Skulpturenweg in Salzgitter
Schwerter zu Pflugscharen
Eng mit dem Skulpturenweg Salzgitter verbunden ist der Name Gerd Winner. Im vergangenen Herbst hat der Künstler ihn mit der zehnten Skulptur komplettiert. Pate dafür war der bekannte Slogan der Friedensbewegung in der DDR, der auch in Westdeutschland aufgegriffen wurde, seinen Ursprung aber in der Bibel hat.
Der Liebenburger Künstler Gerd Winner hat sich vom Bild „Schwerter zu Pflugscharen“ beeinflussen lassen: „Mich hat das Bild von der zerstörerischen und Tod bringenden Waffe hin zu einem Friedenswerkzeug seit den Anfängen der Friedensbewegung in der DDR beeindruckt und über all die Jahre nicht wieder losgelassen“, sagt er.
Seit Ende der 1970er-Jahre hatte sich in einigen Ländern des Ostblocks eine unabhängige Friedensbewegung gebildet. So wie die Friedensaktivisten in Westdeutschland demonstrierten sie gegen die Aufrüstung und die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen die russische SS20 oder die amerikanischen Pershing II oder Cruise Missiles.
Vor allem innerhalb der evangelischen Kirche bildeten sich Gruppen, die auch überregional Aktionen organisierten. Eine besondere Rolle spielten dabei die Friedensdekaden, die ab 1980 jährlich abgehalten wurden. Im gleichen Jahr entwickelte Harald Bretschneider, der sächsische Jugendpfarrer, das Symbol der neuen Bewegung und griff dafür auf das Denkmal des sowjetischen Künstlers Jewgenij Wutschetitsch zurück. Dieses Denkmal, die Darstellung eines Mannes, der ein Schwert zu einem Pflug umschmiedet, hatte die Sowjetunion bereits 1957 der UNO geschenkt und steht bis heute vor ihrem Hauptsitz in New York. Dieses Standbild war Vorlage für ein Lesezeichen und einen Aufnäher, der schließlich das Logo der Friedensbwegung wurde. Allerdings prangte hier auch der Verweis auf die Bibelstelle „Micha 4“, wo es heißt: „Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen.“
Wie Winner meint, hat kaum ein anderes Symbol die Friedensbewegung geprägt wie dieses. Und so ist die letzte Skulptur „Schwerter zu Pflugscharen“ auf dem Skulpturenweg Salzgitter so zu sagen seine Hommage an die Friedensbewegung der 80er-Jahre. „Wobei die Botschaft gar nicht aktueller sein könnte, wo gerade Rüstungsabkommen aufgekündigt werden, es wieder Forderungen zum Aufrüsten gibt und es in vielen Ecken der Welt kriselt“, betont Winner, der den Skulpturenweg in Salzgitter kuratiert hat. Dabei ist dieser Weg nur ein kleiner Teil eines europäischen Friedensprojektes.
Die Ursprüngliche Idee dazu geht auf Otto Freundlich, einem deutschen Juden, und seine Lebensgefährtin Jean Kosnick-Kloss zurück. 1942 haben sie in Paris eine völkerverbindende – damals utopische – Skulpturenstaße entworfen. Freundlich starb auf dem Weg von Frankreich ins KZ Majdanek. Doch die Idee griff der deutsche Bildhauer Leo Kornbrust auf, machte daraus sein Lebensprojekt, ein Friedensweg mit Skulpturen durch Europa an dem viele Künstler unterschiedlicher Nationen beteiligt sind. Heute stehen rund 500 Kunstwerke zwischen der Normandie und Moskau.
„Angeregt vom damaligen Vorsitzenden des Verkehrsvereins Salzgitter, Rolf Schima, ein künstlerisches Projekt mit einem bleibenden Akzent in der Region zu entwerfen, habe ich zusammen mit Kornbrust in seinem Atelier das Teilstück dieses Friedensprojekts der Kunst in Salzgitter entwickelt“, erzählt Winner.
Und so bilden nun inzwischen zehn massive, stählerner Kunstwerke, von internationalen Künstlern geschaffen, in Salzgitter-Bad einen bleibenden Friedensappell.
„Mit dem Pflug habe ich im November letzten Jahres diesen Skulpturenweg vollendet“, erklärt Gerd Winner und wirft einen kritischen Blick auf die Stahlkonstruktion. „Sie ist einem Pflug nachempfunden, 8,40 Meter hoch, aus 24 Tonnen Salzgitterstahl, angefertigt in der Werkstatt der DEUMA, der Deutschen Metallunion, der ich dafür sehr dankbar bin.“
Ausgerichtet ist das Kunstwerk dabei in Richtung Osten. „Ex oriente lux – die Spitze des Pfluges weist in Richtung auf die aufgehende Sonne, auf Christus, so wie auch die Kirchen mit ihrer Apsis nach Osten ausgerichtet sind. Und wenn man von der Spitze nach oben schaut, bilden die Stahlplatten dort ein Kreuz.“ Winner zeigt hoch und erklärt, dass aus dem Griff des Schwertes das Symbol der Erlösung geworden ist. „Diese Skulptur ist mein Appell an den Frieden, sowie er ja auch das Hauptanliegen der Straße des Friedens ist“, unterstreicht Winner.
Edmund Deppe