Der etwas untypische Geschäftsführer des Kieler Sozialdienstes katholischer Frauen
Rock 'n' Roller mit klarem Kompass
Foto: Marco Heinen
Sein Motorrad, eine Royal Enfield Bullet, ist fast ein Vierteljahrhundert älter als er selbst. Seine musikalischen Vorbilder sind fast alle tot oder längst im Herbst ihrer Karriere angekommen. In seiner Freizeit kleidet er sich mit vollkommen aus der Mode gekommener Mode; Seine Frisur und die Pomade im Haar waren mal der letzte Schrei. Und sehr gläubig ist der Mann auch noch. Ein bisschen viel Old School für einen 50-Jährigen, möchte man meinen.
Doch wer Markus Engelmann kennenlernt, trifft auf einen Menschen, der im Herzen jung ist und ziemlich genau weiß, welche Wurzeln ihm in seinem Leben Halt geben. Seit April 2020 ist der Familienvater kaufmännischer Geschäftsführer des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Kiel, der im Stadtteil Elmschenhagen mit dem St. Antoniushaus eine Einrichtung im Bereich Jugend- und Eingliederungshilfe betreibt. Die Arbeit dort „passt mit meinen Überzeugungen deckungsgleich zusammen“, sagt er.
Seine berufliche Laufbahn begann der aus Kelheim an der Donau gebürtige Bayer als Sozialpädagoge und Sozialarbeiter, er studierte dann in Hannover Soziologie, Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre. Aufgewachsen ist er in einem katholischen Haushalt, in dem er sowohl mit dem in Berührung kam, was er „Marienfrömmigkeit“ nennt, als auch mit der Nähe zum benediktinischen Klosterleben. Seine Eltern waren viele Jahre regelmäßig zu Gast in der Abtei Münsterschwarzach. Er selbst war bei den Pfadfindern und in der Kirchengemeinde aktiv. „Davon habe ich etwas mitgenommen“, sagt er beim Gespräch im schleswig-holsteinischen Kloster Nütschau.
Dort, im Gästekloster an der Trave, habe er „in einer sehr anstrengenden Phase meines Lebens“ mal eine Woche im Stillen Bereich zugebracht und das Kloster „als Ort erlebt, wo ich mich besinnen- und ganz viel Energie auftanken konnte, sodass ich überhaupt erst einmal auf die Idee kam, mich ein bisschen näher nach Nütschau hinzubewegen“, erzählt Engelmann. Dabei habe er auch das Oblatentum kennengelernt, also das Leben nach benediktinischen Regeln in enger Anbindung an ein Kloster. In Oblatenrektor Bruder Willibrord habe er einen geistigen Begleiter gefunden „auf diesem Weg, auf den ich mich gemacht habe“. Und so pflegt Engelmann zum Beispiel mit der Laudes das morgendliche Stundengebet, das er in geistiger Verbindung mit der Ordensgemeinschaft und den anderen Oblaten betet, und schließt auch den Tag mit der Komplet ab. „Das heißt, ich versuche, meinen Alltag immer wieder auf Christus, auf Gott auszurichten und in allen Dingen ihn zu finden, zu suchen und die Arbeit und das Gebet quasi in eins zu bringen.“ Was freilich im dichtgedrängten Arbeitsalltag nicht immer so gut gelingt, wenn die Zeit eher für ein kurzes Gebet, einen Psalm oder einen Moment der Betrachtung in der Hauskapelle des St. Antoniushauses reicht.
Was ihm im Leben wichtig ist, das sieht man auf Markus Engelmanns Haut. Und dazu gehört eben vor allem sein Glaube: Auf seinem linken Bein findet sich vorne Jesus am Kreuz und auf der Wade Maria. „Ich habe keinen Elvis Presley am Körper, aber die Mutter Gottes und auch den Gekreuzigten – sozusagen als Standbein – auf dem ich stehe und der mich hält, trägt und erinnert und begleitet jeden Tag.“ Auch seinen Sohn und dessen Geburtsdatum hat er sich stechen lassen; dessen Geburt war zweifelsohne ein Markstein in seinem Leben. Andere Tattoos zeugen von seinen Hobbys und Leidenschaften wie etwa „Zündkerzen, die Feuer geben“, erläutert der leidenschaftliche Motorradfahrer, der neben seinem Oldtimer auch eine hubraumstarke Yamaha fährt. Und da sind noch „ein Kompass, der mir den Weg zeigt“, Rosen und „Schwalben der Freiheit“.
Rock 'n' Roll, das ist eine andere große Leidenschaft von Markus Engelmann. Die Musik, „die voller Emotionen, voller Power steckt und viele unterschiedliche Wurzeln hat.“ Elvis Presley, Gene Vincent, Little Richard, Jerry Lee Lewis oder auch Johnny Cash haben es ihm angetan. Bei Cash ist es vor allem seine Coverversion des Depeche Mode-Hits „Personal Jesus“, einer der Titel auf Cashs letzter Platte, die in vielfacher Weise den Glauben als Thema aufgreift. „Es sind Menschen, die mich ganz schön beeindrucken, die ganz viel gestaltet haben, sowohl in der Musik als auch in der Gesellschaft – und das spüre ich gerne, wenn ich die Musik höre“, sagt Engelmann, der übrigens selbst Gitarre spielt. „Ein Teil des Rock 'n' Roll ist vom Gospel beeinflusst und da wird auch eine Energie deutlich und spürbar, so wie ich sie auch aus den Gebeten ziehe und das verbindet sich, und das finde ich großartig.“
Zur Person
Markus Engelmann ist seit gut vier Jahren für die wirtschaftlichen Bilanzen des SkF-Kiel e.V. verantwortlich. Leiten lässt sich der 50-jährige Familienvater dabei von seinem Glauben. Privat gehören Rock 'n' Roll, Motorräder, Tattoos und Kampfkunst zu seinen großen Leidenschaften.
Bild Der Gekreuzigte auf dem Schienbein, eine Madonna auf der Wade: Markus Engelmann steht fest im Leben. » Im Rock 'n' Roll steckt eine Energie, eine Power, wie ich sie auch aus Gebeten ziehe. «