Diözesanversammlung Mainz
Schritte zur Kulturveränderung
Foto: Bistum Mainz / Tobias Blum
Mit einer schlechten Nachricht beginnt die Diözesanversammlung vergangene Woche in Mainz. Es sind nicht genügend Mitglieder da – 51 statt die erforderlichen 57, um beschlussfähig zu sein. Im Zentrum der Beratung steht ein Rahmen-Leitbild für katholische Einrichtungen im Bistum Mainz. Der Text soll von der Diözesanversammlung abschließend bearbeitet werden.
Aufgrund der Beschlussunfähigkeit ist die Stimmung angespannt. „Wie ernst nehmen wir uns als Gremium?“, fragt Dr. Wolfgang Modery, stellvertretender Vorsitzender des Katholikenrats, ins Plenum. „Das ist sehr frustrierend.“ Auch die Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung, Dr. Susanne Barner, spricht von einem „Symptom“. Gerade in Zeiten von mehr Synodalität zeigten sich Ermüdungserscheinungen, so der Tenor. Zwar sind am zweiten Beratungstag genügend Mitglieder anwesend, um den Tagesordnungspunkt „Rahmen-Leitbild“ nachzuholen. Aber durch die Verschiebung gerät der Zeitplan unter Druck.
Mehrere Stunden stimmen die Mitglieder der Diözesanversammlung über Formulierungen des Rahmen-Leitbilds ab. Es soll folgende Fragen beantworten: Wer sind wir? Was ist unser Auftrag? Was sind unsere übergeordneten Ziele? Was sind unsere grundlegenden Werte? Alle Pfarreien, kirchlichen Einrichtungen, Vereine und Verbände im Bistum sind aufgerufen, anknüpfend an dieses Rahmen-Leitbild eigene Leitbilder zu entwickeln.
Neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes
Erarbeitet hat den textlichen Grundstock des Rahmen-Leitbilds eine Arbeitsgruppe aus der Leitungskonferenz. Hintergrund ist die neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Bistum Mainz von November 2022.
Dr. Wolfgang Fritzen, Bischöflicher Beauftragter für die leitenden Pfarrer und Mitglied der „AG Leitbild“ erläutert, warum es das Leitbild braucht: „In unserer Gesellschaft ist es immer weniger selbstverständlich, warum es überhaupt katholische Einrichtungen gibt.“ Die neue Grundordnung für Mitarbeitende richtet sich nicht mehr so sehr am Einzelnen aus, sondern eher an der Einrichtung selbst. Für eine Tätigkeit in einer kirchlichen Einrichtung ist es nicht mehr so wichtig, katholisch zu sein, auch der Lebenswandel, vor allem die Sexualmoral betreffend, spielt nicht mehr die Rolle wie zuvor, fasst Wolfgang Fritzen die Neuerungen zusammen. Weihbischof Udo Markus Bentz weist darauf hin, dass das Leitbild sowohl mit Blick auf Haupt- als auch auf Ehrenamtliche zu betrachten ist.
Bei der Textarbeit des Plenums scheint es beim Ringen um Worte wie „respektvoll“, „angemessen“ und „rücksichtsvoll“ auf den ersten Blick um sprachliche Geschmacksfragen zu gehen. Es wird aber auch deutlich, dass die Diskussion verschiedene Perspektiven miteinander konfrontiert und auch Grundsätzliches berührt. Kontrovers wird zum Beispiel darüber diskutiert, ob die Taufe erwähnt werden soll, das Plenum entscheidet sich dagegen. Weihbischof Udo Markus Bentz bringt den Anspruch des Textes mit einem Beispiel auf den Punkt: Wie soll das Leitbild für eine katholische Einrichtung formuliert sein, damit zum Beispiel eine Muslima weiß, in welcher Einrichtung sie arbeitet, mit welchen Zielen und Werten? Und damit sie sich, wenn auch anderen Glaubens, mit ihrer Arbeit identifizieren kann? Der Text wird schließlich von der Diözesanversammlung abgesegnet, final beschlossen wird er in der Leitungskonferenz.
Die neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes und damit auch das Leitbild sind bereits Konsequenzen aus den Beschlüssen des Synodalen Wegs. „Es passiert viel“, sagt Bischof Peter Kohlgraf zur Weiterarbeit am Synodalen Weg. Den Mitgliedern der Diözesanversammlung gibt er einen Überblick über die Handlungsaufträge aus der Synodalversammlung an Bischöfe und Bistümer. Für das Bistum Mainz sieht Kohlgraf vor allem die Weiterarbeit am Thema Synodalität als nächste Aufgabe.
„Wir reden über manche Themen völlig anders“
Auf die Frage aus dem Plenum, wie mit dem „Moment der Ungeduld“ umgegangen wird, da die Kirche in vielen Fragen „seit Jahrzehnten unterwegs ist“, antwortet Kohlgraf: „Wir sind gut beraten, die Ungeduld ein Stück weit zu ertragen.“ Es habe Schritte zu einer Kulturveränderung gegeben. „Wir reden über manche Themen völlig anders als vor zehn Jahren“, sagt der Bischof und versichert: „Kirche bewegt sich langsam. Aber es gibt Bewegung.“