Anstoß 14/21

Sanfte Geistkraft

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Da saß noch spät ein Mann in der Kirche, der mich beim Hinausgehen ansprach. „Hallo Lissy.“ Mit Mütze und Maske erkennste ja nicht gleich jeden. Es war Basir. Er sprach akzentfreies Deutsch.


Der Ende 20-Jährige war als Jugendlicher aus Afghanistan geflohen. Vor fünf Jahren hatten wir ihn ins Kirchenasyl aufgenommen. Heute Abend sei er einfach ziellos durch die Straßen gelaufen. Es ginge ihm nicht besonders. Plötzlich hätte er bemerkt, dass ihm die Gegend vertraut war. „Hier bin ich zuhause“, empfand Basir dann, als er die Christophorus Kirche betrat. Jetzt standen wir uns im Halbdunkeln gegenüber, am Ende eines langen Tages. Dann fragte er unvermittelt: „Kannst du mir von Gott erzählen?“
Himmel, die Premiumfrage! Und natürlich war wieder mal keine Zeit, denn die Gemeinschaft wartete… „Für diese Frage leben wir doch…!“ dachte ich. „Und wenn sie kommt, ist wieder mal keine Zeit!“
Basir schaute mich fest an. Die großen Augen füllten sich mit Tränen. Da erinnerte ich mich, dass er schon vor fünf Jahren mit einer Schuld zu kämpfen hatte. Ich begann stockend, von Gott als Liebe zu sprechen. Doch er unterbrach mich, zeigte auf sein Herz. „Ich weiss, aber ich fühle es nicht.“ Mein Stoßgebet um die richtigen Worte trug Früchte. „Basir, keines meiner Worte kann dein Herz öffnen. Nur Gottes Geist kann das. Nur Gottes Geist kann neue Gedanken schenken, eine neue Füllung ins Herz. Wenn du möchtest, können wir gemeinsam darum beten.“ Er nickte. Ich betete und schon nach wenigen Sekunden hatte ich den Eindruck, wie sich die Stimmung drehte. So war es auch. Basir seufzte plötzlich auf. „Vielleicht magst du auf dem Heimweg Gott um ein persönliches Geschenk bitten,“ kam es mir in den Sinn. Seine Augen lächelten. „Muss ich dann nicht tun, was Gott will? Muss ich nicht gehorchen?“ Nun passte mein anfänglicher Versuch, die Liebe ins Spiel zu bringen. „Wie, wenn nicht in aller Freiheit, ist es überhaupt möglich zu lieben?“ Basir atmete auf. Er ging getröstet und wollte auf dem Rückweg noch etwas darüber nachdenken.
Mein Herz aber war neu gefüllt. Es hatte diesen Hauch des Heiligen Geistes gespürt, der eine Drehung schafft, eine neue Sicht ermöglicht. „Empfangt den Heiligen Geist“, so hatte Jesus die ersten Jünger nach der Auferstehung besucht und angehaucht. „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Für mich war es Heilige Geistkraft, die Basir heute sanft berührte. Wie dankbar bin ich diesem Geschenk: warmer Lebensstrom, der alte Schuld herausspült, negative Gedanken befreit und im tiefen Aufseufzen von Last erlöst. Frei aufatmen! An jenem Abend gingen wir beide erfüllt, neu gestärkt und neu verbunden auseinander.

Lissy Eichert, Berlin