbei“, erzählt er. Am Telefon frage er stets zuerst nach dem Befinden. „Das ist ganz wichtig. Diese Menschen sind einsam, sie können ihre Familie nicht sehen. Das muss raus, darüber müssen sie reden.“ Nach einer gewissen Zeit gehe er aber bewusst auch zu anderen Themen über: „Ich erzählte aus der Pfarrei, was so los ist, wie die Gottesdienste derzeit ablaufen. Damit er auch einmal etwas anderes hört.“ 

Dass die Männer sich von früheren Besuchen kennen, erleichtere die Telefonate enorm, betont Herbert Hugl und zeigt damit auch Grenzen von telefonischen Besuchen auf: „Wenn man sich so gar nicht kennt, ist es oft schwer, am Telefon einen wirklich persönlichen Kontakt herzustellen.“

Astrid Fleute


Unter dem Motto „FERNGespräche schaffen Nähe – Achtsame Besuche“ bieten die Caritaskonferenzen im Bistum verschiedene Onlinefortbildungen mit Referentin Sabine Mierelmeier sowie eine Broschüre mit Tipps für einen telefonischen Besuchsdienst an. Die Broschüre kann bestellt werden unter E-Mail: ssteinkamp@caritas-os.de. Weitere Infos, auch zu den Terminen der Fortbildungen, erteilt die CKD unter Telefon 05 41/34 97 81 68.