Rut kann Konditorin werden

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Zu Weihnachten wird für das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat gesammelt. Wo landet das Geld? Zum Beispiel bei Schwester Sonia Herrera Cabeza in Peru. Sie hat in einer entlegenen Stadt eine Berufsschule gegründet. 

Schwester Sonia kauft mit Jugendlichen auf dem Markt von Jaén ein.
Ökonomie im Alltag: Schwester Sonia kauft mit Jugendlichen auf dem Markt von Jaén ein. Foto: Martin Steffen/Adveniat

Einen Beruf ausüben. Geld verdienen. Den Beruf erst einmal lernen, in Schule und Berufsschule. Für uns ist das selbstverständlich. Für Menschen in den peruanischen Anden ist eine Berufsausbildung ein Traum. Sie leben ihn ähnlichen Verhältnissen wie Rut Nery Vásquez Segovia. Die junge Mutter einer Tochter lebt mit acht Personen im Haus der Eltern ihres Partners Almanzor. Die Außenwände des Hauses sind aus Lehm, das Dach ist aus Wellblech, die Zimmer werden durch Spanplatten abgetrennt. Almanzor verdient als Motorradtaxifahrer pro Tag etwa acht Euro. An eine eigene Wohnung war lange nicht zu denken. Aber heute ist das anders. Rut hatte Glück. Sie lernte in ihrer Kirche die Ordensschwester Sonia Herrera Cabezas kennen. Schwester Sonia gehört dem Orden der „Misioneras Cruzadas de la Iglesia“ an. Sie macht in der Gemeinde Jugendarbeit, kümmert sich um viele Menschen. Vor allem aber hat sie ein Ausbildungszentrum, eine Art Berufsschule gegründet, das Centro de Educación Técnico Productiva (Cetpro). In dieser Berufsschule können Erwachsene aus einkommensschwachen Familien eine einjährige, staatlich anerkannte Ausbildung zum Friseur, Zweiradmechaniker oder Konditor machen. Die Schule ist auch für Auszubildende offen, die – wie Rut Segovia – keinen Schulabschluss haben. „Jugendliche haben in Jaén keine Zukunfts­chancen und werden nicht gefördert“, sagt die Ordensfrau. In der 80 000-Einwohner-Stadt gibt es rund 30 kriminelle Jugendbanden; Prostitution, Menschen- und Drogenhandel florieren.

Die 300 Schüler ihrer Schule, berichtet die Schwester, sind allerdings nicht nur Jugendliche. „Wir haben eine Altersspanne von 14 bis 60, davon viele Quereinsteiger, und ein Teil der Schüler sind solche, die aus prekären Verhältnissen kommen oder die sich eine Ausbildung nicht leisten können.“ 

Fachkräfte gesucht. Wer kann in Peru helfen? 

Wie es in ihrer Heimat aussieht und was sie tut, hat Schwester Sonia jetzt in mehreren Schulklassen in Hamburg erzählt. Sie hat in mehreren deutschen Städten dabei für die weihnachtliche Adveniat-Aktion geworben. Denn Adveniat unterstützt ihre kleine Berufsschule in Peru. 

In Deutschland ist die Berufsausbildung natürlich ganz anders organisiert. Aber bei ihren Besuchen in deutschen Berufsschulen und Altenpflegeschulen hat Schwester Sonia Anregungen bekommen. „Die Art der Ausbildung in Deutschland, wo Berufsschule und Ausbildung in Betrieben eine Einheit bildet, hat mich sehr interessiert. Da habe ich einige Tipps mitgenommen.“ Unter anderem eine Idee, für die sie Partner in Deutschland gewinnen möchte. „Ich stelle mir einen Austausch vor. Deutsche, zum Beispiel Rentner, könnten für eine Zeit lang bei uns unterrichten. Zum Beispiel im Bereich Textil, Konditorei, Ökologie und Landwirtschaft.“ Unterbringung sei kein Prob­lem, und dass eine solcher Einsatz unvergessliche Erlebnisse bringt, ist fast garantiert. 

Unterstützen kann man die Berufsschule Cetpro aber auch auf andere Weise. Durch eine Spende in der Adveniat-Weihnachtsaktion. „Als ich die Schule
2015 übernomen habe“, berichtet Schwester Sonia, „war sie komplett heruntergewirtschaftet.
Dank Adveniat haben wir die Schulräume, die Werkstatt und den Frisörsalon so einrichten können, wie sie heute sind. Ohne diese Starthilfe von Adveniat hätten wir das nicht geschafft.“ 

Auch in den Kirchen des Erzbistums Hamburg gehen die Kollekten der Weihnachtsgottesdienste an das katholische Latein­amerika-Hilfswerk.

Text: Andreas Hüser

Kontakt: www.adveniat.de