Einfach mal Ballast abwerfen – auch seelischen

Schöne Abfuhr für seelischen Müll

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Zum Gottesdienst trafen sich katholische und evangelische Christen auf dem Recyclinghof Norderstedt.

Pastorin Antje Mell am Altar bei einem ökumenischen Gottesdienst auf dem Recyclinghof in Norderstedt
 Ein ungewöhnlicher Ort: Pastorin Antje Mell am Altar in der Ecke mit dem Altpapier. | Foto: Klaus Böllert

Um seelischen Ballast abzuwerfen, könnte man sich ja auch mal auf einem Recyclinghof treffen, dachten sich Pastoralreferent Sebastian Fiebig und die beiden Gottesdienstbeauftragten Ulrike Hagemann und Thea Hufschmidt von der Pfarrei St. Katharina von Siena sowie Pastorin Antje Mell von der evangelischen Kirchengemeinde Harks­heide. Und statt den Keller auszuräumen, luden sie ein, die Seele zu befreien und stellten einen Altar direkt in die Box für das Altpapier auf dem Recyclinghof in Norderstedt. Ein paar Bierbänke, ein Kreuz, Blumen und ein Keyboard, mehr brauchte es nicht. Auch zwischen Baggern und Metallschrott kann man Gottesdienst feiern, so die Botschaft. Birgit Marquardt, Mitarbeiterin im Recyclinghof, hielt das zunächst für eine komische Idee, versuchte aber, sich hineinzudenken. „Wir sehen das ja hier jeden Tag, dass die Leute sich freuen, wenn sie ihren Müll wegkriegen. Es befreit so wahnsinnig, aber einige haben Angst, wegzuwerfen.“

Doch Loslassen, das passe sehr gut, gerade in der Fastenzeit, wenn es darum gehe, frei zu werden und Platz für sich selbst, für andere und für Gott zu schaffen, findet Pastoralreferent Sebastian Fiebig: „Was trage ich alles mit mir herum an seelischem Sperrmüll, an Dingen, die mich belasten, mich beugen und lähmen? Und deshalb fanden wir den Ort hier, wo man seinen physischen Schutt abwirft, seinen Bauschutt, seinen Sondermüll abgibt, ganz passend als Assoziation“, so der Pastoralreferent. „Und wir machen das ökumenisch, das finde ich auch ganz schön“, ergänzt die Harksheider Pastorin Antje Mell. Sie stellte den Song „Leichtes Gepäck“ von Silbermond in den Mittelpunkt ihrer kurzen Predigt. Darin heißt es:

„Eines Tages fällt dir auf,

dass du 99 Prozent nicht brauchst.

Du nimmst all den Ballast

und schmeißt ihn weg,

denn es reist sich besser,

mit leichtem Gepäck.“

50 Christen kamen zu diesem ungewöhnlichen nur 30 Minuten dauernden Gottesdienst im Recyclinghof. Drei Mitarbeiter im orangen Dress waren auch dabei. 

Die Reaktionen waren sehr positiv. So gut, dass jetzt sogar eine lockere Reihe mit Gottesdiensten an ungewöhnlichen Orten ge­plant werden soll. Eine konkrete Idee gibt es schon: Der Dank für das tägliche Brot – mit einem
Gottesdienst in einer Bäckerei.

Text u. Foto: Klaus Böllert