Vor 100 Jahren in Meppen gegründet
Schwestern feiern Jubiläum
Die Missionsschwestern vom heiligen Namen Mariens (Kloster Nette) sind in Brasilien, Paraguay, Schweden und in Deutschland tätig. Und haben die Erfahrung gemacht, dass Mission keine Einbahnstraße ist.
Als sie damals in die Mission ging, 1977, hatte sie idealistische Vorstellungen von ihrer Arbeit in Brasilien. „Ich dachte, ich bringe den Leuten etwas“, erinnert sich Schwester Agnes. Doch dann habe sie gemerkt, dass Mission ein Geben und Nehmen ist: „Ich empfange ja auch.“ Und sie musste feststellen, dass man sich auf die Gegebenheiten vor Ort einlassen sollte. Mit einem europäisch geprägten Blick auf Länder jenseits der nördlichen Hemisphäre komme man auf Dauer nicht voran. Das weiß Schwester Agnes heute, doch damals, als die heutigen Weltläden noch Dritte-Welt-Laden hießen, dachten viele junge Menschen so wie sie.
Schwester Agnes war 33 Jahre alt und ausgebildete Krankenschwester, ihr Einsatzgebiet in Brasilien lag 35 Jahre lang in Mato Grosso. Sie arbeitete mit anderen Schwestern im Urwald, zu einer Zeit, als die brasilianische Militärregierung viele Menschen aus dem Süden des Landes umsiedelte ins Amazonasgebiet. Der Regenwald sollte urbar gemacht werden, um die Flächen landwirtschaftlich zu nutzen. Zuvor Landlose erhielten hier eine Parzelle, die sie selbst roden mussten. Das Ziel, gewinnbringend Kaffee anzubauen, erwies sich jedoch als nicht umsetzbar. Nach einigen Jahren stellte sich heraus, dass die Kaffeepflanzen in diesem tropischen Klima nicht gedeihen konnten. Die Kleinbauern mussten umstellen, bauten Reis, Maniok und Bohnen an. „Und heute natürlich viel Soja“, erzählt Schwester Agnes.
Eine Mitschwester richtete ein kleines Urwaldhospital ein, Schwester Agnes unterstütze sie, „und man konnte den Leuten helfen, gesundheitlich und mit religiösem Halt“. Es ging um Glaubensweitergabe, aber oft auch um handfeste Hilfe. „Man kann nicht über Gott reden, wenn die Menschen Hunger haben oder ihnen die Würde genommen wird“, sagt Schwester Agnes. Dort in Brasilien, wo es tatsächlich Zeiten des Hungers gab, habe sie das Evangelium von der Brotvermehrung noch einmal ganz anders entdeckt. Jesus forderte die Menge auf, den Proviant zusammenzulegen. Die Lehre daraus sei: „Wenn wir teilen, dann reicht es für alle.“
Sozialarbeiterin im Gesundheitswesen
Schwester Agnes, die in Brasilien auch die portugiesische Sprache erlernte, studierte dort Sozialarbeit und war dann als Sozialarbeiterin im Gesundheitswese tätig. Das war ihr Broterwerbsjob. Gleichzeitig war sie als Ordensfrau Ansprechpartnerin für viele Fragen des Glaubens. Schwester Agnes besitzt die brasilianische Staatsbürgerschaft.
Seit vier Jahren ist sie wieder in Deutschland, um als Verbindungsfrau des Ordens von Kloster Nette aus den Kontakt zu den Konventen in Brasilien und Paraguay zu pflegen. Manchmal hat sie Heimweh nach ihren Freunden in Brasilien, die ein herzliches Miteinander pflegen. Wenn die Generaloberin, Schwester Andrea Walterbach, zur Visitation nach Brasilien aufbricht, reist Schwester Agnes als Dolmetscherin mit.
Dass es wichtig ist, die Sprache in einem fremden Land gut zu sprechen, hat auch Schwester Elisabeth in Schweden erfahren. 1987 wurde sie vom Orden nach Stockholm entsandt, wo sie als Gemeindereferentin tätig war. Zu ihren Aufgaben gehörte die Sakramentenvorbereitung und Glaubenskatechse, aber auch die Jugendarbeit, zumindest, als sie selbst noch jünger war. Später betreute sie viele der afrikanischen Flüchtlinge aus Eritrea, die Anfang der 1990er Jahre aufgrund des Bürgerkriegs mit Äthiopien nach Schweden kamen.
Schweden ist ein evangelisch-lutherisch geprägter Staat mit einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft; die katholische Kirche in Schweden ist mehrheitlich eine Kirche der Zuwanderer, denen der Besuch des Gottesdienstes ein Herzensanliegen ist. Der Glaube ist für viele von ihnen auch ein Sück Heimat. „In Deutschland vermisse ich, dass Gemeinden multikulti sind“, sagt Schwester Elisabeth, denn die verschiedenen Menschen mit ihren unterschiedlichen Glaubenswegen seien für eine Gemeinde sehr bereichernd.
Schwester Elisabeth lebt seit 2006 wieder in Deutschland, als Mitglied des Generalrats des Ordens wohnt sie im Mutterhaus. Wenn die Leiterin des Bezirks Deutschland/Schweden, Schwester Benedicta, eine Visitationsreise nach Skandinavien macht, kann Schwester Elisabeth für sie übersetzen. Allerdings wurde der kleine Konvent in Stockholm inzwischen geschlossen, es gibt die Netter Schwestern jetzt noch in Uppsala.
Bezirksoberin Schwester Benedicta war lange Zeit in Meppen tätig, hat dann ein Seniorenpflegeheim in Twist geleitet und wohnt jetzt wieder in Meppen. Sie ist gelernte Krankenschwester. Jede der Ordensfrauen hat einen Beruf, das ist bei den Netter Schwestern üblich und Bedingung für den Ordenseintritt. „Wir sind eine tätige Gemeinschaft“, sagt sie. Gleichwohl beginnen die Schwestern im Kloster Nette den Tag gemeinsam, feiern die Eucharistie und halten die Gebetszeiten ein. Mit verschiedenen Veranstaltungen haben sie seit vergangenem Frühjahr das 100-jährige Bestehen ihrer Ordensgemeinschaft gefeiert; der Gründungsmonat war März 1920.
Andrea Kolhoff
Ordensgründung im Jahr 1920
Am 23. März 1920 unterzeichnet der damalige Osnabrücker Bischof Wilhelm Berning das Gründungsdekret der „Gesellschaft der Missionsschwestern vom heiligsten Namen Maria“. Sechs Schwestern bilden die Keimzelle des Ordens und beziehen ein Haus in Meppen. Anfang 1922 werden einige der Schwestern in die Mission nach Müritz in Mecklenburg entsandt. 1932 ist der Orden auf 115 Schwestern und 15 Filialen angewachsen. Während der Zeit des Nationalsozialismus wird das Mutterhaus in Meppen 1941 geschlossen, die Schwestern finden eine neue Heimat auf Gut Nette in Osnabrück. 1951 beginnt die Missionstätigkeit in Schweden, 1956 in Brasilien, seit 1998 sind Netter Schwestern auch in Paraguay tätig. (kol)