Scharfe Kritik an Abschiebehaftanstalt
In einer früheren Kaserne in Glückstadt sollen bis zu 60 ausreisepflichtige Flüchtlinge untergebracht werden. Flüchtlingsorganisationen und Kirchen bezweifeln die Verhältnismäßigkeit der Abschiebehaft.
Die gemeinsame Abschiebehaftanstalt von Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern in Glückstadt an der Elbe ist am vergangenen Montag in Betrieb gegangen. Zunächst werden in der ehemaligen Marinekaserne zwölf Haftplätze zur Verfügung stehen, später sollen es bis zu 60 sein. Es sollen dort Flüchtlinge untergebracht werden, die sich einer Ausreisepflicht beständig widersetzt haben.
Von vielen Seiten wurde in den vergangenen Tagen Kritik laut. „Es gehört einiges an politischer Fragwürdigkeit dazu, 60 Abschiebungshäftlinge hinter einer Mauer einzupferchen, die an Höhe und Betoniertheit alles übertrifft, was je durch Berlin oder zwischen Süd- und Nordamerika durch die Wüste gezogen worden ist“, sagte Martin Link vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein.
Beate Bäumer vom Katholischen Büro in Kiel äußerte sich ebenfalls kritisch: „Das selbst gewählte Motto der Landesregierungen ‚Wohnen minus Freiheit‘ kann nicht übertünchen, dass ein Freiheitsentzug, der weder der Strafverfolgung noch der Strafvollstreckung dient, hoch problematisch ist. Die Abschiebehaft mit all ihren extremen Belastungen macht eine Rückkehr in Würde für diese Menschen unmöglich“, sagte Bäumer gegenüber der Neuen KirchenZeitung.
Die evangelische Nordkirche lehnt die Abschiebehaft klar ab: „Es ist unverhältnismäßig und verfassungsrechtlich bedenklich, Menschen einzusperren, die keine Straftat begangen haben“, sagte die Flüchtlingspastorin der Nordkirche, Dietlind Jochims. Viel zu oft werde Abschiebehaft rechtswidrig vollzogen. Zudem sei sie teuer und wenig effizient.
Peter Fahlbusch, Anwalt der Organisation Pro Asyl, sagte, rund die Hälfte aller Menschen sitze zu Unrecht in Abschiebehaft. Dennoch sei die neue Haftanstalt „um Lichtjahre besser als das, was wir aus Bayern kennen.“
Die Räumlichkeiten waren am 5. August vorgestellt worden. Es soll Wohngruppen mit Gemeinschafsräumen wie Küche, Wohnzimmer und Gebetsraum geben. Die Einzelzimmer sind mit dem Nötigsten ausgestattet. Für als gefährlich eingestufte Flüchtlinge gibt es einen geschlossenen Sicherheitsvollzug. Das 21 000 Quadratmeter große Gelände ist mit einer hohen Mauer und Stacheldrahtzaun gesichert.
Text: Marco Heinen/epd/kna