Serie zur Fastenzeit, Teil 5
Romantik tut gut
Österliche Bußzeit – so heißen die Wochen vor Ostern. Es ist die Zeit, das eigene Leben zu hinterfragen, falsche Wege zu verlassen und neu zu beginnen. Zum Beispiel in der Partnerschaft. Teil 5 unserer Fastenserie.
„Jede Beziehung wird von ganz alleine schlecht, Sie müssen einfach nichts dafür tun“, sagt Chris-toph Hutter. Der Theologe und Pädagoge arbeitet in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung. Zu ihm kommen Menschen, die ihre Beziehung retten wollen oder die einfach nur den besten Weg zur Trennung suchen.
Dabei standen am Anfang der Beziehung doch die Schmetterlinge im Bauch, die schier unstillbare Sehnsucht nach dem Partner. Davon ist bei einigen nach Jahren nichts mehr übrig. „Dabei muss man nur auf frisch verliebte Paare schauen. Die zeigen, wie es geht“, sagt Hutter. Die kleinen Aufmerksamkeiten oder Nachrichten ohne Anlass, das Verlangen nach gemeinsamer Zeit, Gespräche und körperliche Zärtlichkeiten gehören wohl zum Beginn jeder Beziehung. Es gilt, ein bisschen Romantik über die Jahre zu retten. Aber Vorsicht: „Romantik eignet sich dazu, eine Paarbeziehung anzufangen, aber nicht um eine Paarbeziehung aufrechtzuerhalten“, warnt Hutter. Romantik muss sich weiterentwickeln, „zur Weggefährtenschaft“.
Eine Beziehung braucht Pflege und Zeit, gerade in den Jahrzehnten irgendwo zwischen 30 und 60, in denen alles auf einmal erledigt werden muss: Ehe, Kinder, Karriere, Hausbau. Hutter zitiert Erich Kästner: „Als sie einander acht Jahre kannten, kam ihre Liebe plötzlich abhanden.“ Das ist kein aktives Tun, sondern ein schleichender Prozess. „Das Problem ist, dass die Inkubationszeiten fürchterlich lang sind“, sagt Hutter. Versäumnisse heute rächen sich nicht nach wenigen Tagen, sondern vielleicht erst nach Jahren. Ist die Beziehung erst einmal eingeschlafen und die Gesprächsebene dünn geworden, kann schnell die Toleranz dem Partner gegenüber aufgebraucht sein. „Die Gefahr ist groß, dass es zu spät ist, wenn man es merkt“, sagt Hutter.
Die Fastenzeit kann eine gute Gelegenheit sein, die eigene Partnerschaft anzuschauen: Kümmere ich mich genug um meinen Partner? Nehmen wir uns Zeit füreinander? Oder leben wir einfach nebeneinander her? Was kann ich meinem Partner Gutes tun? Wie können wir mehr Zeit miteinander verbringen?
Hutter rät, gemeinsame Zeiten zu setzen. Sich immer mal wieder für 10 oder 30 Minuten bewusst zu zweit hinzusetzen und sich auszutauschen, aber auch, gemeinsame Erlebnisse zu schaffen. Das kann auch auf dem heimischen Sofa geschehen: etwa mit einem bewusst ausgewählten Film. Paare sollten Qualitätszeit schaffen – Fachleute sprechen von „quality time“. Gemeint ist, die knappe gemeinsame Zeit bewusst zu nutzen, sich dem anderen dann ganz zuzuwenden und sich nicht ablenken zu lassen. Ähnliche Ratschläge gibt auch Papst Franziskus. In seinem Schreiben „Amoris laetitia“ betätigt er sich ja als Eheberater. Er nennt „die Liebe ein Handwerk“, also eine Aufgabe, an der man arbeiten muss. Etwa indem man lernt, mit den Fehlern des Partners umzugehen. Eheberater Hutter mahnt zur Großzügigkeit im Umgang mit Fehlern, indem man zwar darüber spricht, aber dem anderen keine Vorwürfe macht.
Der gute Wein bleibt für uns selbst
Doch zurück zur Qualitätszeit: Der Papst rät Ehepartnern, das gemeinsame Gespräch einzuüben. Er ermuntert auch dazu, sich Anregungen von außen zu holen – zu lesen, Kontakte zu pflegen, einen „inneren Reichtum“ zu schaffen, um genügend Gesprächsstoff zu haben. Hutters Ratschläge zielen darauf ab, sich selbst, den Partner und die eigene Beziehung wertzuschätzen, sich etwas Gutes zu tun. „Schatz, ich mach mal für uns den Wein auf, den guten, nicht den für die Gäste“, sagt Hutter mit einem Augenzwinkern.
Zur Qualitätszeit kommt aber noch etwas dazu: Körperlichkeit. Berührungen, Zärtlichkeiten. „Sex spielt natürlich eine Rolle“, sagt Hutter. Schon bei der Geburt wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet, das die Bindung zwischen Mutter und Kind verstärkt. Ähnlich funktioniert es beim Sex, bei dem ebenfalls Oxytocin ausgeschüttet wird. Gemeinsam ausgelebte Lust stärkt also die Bindung eines Paares. Aber auch Umarmungen, Streicheleinheiten und Händchenhalten fördern das Bindungshormon zutage. Ein bisschen Romantik tut also jeder Beziehung gut.
Ulrich Waschki